Arbeitsmarkt

Löhne in Schwellenländern: Tchibo fordert Regulierung für faire Mode

Fair hergestellte Kleidung bleibt eine Illusion, wenn Fabrikarbeiter keine höheren Löhne bekommen, so Tchibo. Doch darum müssten sich nicht nur mehr Unternehmen bemühen, auch Regierungen in Abnehmerländern seien gefordert. Sonst drohe das Vorhaben zu scheitern.

Berlin – Billige Kleidung hat in Wahrheit einen hohen Preis – nur zahlen den nicht die Kunden, sondern meistens die Textilarbeiter. Diese werden oft schlecht bezahlt und unfair behandelt. Der Tchibo-Konzern, einer der führenden Textilhändler in Deutschland, setzt sich zum Schutz der Beschäftigten in den Schwellenländern für mehr staatliche Regulierung ein. „Freiwillige Initiativen reichen nicht“, sagte Nanda Bergstein, Tchibo-Direktorin für Unternehmensverantwortung, im Vorfeld einer Veranstaltung in Berlin. „Wenn wir jetzt gemeinsam keine höheren Löhne durchsetzen, bleibt ‚fair fashion‘ eine Illusion.“

Tchibo verfolge seit 13 Jahren das strategische Ziel, ein zu 100 Prozent nachhaltig arbeitendes Unternehmen zu werden und habe dafür viel investiert und einiges erreicht. „Wir wollen und wir werden weiter investieren, aber wir stehen heute an einer Schwelle, an der wir unsere Investments in Nachhaltigkeit nicht weiter nennenswert steigern können, ohne unsere Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden“, sagte Bergstein. Die Probleme seien so global und komplex, dass sie nur von allen Beteiligten gemeinsam gelöst werden könnten.

Ende der Nachhaltigkeit in der Textilindustrie?

Ein Beispiel sei die Initiative „ACT on Living Wages“, die dringend regulatorische Unterstützung brauche, so Bergstein. ACT sei die einzige Initiative weltweit mit dem Potenzial, das Thema existenzsichernde Löhne in der Textilindustrie langfristig und nachhaltig zu lösen. „Und doch drohen wir daran zu scheitern, dass wir nicht genügend Partner haben“, sagte Bergstein. Als Beispiel nannte sie Kambodscha: Dort verhandeln 21 Textilmarken mit Regierung und Arbeitgebern über Tarifverhandlungen, um die Löhne anzuheben. Die Unternehmen stehen für die Hälfte der kambodschanischen Textilproduktion.

Doch die Regierung sei besorgt, dass die andere Hälfte bei höheren Löhnen aus dem Markt abwandert und so die Wettbewerbsfähigkeit Kambodschas geschwächt werde. „Mehr Unternehmen müssen sich ACT anschließen“, forderte Bergstein. Dazu müssten die Regierungen der Abnehmerländer die Lieferländer öffentlich unmissverständlich unterstützen und in Deutschland müssten sich alle Marktteilnehmer verpflichten, an ACT teilzunehmen. Andernfalls drohe das Ende der Nachhaltigkeit in der Textilindustrie. Tchibo-Chef Thomas Linemayr will die Problematik am Mittwoch in Berlin mit Entwicklungsminister Gerd Müller von der CSU und anderen Experten öffentlich diskutieren.

ACT wurde im Jahr 2016 gegründet und hat 21 Mitglieder, dazu zählen auch H&M, C&A, Esprit und Primark. Einige davon setzen in ihrer Produktion auch Bio-Baumwolle ein. 2017 lobte der WWF fünf Unternehmen als „eindeutige Vorreiter, die ernsthaft versuchen, nachhaltig mit der Ressource Baumwolle zu arbeiten“, dazu zählten, neben Tchibo, C&A und H&M auch Ikea und Marks & Spencer. (dpa)

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