Internationale Pressestimmen zur Präsidentenwahl in der Ukraine

Wien (APA/dpa/AFP) - Zum Sieg des Komikers Wladimir Selenskyj im ersten Wahlgang der Präsidentenwahl in der Ukraine schreiben internationale...

Wien (APA/dpa/AFP) - Zum Sieg des Komikers Wladimir Selenskyj im ersten Wahlgang der Präsidentenwahl in der Ukraine schreiben internationale Tageszeitungen am Montag:

„Kommersant“ (Moskau):

„Am lautesten von allen wird am 1. April, der auch in der Ukraine ein Tag des Lachens ist, der Showman Wolodymyr Selenskyj losprusten. Der Komiker kommt in die Stichwahl - neben dem amtierenden Präsidenten Petro Poroschenko, der auf dem zweiten Platz landete. Der Amtsinhaber war bei seiner Abstimmung im Haus der Offiziere am Sonntag nicht zum Scherzen aufgelegt. Wer von den Beiden am Ende das Rennen macht, hängt nun davon ab, wen die übrigen Kandidaten unterstützen werden. Vor allem aber ist die Konfrontation nach diesen Wahlen nicht beendet. Im Herbst kommen die Parlamentswahlen, die nach Meinung vieler in Kiew noch wichtiger sind als die Abstimmung über den Präsidenten.“

„Frankfurter Rundschau“:

„Die ukrainischen Wähler waren am Sonntag nicht zu beneiden. Sie hatten zum Beispiel die Wahl zwischen dem amtierenden Präsidenten Petro Poroschenko und Julia Timoschenko, einer Ölprinzessin, die seit Jahrzehnten davon träumt, alle ehemaligen Oligarchenkollegen unter ihre Fuchtel zu bekommen. Und da war dann noch TV-Komiker Wolodymyr Selenskyj, der gute Witze über seine Konkurrenten, aber kein Programm zu bieten hatte. Insgesamt 39 Kandidaten, die meisten fragwürdig. Was der Ukraine bevorsteht, ist nach diesem Wahlgang ungewiss. Selenskyj Kampagne gilt als Projekt des exilierten Oligarchen Igor Kolomojskyi, der mit seinem Kollegen Poroschenko verfeindet ist. Wenn er Präsident wird, könnte das einen neuen Verteilungskampf auslösen, wobei diesmal Poroschenko das Exil drohen könnte. Eher beunruhigende Aussichten.“

„Tagesspiegel“ (Berlin)::

„Von Berlin oder Brüssel aus gesehen, liegt Moskau näher als Kiew. Die Ukraine ist ‚das Land dazwischen‘. Längst vergessen ist, warum die jungen Ukrainer im Winter 2013/14 den Aufstand probten. Sie wollten nach einem Vierteljahrhundert der Unabhängigkeit und zwei gescheiterten Aufständen für die Demokratie - der Granit-Revolution von 1990 und der Orange Revolution 2004 - endlich ein Ende der autoritären Herrschaft verschiedener Gruppen von Oligarchen, die einander an der Macht ablösten. Das ist bis jetzt nicht gelungen. Wenn nicht auch der dritte ukrainische Aufstand scheitern soll, braucht das Land nicht nur innere Stärke, sondern auch echte Hilfe.“

„Charente Libre“ (Angoulême):

„Die Ukraine erwacht heute mit der größten Überraschung seit dem Maidan-Aufstand vor fünf Jahren: Die Verwandlung des klaren Führenden im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl, des Komikers Wolodymyr Selenskyj, der dabei ist, aus der Fiktion seiner Fernsehserie ‚Diener des Volkes‘ Realität zu machen. Er spielt darin einen Geschichtslehrer, der plötzlich ukrainischer Präsident wird aufgrund seiner Empörung über diese ‚Dreckskerle, die an die Macht kommen und stehlen, stehlen, stehlen‘, ohne dass jemand etwas dagegen tut.“

(Alternative Schreibweise: Wladimir Selenski)