Fußball

Uli Hoeneß in Sölden: „Wir könnten uns Ronaldo leisten“

Bekannt wortgewaltig, aber teils auch nachdenklich: Uli Hoeneß (rechts) im Gespräch mit ORF-Sportmoderator Rainer Pariasek.
© Markus Geisler

Bayern-München-Präsident Uli Hoeneß in einem sehr offenherzigen Gespräch hoch über Sölden über Entwicklungen im Fußball, die Pläne des FC Bayern und auch über sehr Persönliches.

Von Alois Vahrner

Sölden, München — Uli Hoeneß (67) wurde mit Bayern München dreimal Meister und dreimal Europacupsieger der Meister (1974 bis 1976) und mit der deutschen Nationalmannschaft 1972 Europameister und 1974 in München Weltmeister. Wegen einer schweren Knieverletzung musste der blitzschnelle Außenstürmer (100 Meter in 11 Sekunden) die Fußballschuhe früh an den Nagel hängen — und wurde 1979 der jüngste Fußball-Manager Deutschlands. Damals machte der FC Bayern 6 Mio. Euro Umsatz und war mit 3,5 Mio. Euro verschuldet. 40 Jahre später haben die Bayern unter seiner Ägide 27 nationale und internationale Titel gewonnen (darunter zweimal die Champions League) und gelten als einer der finanzkräftigsten Vereine der Welt.

Direkt vor dem heutigen vorentscheidenden Schlagerspiel gegen Borussia Dortmund kam Hoeneß Donnerstagabend im Rahmen einer Charity-Aktion für „Wings for Life" (von Red-Bull-Chef Didi Mateschitz und Heinz Kini­gadner für den Kampf gegen Querschnittslähmung gegründet) auf Einladung von Seilbahn-Chef Jack Falkner nach Sölden. Auf über 3000 Metern Seehöhe nahm er im Ice Q zu verschiedenen heißen Themen Stellung:

Topspiel gegen Dortmund: Für Hoeneß hat Bayern München trotz zwei Punkten Rückstand auf Dortmund alles in eigener Hand. Wer gewinne, habe die besten Meisterchancen. „Für das Match in der Allianz Arena hätten wir 500.000 Tickets verkaufen können." Tatsächlich Platz haben 75.000. In der Champions League gegen Liverpool habe es gar 750.000 Kartenanfragen gegeben. „Das Spiel war in 25 Minuten ausverkauft. Seit Eröffnung der Allianz Arena im Jahr 2005 (gehört dem FC Bayern) sei jedes Match ausverkauft gewesen.

Finanzielle Kraft: Bayern München habe heute weltweit 15 bis 20 Mio. Fans und 300.000 Mitglieder. Der Umsatz liege bei fast 700 Mio. Euro, dazu werde man einen Rekordgewinn haben. Im Jahr mache man über 100 Mio. Euro Merchandising-Umsatz, allein 250.000 Euro bei guten Spielen. „Ich bin stolz, dass wir in der Bank immer in die Festgeld- und nicht in die Kreditabteilung gehen konnten."

Großinvestitionen: In diesem Sommer werde man die Mannschaft laut Hoeneß massiv umbauen. Mit den französischen Weltmeistern Lucas Hernández (80 Mio. Euro) und Benjamin Pavard (35 Mio. Euro) habe man bereits groß eingekauft. Weitere Top-Transfers und der große Griff in die Schatulle sollen noch folgen. „In diesem Jahr wird der Gewinn deshalb sicher viel geringer ausfallen."

Gipfeltreffen: Der Sölder Seilbahner Jack Falkner holte Uli Hoeneß im Rahmen einer Benefizaktion in den Ice Q auf mehr als 3000 Metern Seehöhe.
© Markus Geisler

Ronaldo oder Messi: Auch wenn Bayern München keine Scheichs, russische Oligarchen oder US-Investoren habe („da würden unsere Fans Amok laufen") und gegenüber englischen Top-Clubs ein Nachteil von 200 Mio. Euro aus den TV-Geldern bestehe: Die Bayern könnten sich theoretisch trotzdem auch Superstars wie Ronaldo oder Messi leisten. „Aber wenn diese dann im Jahr 50 statt wie unser Teuerster vielleicht 15 Millionen verdienen, dann explodiert in der Folge gleich das gesamte Gehaltsgefüge. Das wäre völlig falsch."

Super League, Club-WM: Es habe Gespräche der ganz großen Vereine über eine Super League gegeben. Aber auch wenn ihm dies kaum wer glaube: „Wir haben sofort klargestellt, für uns kommt ein Ausstieg aus der Deutschen Bundesliga nicht in Frage." Eine von der FIFA angedachte Club-WM hingegen wäre sehr interessant. „Wenn unsere Spieler statt mit dem Nationalteam beim Confed-Cup für Bayern eine Club-WM spielen und wir für diese drei Wochen einen zweistelligen Millionenbetrag bekommen, dann wäre ich mit dem Klingelbeutel geschlagen, wenn ich da nicht dafür wäre." Eine Aufblähung der Fußball-WM von 32 auf 48 Mannschaften hält Hoeneß hingegen für „blanken Unsinn".

Gefängnisstrafe: Ganz offen sprach Hoeneß, der vor Jahrzehnten einen Flugzeugabsturz überlebt hatte, auch über die 2014 gegen ihn wegen Steuerhinterziehung verhängte Gefängnisstrafe (von den dreieinhalb Jahren wurde ihm dann 2016 die Hälfte auf Bewährung erlassen). Er habe Fehler gemacht und dafür gebüßt. Ins Gefängnis habe er damals an die 5000 Briefe bekommen, 99,9 Prozent davon positiv. „Bei einigen habe ich wie ein kleines Kind geheult." Während der Haft habe er „nie den großen Max raushängen lassen" und andere Mithäftlinge für das Leben danach beraten. „Ernährt habe ich mich nicht von der Feinkost Käfer, meist von Marmeladebrot und Kaffee und so 20 Kilo abgenommen."

Polarisierer: Hoeneß vertrat immer klare Meinungen und hat oft polarisiert. Seit der Haft und weil er wegen mancher Boulevardmedien und Internet-Shitstorms vorsichtiger geworden sei, hätten die deutschen Talkshows mit ihm einen Quotenbringer verloren. Neid sei im Sport und im Leben leider eine schlechte Eigenschaft. In Deutschland seien 67 Prozent den Erfolgreichen neidig, in den USA nur 21 Prozent. „Dabei musst du, um dir in München eine Wohnung leisten zu können, schon fast Millionär sein."

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