Völkermord in Ruanda

Macron will Rolle Frankreichs im Ruanda-Völkermord prüfen lassen

Der französische Präsident Emmanuel Macron.
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25 Jahre nach dem Völkermord im ostafrikanischen Ruanda will Präsident Emanuel Macron nun durch die Einberufung einer Historikerkomission die Rolle Frankreichs im Genozid prüfen lassen.

Paris, Kigali – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die Rolle seines Landes während des Völkermords in Ruanda vor 25 Jahren prüfen lassen. Macron habe eine Historikerkommission ins Leben gerufen, die „alle französischen Archive in Bezug auf Ruanda zwischen 1990 und 1994“ einsehen solle, erklärte der Elysee-Palast am Freitag. Das acht Geschichtswissenschaftler umfassende Gremium solle die Rolle und das Engagement Frankreichs in dieser Zeit analysieren und zu einem besseren Verständnis des Genozids beitragen.

Die Ergebnisse der Untersuchung sollen binnen zwei Jahren in einem Bericht zusammengefasst werden. Zudem würde das Material dazu genutzt werden, Menschen in Frankreich über den Völkermord aufzuklären, hieß es.

Genozid mit über 800.000 Toten

In der früheren deutschen und belgischen Kolonie Ruanda hatten vor 25 Jahren Angehörige der Volksgruppe der Hutu in knapp drei Monaten mindestens 800.000 Menschen getötet. Die meisten der Ermordeten waren Angehörige der Tutsi sowie gemäßigte Hutus. Startschuss für den Genozid war der Abschuss des Flugzeugs mit dem ruandischen Präsidenten Juvenal Habyarimana, einem Hutu, an Bord. Den Tutsi gab man die Schuld am Tod des Präsidenten. Angefeuert wurden die Täter auch von Radiojournalisten. Sie bezeichneten die Tutsis unter anderem als „Kakerlaken“. Das Massaker gilt heute als von langer Hand vorbereitet. Viele der Täter waren Staatsbedienstete, etwa aus Armee oder Polizei.

Das Morden zu stoppen gelang primär der von Mitgliedern der Tutsi im Exil in Uganda gegründeten Patriotischen Front Ruandas (RPF). Diese wurde vom heutigen Präsidenten Paul Kagame geführt. Im Sommer 1994 ergriff die RPF die Macht und Kagame wurde der neue Vizepräsident Ruandas. Seit 2000 herrscht er als Präsident streng autoritär über den ostafrikanischen Staat. Menschenrechtler werfen der RPF vor, dass diese Tausende Zivilisten im Zuge ihrer Machtergreifung getötet hätten.

Wenige Monate nach dem Massenmord in Ruanda beschloss der UNO-Sicherheitsrat im November 1994 die Einrichtung des Internationalen Tribunals für Ruanda (ICTR). Das ICTR klagte 93 Personen an, 61 wurden schuldig gesprochen. Das Ruanda-Tribunal war 1998 das erste internationale Strafgericht, das einen Angeklagten wegen Völkermord verurteilte.

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Rolle Frankreichs mehr als umstritten

Ruanda hat Frankreich vorgeworfen, sich durch seine Unterstützung der damaligen ruandischen Regierung an dem Völkermord mitschuldig gemacht zu haben. Französische UN-Truppen hätten zudem einigen Tätern bei der Flucht geholfen – eine gewisse Anzahl habe Asyl in Frankreich bekommen. Paris hat bisher jegliche Mitschuld an dem Blutbad abgelehnt, was die Beziehungen zwischen beiden Ländern bis heute belastet.

Neben der Historiker-Kommission kündigte Macron nun außerdem an, die Verfolgung mutmaßlicher Täter von damals in Frankreich voranbringen zu wollen.

In Ruanda wird am Sonntag des Beginns des Genozids vor 25 Jahren gedacht. Das ostafrikanische Land hat sich in den vergangenen Jahren zwar wirtschaftlich von den Folgen des Genozids erholt und gilt als Vorzeigeland auf dem Kontinent. Doch das Trauma ist trotz allseits gelobter Aufarbeitung nach wie vor im ganzen Land ausgeprägt. Der autoritäre Führungsstil von Präsident Paul Kagame hat ihm zuletzt auch international einiges an Kritik eingebracht. (APA/AFP/sda)

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