Standort-Studie: Leichte Verbesserung, Sorge wegen Bildung und Migration
Eine Studie der Unternehmensberatung Deloitte sieht „viel Luft nach oben“ und kritisiert „Stillstand“ in Bildungspolitik und „Raum für Rassismus“ bei Zuwanderung.
Wien- Der Wirtschaftsstandort Österreich hat sich nach Ansicht der Unternehmensberatung Deloitte im Vorjahr leicht verbessert. Für die Regierung gibt es sowohl Lob - etwa bei der Reform von Arbeitszeiten und Sozialversicherungen - als auch Kritik. Letzteres vor allem für die Bildungspolitik und die restriktive Zuwanderungspolitik, die zu viel "Raum für Rassismus" lasse.
Deloitte fasst seit sechs Jahren die Ergebnisse internationaler Standort-Studien zusammen und ergänzt sie um eigene Einschätzungen. Mit einem Gesamtergebnis von 3,1 von insgesamt fünf möglichen Punkten hat sich Österreich in diesem "Deloitte Radar" im Vorjahr leicht verbessert. 2018 lag Österreich bei drei Punkten. In Europa schafft es der Wirtschaftsstandort nach Einschätzung der Unternehmensberater damit aber nur auf Platz elf. An der Spitze liegt die Schweiz vor den Niederlanden, den skandinavischen Ländern und Deutschland.
Viel Luft nach oben
Deloitte-Österreich-Geschäftsführer Bernhard Gröhs stellte in einer Pressekonferenz am Donnerstag zwar eine "positive Bewusstseinsänderung" bei Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit in der Standortpolitik fest. "Aber es ist noch viel Luft nach oben." Gemeinsam mit Deloitte-Steuerexpertin Barbara Edelmann plädierte er unter anderem für eine Senkung der Lohnnebenkosten sowie der Einkommen- und der Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne (von 25 auf 19 Prozent).
Dringenden Handlungsbedarf sieht Deloitte-Partnerin Gundi Wentner aber vor allem bei der Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte. Hier schafft Österreich nur zwei von fünf möglichen Punkten und sieht angesichts der Pensionierungswellen der kommenden Jahre Probleme auf die Unternehmen zukommen. Den Firmen sei das bewusst, aber auch die Politik müsse reagieren, fordert Wentner. Aktuell geht die Debatte aus ihrer Sicht aber in die falsche Richtung: Sowohl in der Bildungspolitik, mit der Wiedereinführung der Schulnoten an Volksschulen und dem verzögerten Ausbau von Ganztagsschulen, als auch in der Zuwanderungspolitik. "Wenn es Raum für Rassismus gibt in einer breiten Öffentlichkeit, dann signalisiert das was", kritisiert Wentner die von der Regierung ausgesandten Signale (Stichwort: "Ausreisezentren").
Schramböck zufrieden
Unklar ist allerdings, was eine gute oder schlechte Platzierung in diesem und ähnlichen Standortrankings in der Praxis wirklich aussagt. Ob sich ein gut gereihtes Land in der Folge tatsächlich besser entwickelt als ein schlecht gereihtes, wurde nämlich nicht nachgerechnet, sagt Gröhs. Und die Wirtschaft ist in Österreich im Vorjahr trotz der vergleichsweise schlechten Platzierung teils deutlich stärker gewachsen als in weiter vorne gereihten Ländern wie Deutschland, Dänemark, Schweden oder Großbritannien.
Erfreut reagierte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) auf das Standort-Studie. Sie führt die Verbesserung um 0,1 Punkte auch auf die Politik der Regierung zurück: "Aktive Standortpolitik ist nicht egal. Viele der umgesetzten und auf den Weg gebrachten Maßnahmen der Bundesregierung haben zu diesem Ergebnis beigetragen", so Schramböck in einer Aussendung. . „Uns ist jedoch bewusst, dass besonders im Bereich der digitalen Infrastruktur, dem regulatorischen Umfeld, der hohen Steuer- und Abgabenquote sowie bei Flexibilisierungen für Start-Ups noch viel getan werden muss - auch die Sicherung des Fachkräftebedarfs wird Österreich in den nächsten Jahren begleiten", betont die Ministerin. Die Bundesregierung arbeite daher weiterhin entschlossen daran, die Position Österreichs vor allem in diesen Handlungsfeldern national aber auch international zu verbessern. (APA, TT.com)