EU-Kommission stoppt slowakische Sondersteuer für Lebensmittelketten

Bratislava/Wiener Neudorf (APA) - Die EU-Kommission hat eine zu Jahresbeginn in der Slowakei in Kraft getretene Sondersteuer für große Leben...

Bratislava/Wiener Neudorf (APA) - Die EU-Kommission hat eine zu Jahresbeginn in der Slowakei in Kraft getretene Sondersteuer für große Lebensmittelketten vorläufig gestoppt. Die Kommission hege Bedenken, dass bestimmte Befreiungen von der Steuer einzelnen Mitbewerbern einen Vorteil verschaffen und somit gegen das Beihilfenrecht verstoßen, teilte die Kommission am Dienstag mit.

Die EU-Kommission habe eine eingehende Untersuchung der Steuer eingeleitet und die Slowakei heute (Dienstag) per Anordnung angewiesen, die Anwendung der Steuer bis zum Abschluss der Untersuchung auszusetzen. Die erste Zahlung der Steuer wäre Ende April fällig geworden.

Nach dieser Steuerregelung würden Lebensmitteleinzelhändler eine vierteljährliche Steuer in Höhe von 2,5 Prozent ihres Gesamtumsatzes entrichten. Allerdings seien Ausnahmen vorgesehen, sodass letztlich nur sieben Lebensmitteleinzelhändler die Steuer zu entrichten hätten, wobei sechs von ihnen Eigentum von Unternehmen seien, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, schreibt die EU-Kommission. Beim einzigen in slowakischem Besitz befindlichen Einzelhändler, der dieser Steuer unterliegt, wäre ein erheblicher Teil seines Umsatzes steuerbefreit.

Die Sondersteuer war im Vorjahr von der mitregierenden Slowakischen Nationalpartei (SNS) im Parlament eingebracht worden. Lebensmittelketten sollten laut der Regelung in die Staatskasse einzahlen, wenn sie Filialen in mindestens 15 Prozent der Bezirke im Land betreiben. Ausgenommen wurden Klein- und Mittelbetriebe, Händler-Allianzen sowie Filialen in Regionen, die als unterentwickelt eingestuft sind. Die eingenommenen Gelder sollten laut Begründung der SNS zur Unterstützung heimischer Lebensmittelproduzenten genutzt werden.

Mit den Mehreinnahmen von geschätzt 87 Millionen Euro wurde allerdings schon im slowakischen Budget-Entwurf 2019 gerechnet, noch bevor die Initiative Anfang Dezember vom Parlament tatsächlich beschlossen wurde. In der Slowakei sorgte die Sondersteuer für ziemliche Aufruhr und heftige Kritik von Wirtschaftsexperten und Parlamentsopposition. Es wurde befürchtet, die zusätzliche Belastung würden Ketten in Form höherer Preise auf ihre Kunden übertragen.

Betroffene Händler sollten die Sonderabgaben nachträglich für das letzte verstrichene Quartal einzahlen. Im April hätte sich dies auf die ersten drei großen Gesellschaften bezogen, darunter die zum Rewe-Konzern gehörende Billa-Kette, sowie Milk Agro und CBA Lucenec. Ab Juli wären die restlichen Lebensmittelketten Lidl, Kaufland, Tesco und Terno betroffen gewesen. Die Kette Terno hatte aber von Anfang an erklärt von der Regelung nicht betroffen zu sein, da sie ihre Filialen als drei separate Marken mit eigenem Marketing betreibe und somit die geforderte Größenordnung nicht erreiche.

Nach dem Stopp durch die EU-Kommission liegt die Sondersteuer auf Eis bis eine tiefergehende Überprüfung abgeschlossen ist. Die Slowakei sei offiziell ersucht worden, die Wirkung des Gesetzes vorläufig einzustellen, bestätigte die slowakische Landwirtschaftsministerin Gabriela Matecna (SNS) gegenüber Medien.

Matecna zeigte sich von der Entscheidung empört und bezeichnete sie als „unerhört“. Sie werde die EU-Kommission umgehend ersuchen aufzuklären, von welchen Beamten diese gefällt worden sei und mit welchen Lobbying-Gruppen sie sich zuvor getroffen hätten. Im Streitfall um Unterschiede in der Lebensmittelqualität zwischen Ost- und Westeuropa brauche Brüssel jahrelang für eine Entscheidung, bei der Sondersteuer stelle sich die Kommission auf die Seite der Großkonzerne und sei fähig, innerhalb weniger Tage zu entscheiden, so Matecna.

Die Slowakische Allianz des modernen Handels (SO), deren Beschwerden zum aktuellen Beschluss der EU-Kommission führten, hat die Entscheidung begrüßt. Die SAMO, der auch Billa angehört, hatte gleich zweimal Beschwerde eingelegt: Letzten Dezember wegen Verletzung des Wettbewerbsrechts und Ende Jänner wegen Verletzung von Regeln des EU-Binnenmarktes.

In Österreich zeigten sich Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), Wirtschaftskammer und Handelsverband erfreut vom Stopp. „Jeder versucht den eigenen Standort zu stärken, aber das muss im Rahmen bestehender europäischer Regelungen und im Sinne eines fairen Wettbewerbs passieren. Eine offensichtliche Benachteiligung von Marktteilnehmern aus dem Ausland entspricht nicht dieser Haltung“, so Schramböck. Österreich hatte sich auf mehreren Ebenen in der Slowakei und bei der EU-Kommission über die Steuer - und die Wettbewerbsnachteile für österreichische Handelsunternehmen - beschwert.

Eine ähnliche Sondersteuer für den Einzelhandel hatte Ungarn 2010 eingeführt. Diese war 2014 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als mittelbare Diskriminierung untersagt worden.

~ WEB http://www.rewe-group.at

http://www.billa.at ~ APA390 2019-04-02/16:28