Internationale Pressestimmen zur Präsidentenwahl in der Ukraine
Wien/Kiew (APA/AFP/dpa) - Zur ersten Runde der Präsidentenwahl in der Ukraine und der kommenden Stichwahl zwischen dem Komiker Wolodymyr Sel...
Wien/Kiew (APA/AFP/dpa) - Zur ersten Runde der Präsidentenwahl in der Ukraine und der kommenden Stichwahl zwischen dem Komiker Wolodymyr Selenskyj und Amtsinhaber Petro Poroschenko schreiben internationale Tageszeitungen am Dienstag:
„KP in der Ukraine“ (Kiew):
„Für die Ukraine sind Wahlen ohne ernsthafte Verstöße und Konflikte uncharakteristisch. Dieses Mal ging alles erstaunlich friedlich über die Bühne (...) Doch das bedeutet überhaupt nicht, dass es bei den ukrainischen Politikern einen plötzlichen Anfall von Ehrlichkeit gab. Die äußeren Faktoren ließen einfach nichts anderes zu. Einerseits haben die USA der ukrainischen Regierung signalisiert, dass sie die Wahlen bei irgendwelchen Fälschungen nicht anerkennen werden. Andererseits war das andere Einflusszentrum der ukrainischen Politik - also Russland - nicht an einer weiteren Destabilisierung der Lage im Lande interessiert.“
„Duma“ (Sofia):
„Die Ukraine will einen Wandel. Dies ist die große Nachricht von der ersten Runde der Präsidentenwahl in dem Land. Die Ukrainer gaben ihr Vertrauen dem Neuling in der Politik - dem Komiker Wolodymyr Selenskyj. Scherz beiseite, aber Selenskyj blies beim ersten Wahlgang den amtierenden Präsidenten (Petro) Poroschenko fort (...). Jetzt aber steht das noch Schwierige bevor: die Schlacht um die Stichwahl. Poroschenko glaubt, dass er den Komiker besiegen wird. Seine politische Erfahrung ist nicht zu unterschätzen. Wir sollten auch nicht vergessen, dass seine Partei im ganzen Land vitale Strukturen aufgebaut hat.
Selenskyj glaubt aber, dass die Ukrainer auch in der zweiten Wahlrunde ihm ihr Vertrauen geben werden. (...) Selenskyj ist tatsächlich ein Neuling in der Politik. Keiner ist sich im Klaren, was er in dem Präsidentenamt vollbringen wird, wohin er die Ukraine steuern wird. Die Lage in dem Land ist aber so traurig, dass die Ukrainer bereit sind, ihr Schicksal dem Unbekannten anzuvertrauen, nur um denen den Rücken zu kehren, die ihre letzten Kräfte abgezockt haben. Selenskyj verspricht ihnen ein ‚Leben ohne Korruption‘ und die Ukrainer glauben, dass dies zu erreichen ist.“
„Neatkariga Rita Avize“ (Riga):
„Poroschenko hat während seiner Amtszeit viel von seinem früheren Vertrauensvorschuss verbraucht, und die realistischsten Hoffnungen auf das Amt des Staatsoberhaupts kann sich Selenskyj machen. Nach dem zweiten Wahlgang am 21. April wird sich der Rest der Welt wundern und fragen ‚Wer sind Sie, Herr Selenskyj?‘. Aber auch die Ukrainer selbst werden in Verlegenheit geraten, weil etwas passiert, was sie sich vor relativ kurzer Zeit nicht hätten vorstellen können. Und auch Selenskyj hatte zu Beginn seiner Fernsehkarriere wohl weder den Ehrgeiz, in die Politik einzusteigen, noch Staatsoberhaupt zu werden. Und so wird nun versucht, etwas, das allein der Fantasie entsprungen ist und witzig in einem Fernsehstudio eingespielt wurde, in das wirkliche Leben zu übertragen.“
„Süddeutsche Zeitung“ (München):
„Poroschenko dürfte der absurd wirkende Erfolg des komödiantischen Rivalen den Ernst der Lage offenbart haben. Selenskyj wiederum kann mit Süffisanz allein das Land nicht aus der Armut reißen. Immerhin, das unterscheidet die Ukraine sehr von anderen, autoritären Staaten aus der Konkursmasse der Sowjetunion: Es hat sich eine kritische Zivilgesellschaft etabliert. Und wer am 21. April Präsident des Landes wird, ist längst nicht ausgemacht. Poroschenko wie Selenskyj werden hart um die Mehrheit kämpfen müssen.“
(Alternative Schreibweise: Wladimir Selenski)