Zwei Ex-Ministerinnen aus kanadischer Regierungspartei ausgeschlossen
Montreal/Ottawa (APA/dpa/AFP) - Im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Einmischung in die Justiz gegen Kanadas Premierminister Justin Trudeau...
Montreal/Ottawa (APA/dpa/AFP) - Im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Einmischung in die Justiz gegen Kanadas Premierminister Justin Trudeau sind zwei Ex-Ministerinnen aus der Regierungspartei ausgeschlossen worden. Das Vertrauensverhältnis zur früheren Justizministerin Jody Wilson-Raybould und zur ehemaligen Haushaltsministerin Jane Philpott sei zerstört, sagte Trudeau am Dienstag bei einer Konferenz seiner Liberalen Partei.
Beide hatten in der Korruptionsaffäre ihren Rücktritt erklärt und dies ihrerseits mit dem Verlust ihres Vertrauens in die Aufklärung des Falls begründet. Regierungschef Trudeau steht wegen der Affäre um Ermittlungen gegen den Baukonzern SNC-Lavalin unter großem Druck. Enge Vertraute Trudeaus sollen die damalige Justizministerin Wilson-Raybould gedrängt haben, SNC-Lavalin vor einem Bestechungsskandal zu schützen.
Gegen den kanadischen Baukonzern mit Sitz in Montreal laufen Korruptionsermittlungen. Er soll zwischen 2001 und 2011 während der Herrschaft des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi Vertreter des nordafrikanischen Staates mit Geldern in der Höhe von umgerechnet 31 Millionen Euro bestochen haben, um sich Aufträge zu sichern. 2015 wurde der Konzern wegen Korruption angeklagt. Der Prozess hat noch nicht begonnen, die Affäre aber den einst gefeierten Regierungschef rund sieben Monate vor den Parlamentswahlen im Oktober in seine bisher größte politische Krise gestürzt.
Der Fall hat zu Rücktritten von Wilson-Raybould, Philpott sowie dem mit Trudeau befreundeten Chefsekretär und Berater Gerald Butts geführt. Wilson-Raybould war im Jänner an die Spitze des Veteranenministeriums versetzt worden und trat im Februar schließlich zurück. Vor einem Parlamentsausschuss sagte sie aus, es habe unterschwellige „Drohungen“ gegeben.
Von September bis Dezember 2018 sei sie von Regierungsvertretern „verfolgt“ worden, um die Staatsanwaltschaft von einer außergerichtlichen Einigung zu überzeugen. Ihre Anschuldigungen untermauerte sie mit durch den Mitschnitt eines Telefonats mit einem ranghohen Regierungsvertreter. Haushaltsministerin Philpott trat schließlich Anfang März aus Protest gegen den Umgang der Regierung mit dem Fall zurück.
Trudeau weist die Vorwürfe zurück. Es sei nicht hinnehmbar, dass Wilson-Raybould heimlich vertrauliche Gespräche aufgezeichnet habe und beide Politikerinnen Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Regierung geäußert hätten, sagte Trudeau. „Bürgerkriege innerhalb von Parteien sind unglaublich schädlich, da sie den Kanadiern signalisieren, dass wir uns mehr für uns selbst als für sie interessieren.“
Sowohl die Ex-Justizministerin Jody Wilson-Raybould als auch die einst für Digitales und Finanzen zuständige Jane Philpott hätten sich von der Partei abgewendet und direkte Gespräche - auch mit ihm - verweigert, sagte Trudeau bei einem Parteitag in Ottawa. Alles Vertrauen zu den Beiden sei verschwunden. Unter diesen Umständen „können sie auch nicht mehr Teil des Teams sein“.
Sie bereue nichts, schrieb Wilson-Raybould bei Twitter, nachdem sie von ihrem Parteiausschluss erfuhr. Sie habe basierend auf „Prinzipien und Werten, die immer über die Partei hinausgehen müssen“ getan, was getan werde musste.
Philpott, die einst zu den mächtigsten Frauen in Trudeaus Kabinett gehört hatte, bedauerte, dass sie keine Chance gehabt habe, vor dem Ausschluss mit ihren Parteikollegen zu sprechen. „Bedauerlicherweise wurde die Entscheidung getroffen, ohne dass mir ermöglicht wurde, mit der Fraktion zu sprechen“, teilte sie auf Facebook mit.
Die Anschuldigungen, sie sei nicht loyal gewesen und habe den Premierminister stürzen wollen, basierten auf „Ungenauigkeiten und Unwahrheiten“. Weder sie noch Wilson-Raybould seien für die Krise verantwortlich, in der die Partei und der Regierungschef steckten.