Korrupter Asylrechtsberater umfassend geständig, trotzdem vertagt

Wien/Eisenstadt (APA) - In sämtlichen Anklagepunkten schuldig bekannt hat sich am Donnerstag am Wiener Landesgericht ein früherer Asylrechts...

Wien/Eisenstadt (APA) - In sämtlichen Anklagepunkten schuldig bekannt hat sich am Donnerstag am Wiener Landesgericht ein früherer Asylrechtsberater, der mehreren Flüchtlingen vorgemacht haben soll, er könne gegen Entgelt ihr Asylverfahren beeinflussen bzw. ihnen zu einem positiven Asylbescheid verhelfen. Die Verhandlung musste dennoch vertagt werden, weil die Causa in die Zuständigkeit eines Schöffensenats fällt.

Der vom Angeklagten angerichtete Gesamtschaden dürfte über 50.000 Euro ausmachen, was über der Wertgrenze liegt, über die ein Einzelrichter verhandeln kann. Richter Christian Noe muss sich daher mit zwei Schöffen verstärken, die Verhandlung wird voraussichtlich am 7. Mai über die Bühne gehen.

Der Angeklagte bleibt bis dahin in U-Haft. Der 28-Jährige hatte unter Tränen um seine Freilassung gebeten. Er sei erst seit wenigen Monaten verheiratet und könne seine Ehefrau derzeit „nur im Gefängnis sehen“. Außerdem gebe ihm seine Mutter bei ihren Haftbesuchen „zu verstehen, dass sie mich braucht. Das bricht mir jedes Mal das Herz“.

Der Richter ordnete trotzdem die Fortsetzung der U-Haft an. Im Hinblick auf die Vielzahl der inkriminierten Fakten ortete er Tatbegehungsgefahr. Verteidiger Nikolaus Rast akzeptierte diese Entscheidung.

Bis zum Enthaftungsantrag hatte sich der frühere Asylrechtsberater wenig gesprächig gezeigt. „Er ist zur Gänze geständig zum Strafantrag. Aber er ist hochgradig nervös und wird daher keine Fragen beantworten“, kündigte Rast eingangs der Verhandlung eine „stille Messe“ an. Dementsprechend reagierte der gebürtige Ägypter auf die an ihn gerichteten Fragen- „Sie haben Hilfe suchende Personen zum Opfer gemacht. Wollen Sie dazu etwas sagen?“, interessierte den Richter. - „Nein.“ Auf die Vielzahl der von ihm gesetzten Fakten angesprochen, bemerkte der Mann: „Oft hat man Gelegenheit, etwas durch eine weitere Straftat zu vertuschen. Irgendwann gibt es keinen Ausweg mehr.“

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft dem 28-Jährigen Bestechlichkeit, schweren gewerbsmäßigen Betrug und Urkundenfälschung in Dutzenden Fällen vor. „Er hat so ziemlich alles gefälscht, was man fälschen kann“, führte Oberstaatsanwalt Norbert Hauser aus und erwähnte in diesem Zusammenhang Uni-Zeugnisse, Strafregisterbescheinigungen und Dienstbestätigungen.

Bereits während seines Jus-Studiums in Linz bzw. Wien soll sich der Mann als Fälscher betätigt haben. Der Anklage zufolge dürfte er sich Zeugnisse anrechnen haben lassen, die er selbst am Computer hergestellt hatte. Mittels eines gefälschten Sachverständigengutachtens, das ihm ein eingeschränktes Hörvermögen und Diabetes bescheinigte, soll er sich eine erhöhte Studienbeihilfe ergaunert haben.

Nach seinem Studium war der 28-Jährige von September 2016 bis Mai 2017 beim Verein Menschenrechte tätig, wo er in Eisenstadt in der kostenlosen Rechtsberatung für Asylwerber eingesetzt wurde. Laut Anklage soll er schon bei seiner Einstellung geschwindelt haben, indem er der NGO gefälschte Bewerbungsunterlagen vorlegte.

Als Rechtsberater soll der Mann dann vor allem Flüchtlinge aus dem Irak getäuscht haben, die einen negativen Asylbescheid zugestellt bekommen hatten oder seit längerer Zeit auf den Ausgang ihres Asylverfahrens warteten. Er gab - wie in der Anklageschrift im Detail ausgeführt wird - vor, er könne das Verfahren beschleunigen bzw. dazu beitragen, dass der ablehnende Asylbescheid im Berufungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht „gedreht“ wird. In einem Fall soll der Rechtsberater der Anklage zufolge einem vor der Abschiebung stehenden Mann um 500 Euro sogar angeboten haben, er könne den Vollzug des Heimreisezertifikats außer Kraft setzen.

Als der Verein Menschenrechte von den strafrechtlichen Ermittlungen erfuhr, wurde der Mitarbeiter zunächst suspendiert, dann gekündigt. Als Konsequenz aus dem Fall wurde für Mitarbeiter von Vereinen, die das Innenministerium mit der gesetzlich verankerten Rechtsberatung für Asylwerber beauftragt hatte, eine Sicherheitsüberprüfung durch den Staatsschutz eingeführt.