Brexit-Verlängerung vor EU-Gipfel wahrscheinlich
Brüssel/London (APA) - Dass die EU der britischen Premierministerin beim Gipfel am Mittwoch eine weitere Brexit-Verlängerung gibt, ist laut ...
Brüssel/London (APA) - Dass die EU der britischen Premierministerin beim Gipfel am Mittwoch eine weitere Brexit-Verlängerung gibt, ist laut Diplomaten in Brüssel wahrscheinlich. Das ungeordnete „No Deal“-Szenario am 12. April sei trotzdem noch nicht ganz vom Tisch, hieß es am Freitag in EU-Ratskreisen. May hatte um eine Verlängerung bis 30. Juni ersucht, will aber den EU-Austritt ihres Landes noch vorher schaffen.
Laut Insidern gilt ein Aufschub bis zum 30. Juni oder länger derzeit als wahrscheinlichste Möglichkeit. Das von der EU bisher anvisierte Datum 22. Mai sei weniger bedeutend, weil es von May die Zusage gebe, dass Großbritannien allenfalls an der Europawahl vom 23. bis 26. Mai teilnehmen werde. Sollte Großbritannien entgegen dieser Zusage an der EU-Wahl dennoch nicht teilnehmen, könnten die EU-Chefs beim Gipfel einen Automatismus festschreiben, der dann in einen „harten Brexit“ münden würde.
Die Entscheidung des EU-Gipfels werde stark davon abhängen, wie klar am kommenden Mittwoch die Situation sei. „Ob May am Ende liefern kann, wissen wir nicht“, sagte ein Diplomat. „Wir fahren weiter auf Sicht.“ Wenn der Gipfel Klarheit aus London habe, werde es auf eine kurze Verlängerung hinauslaufen, das heißt bis 30. Juni oder 22 Mai, hieß es. Sollte die Situation am Mittwoch nach den Gesprächen zwischen den regierenden Konservativen und der oppositionellen Labour hingegen noch unklar sein, sei eine längere Verlängerung wahrscheinlich.
EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte sich für eine „Flextension“ (flexible Verlängerung) um zwölf Monate ausgesprochen, die Großbritannien dennoch die Möglichkeit geben sollte, die EU schon früher zu verlassen. Bisher gibt es aber im britischen Unterhaus keine Mehrheit für den Austrittsvertrag. Es sei offen, ob über den Vertrag ein viertes Mal abgestimmt werde. Tusk sei mit dieser Idee etwas vorgeprescht, hieß es in Brüssel. Auch Frankreich sei grundsätzlich nicht mehr gegen eine Verlängerung, habe dazu aber stärker als andere EU-Mitgliedstaaten Skepsis geäußert. Kein EU-Mitgliedstaat wolle einen „No Deal“-Brexit.
Eine längere Verlängerung sei nämlich für die EU mit Risiken verbunden. Befürchtet wird in Brüssel, dass London wichtige EU-Beschlüsse wie zum EU-Mehrjahresbudget und zur Ernennung des nächsten EU-Kommissionspräsidenten torpedieren könnte, vor allem, wenn May dann nicht mehr im Amt sei.
Daher erwäge die EU auch ein „Gentleman‘s Agreement“, dass sich Großbritannien dann überhaupt bei wichtigen EU-Beschlüssen enthalten sollte. Rechtlich ist dies jedoch nicht durchsetzbar, solange Großbritannien EU-Mitglied ist. Bezweifelt wird in Brüssel auch, ob sich der Brexit-Befürworter und Ex-Außenminister Boris Johnson daran halten würde, wenn er May im Amt nachfolgen würde. Mit einer EU-Blockade hat am Freitag der konservative britische Parlamentariers Jacob Rees-Mogg gedroht.
Der EU-Gipfel wird am Dienstag von den Europaministern, darunter EU-Minister Gernot Blümel (ÖVP), in Luxemburg vorbereitet. Ein Gipfelentwurf wird allerdings erst kurz vor dem Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs erwartet. Der Gipfel beginnt am Mittwoch um 18.00 Uhr und dürfte laut Diplomaten lange dauern. Die Europaminister beraten auch weiter zu den Rechtsstaatlichkeitsverfahren gegen Polen und Ungarn, ohne jedoch Beschlüsse zu treffen.
Beim EU-Gipfel ist Österreich durch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vertreten.