Alpenkonferenz: Streicheleinheiten für die sensiblen Alpen
Die Alpenkonferenz in Innsbruck plädierte für klimaneutrale Alpen. Beim Transitverkehr zeigt sich, wie brüchig diese Zielvorstellung bis 2050 ist. Landeshauptmann Platter appelliert an die Umweltminister.
Von Peter Nindler
Innsbruck –Geht es ums Eingemachte, weicht die Politik aus. Um dem Klimawandel in den Alpen entgegenzutreten und sie mit der bei der Innsbrucker Alpenkonferenz am Donnerstag verabschiedeten Deklaration bis 2050 zu einer klimaneutralen Region zu etablieren, müssen die Treibhausgase zurückgedrängt werden. Auf die Frage, wie das möglich sei, meinte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), dass „es hier europäische Lösungen benötige“. Knapp reagiert sie hingegen auf den Dauerbrenner, das Dieselprivileg, das gerade in Tirol jährlich rund 300.000 zusätzliche Transitfahrten anzieht, weil in Österreich Diesel deutlich günstiger ist. „Das war kein Thema bei der Alpenkonferenz“, sagte sie.
Damit beschreibt sie das Schicksal der 1995 in Kraft getretenen Alpenkonvention zum Schutz der Alpen, die von acht Alpenländern und der Europäischen Union unterzeichnet wurde. Es mangelt an der konkreten Umsetzung, wenngleich der scheidende Generalsekretär Markus Reiterer das nicht so sieht. „Was ist die Alternative?“ Der Klimaschutz erfordere sektorübergreifende Ansätze und transnationale Zusammenarbeit. „Hier ist die Alpenkonvention ein echter Vorreiter“, unterstreicht Reiterer, der Ende Juni seine Funktion an die ehemalige slowenische Ministerin Alenka Smerkolj überträgt.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (VP) bezeichnet die Zielsetzungen der Alpenkonvention zwar als wichtiges Instrument für einen nachhaltigen Lebens-, Erholungs- und Wirtschaftsraum in den Alpen, möchte die Herausforderungen allerdings für Tirol nicht kleinreden. „Beim Verkehr sind die Belastungsgrenzen mit 2,5 Millionen Transit-Lkw in unserem Land erreicht, gerade von unseren Nachbarstaaten erwarte ich mir konsequente Anstrengungen, damit wir den Transitverkehr auf der Straße um die im EU-Weißbuch festgelegten 50 Prozent reduzieren können.“ Der Landeshauptmann setzt dabei auf breite Initiativen, Plänen einer Alemagna-Autobahn erteilte er eine Absage.
Umweltministerin Elisabeth Köstinger sieht in der Alpenkonvention kein grünes Mäntelchen oder gar eine Beruhigungspille. „Gerade unsere Anstrengungen für den Klimaschutz waren Dreh- und Angelpunkt unserer zweieinhalbjährigen Präsidentschaft.“ Köstinger spannte dabei einen Bogen von 7,2 Millionen Tonnen CO2 im Verkehrsressort bis hin zu Lkw-Umrüstungen, E-Mobilität und Chancengleichheit für erneuerbare Energieproduktion. „Eines meiner Hauptanliegen ist ein europaweiter einheitlicher Mindestpreis für CO2“, meinte Köstinger. Gemeinsam mit der französischen Umwelt-Staatssekretärin Brune Poirson hat sie das im Vorjahr beim „R20 – Austrian World Summit“ in Wien gefordert.
Poirson übernahm gestern die Präsidentschaft von Köstinger und ließ damit aufhorchen, dass sie in den nächsten beiden Jahren eine Charta für nachhaltige Skigebiete ausarbeiten möchte. Die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze hob die Modellregion Alpen für den Klimaschutz hervor, die weiter vorangetrieben werden müsse.
Bei so viel höchstrangigem „Klimaschutz“ nahm Landeshauptmann Günther Platter abschließend die Umweltminister in die Pflicht, den alpenquerenden Transitverkehr ebenfalls im Auge zu behalten und an der Seite Tirols für eine Verlagerung auf die Schiene einzutreten.