Zu wenig Vollkorn, zu viel Salz: Falsche Ernährung ist tödlicher als Rauchen
20 Prozent der Todesfälle weltweit stehen mit schlechter Ernährung in Zusammenhang. Ausschlaggebend sind laut einer Studie ein zu hoher Salzkonsum und der Mangel an bestimmten Nahrungsmitteln.
London — Etwa 20 Prozent aller Todesfälle weltweit sind mit schlechter bzw. falscher Ernährung statistisch in Verbindung zu bringen. Das sind pro Jahr rund elf Millionen Todesfälle. Dies ergibt sich aus einer neuen statistischen Studie, die in der britischen Fachzeitschrift The Lancet publiziert worden ist. Österreich liegt vergleichsweise im besseren Mittelfeld.
Mangel an Volllkornprodukten, Obst, Nüssen und Samen am verheerendsten
"2017 wurden mehr Todesfälle durch Ernährung mit Mangel an Vollkornprodukten, Obst, Nüssen und Samen als durch Ernährungsformen mit einem hohen Anteil an Transfetten, gezuckerten Getränken, rotem Fleisch und verarbeiteten Nahrungsmitteln verursacht", hieß es in einer Aussendung des Lancet. Studienautor Christopher Murray, Chef des Instituts für Gesundheitsstatistik der Universität von Washington, fügte hinzu: "Diese Untersuchung bekräftigt, was wir seit vielen Jahren gedacht haben: Eine schlechte Ernährung ist für mehr Todesfälle verantwortlich als jeder andere Risikofaktor."
Allerdings - so der US-Wissenschafter - sei die Angelegenheit zwiegespalten: "Während Salz, Zucker und Fette in den vergangenen 20 Jahren im Mittelpunkt der gesundheitspolitischen Debatte gestanden sind, deutet unsere Abschätzung darauf hin, dass die größten ernährungsbedingten Risikofaktoren sowohl eine hohe Salzaufnahme als auch ein Mangel an Konsum gesunder Nahrungsmitteln wie Vollkornprodukte, Nüsse, Samen und Gemüse sind."
Aufbau der Studie
Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf 15 Nahrungskomponenten. Zehn davon (Obst, Vollkorn, Nüsse, Milch usw.) stufen sie als gesund ein und kommen zum Schluss, dass diese in den meisten Ländern im Schnitt zu selten konsumiert werden. Die fünf als ungesund eingestuften (Wurst, zuckerhaltige Getränke, Salz usw.) werden hingegen in zu großen Mengen verzehrt.
Für jede Komponente bestimmten sie einen optimalen Bereich: Beim Obst seien das beispielsweise etwa 250 Gramm täglich, bei Milch zwischen 350 und 520 Gramm, bei der Wurst höchstens vier Gramm täglich. Und die Wissenschaftler berechneten, wie stark sich durch ein Abweichen von diesem Optimum das Risiko für Herzkreislaufkrankheiten, Krebs, Diabetes und einen vorzeitigen Tod erhöht.
Israel schneidet am besten ab, viele Todesfälle in Usbekistan und Afghanistan
Das Land mit den wenigsten ernährungsbedingten Todesfällen war im Jahr 2017 Israel mit 88.9 pro 100.000 Einwohnern. Dann folgte Frankreich mit 89,1 Todesfällen pro 100.000. Spanien, Japan und Andorra waren ebenfalls unter den besten. Österreich lag mit 143,1 Todesfällen pro 100.000 Einwohner im Zusammenhang mit der Kost relativ gut. In Deutschland waren es 162,0, in der Slowakei 356,3 pro 100.000 Einwohner. Die Schweiz wies allerdings einen Wert von 102,8 Sterbefällen pro 100.000 Einwohner (ernährungsbedingt) auf, Schweden zum Beispiel einen Wert von 136,2/100.000.
Am schlechtesten waren Länder wie Usbekistan (891,8 Todesfälle durch ernährungsbedingte Erkrankungen pro 100.000 Einwohner). Dann folgte das seit Jahrzehnten vom Krieg heimgesuchte Afghanistan (750,5/100.000). In den USA sind es 170,7 Todesfälle pro 100.000 Einwohner durch derartige Erkrankungen. China lag mit 350,2 ernährungsbedingten Todesfällen pro 100.000 Menschen ebenfalls schlecht und 140. Platz von 195 Staaten. International schwankten diese Raten um das Zehnfache.
In Usbekistan betrug 2017 der Anteil der ernährungsbedingten Todesfälle an der Gesamtmortalität 43,7 Prozent. In Österreich waren es 18,0 Prozent, in Israel 12,4 Prozent. Frankreich lag mit 12,7 Prozent ebenfalls sehr gut. Die USA schnitten mit 17,7 Prozent schlechter ab als beispielsweise Großbritannien (15,0 Prozent). Deutschland lag etwa auf dem Niveau von Österreich (18,5 Prozent). Die Schweiz war unter Österreichs Nachbarländern mit einem Anteil von 16,0 Prozent am besten. Die Slowakei kam auf einen Anteil von 30,5 Prozent. (APA/TT.com)
Schwachpunkte der Studie
Wie die Autoren der Studie selbst anmerken, sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen. Sie berufen sich in ihrer Forschung unter anderem auf Beobachtungsstudien, die wiederum auf Selbstangaben der Betroffenen beruhen.
Das bedeutet: Menschen werden etwa gefragt, was sie essen und trinken. Nach einigen Jahren wird dann rückblickend ermittelt, wie viele von ihnen erkrankt oder gestorben sind. Auf diese Weise können zwar Verknüpfungen hergestellt werden, aber nicht zwingend ursächliche Zusammenhänge.
Zur Studie: https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(19)30041-8/fulltext