Schau von Bischof Glettler in Kramsach: Organisch gewachsene Unordung
Die aktuelle Schau von Bischof Hermann Glettler in Kramsach kreist um Heimat und um die Zerbrechlichkeit von Lebensentwürfen.
Von Gerlinde Tamerl
Kramsach — Begrüßt wurden die Gäste, darunter auch Kulturlandesrätin Beate Palfrader, bei der Vernissage von Bischof Hermann Glettler am vergangenen Samstag im Kunstforum Kramsach nicht nur von strahlendem Sonnenschein. Die Schau mit dem Titel „Soziales Tourismus Jagd" startete mit einer Performance unter freiem Himmel, bei der dadaistisches Stimmengewirr mit meditativen Posaunenklängen verwoben wurde. Hoch über den Akteuren wehten heimelig anmutende Häkeldeckchen auf einer überdimensionalen Wäscheleine in der sanften Frühlingsbrise, eine Installation, die Glettler „Transparent Heaven" nennt. Tatsächlich durchdringen die Sonnenstrahlen beinahe überirdisch das zart gearbeitete Gewebe.
Mitten in diesem durchaus verwirrenden Treiben offenbart sich ein ungewohntes Bild eines kirchlichen Würdenträgers: Der Bischof wandelt mit einem Handy durch die Performance und filmt dabei das von ihm inszenierte Spektakel. Wie selbstverständlich mischt er sich in das weltliche Geschehen und erklärt seine Schau zu einer „predigt- und exzellenzfreien Zone".
Das Kunstforum Kramsach, in einem ehemaligen Getreidespeicher, dem „Troadkastn" aus dem Jahr 1696, untergebracht, ist das Elternhaus des Vereinsobmanns Alois Schild, auf dessen Initiative die Schau mit Bischof Glettler zurückgeht. Der kleine Ausstellungsraum wurde von Glettler mit Perserteppichen ausgelegt, und es fühlt sich an, als hätte man sich in eine Moschee verirrt. Gleichzeitig irritieren die christlichen Symbole der anderen Installationen, darunter schief aufgestellte Fatima-Madonnen und zu einem Ornament angeordnete Christuskreuze.
Hermann Glettler, der die TT durch seine Ausstellung führt und beim Vorbeigehen sogar noch schnell die Schrift einer Installation nachjustiert, sieht sich auch als Kunstvermittler. Ihm gehe es in seinen Arbeiten vor allem um „die Zusammenschau und Verdichtung unterschiedlicher Erfahrungsebenen von Wirklichkeit". Mit der dargestellten Vielfalt und Überlagerung diverser Stile und Ordnungen wolle er bewusst verunsichern und damit auf die Fragilität von Lebensentwürfen hinweisen.
In einem weiteren kleinen Raum ist ein Kofferdepot zu sehen. Das Werk ist den Fluchtreisenden gewidmet. Glettler ließ die Koffer extra sammeln und versah die Gepäckstücke mit kreisrunden Aussparungen. Diese Objekte können sogar käuflich erworben werden, der Erlös wird an Burkina Faso gespendet. Und damit zeigt Glettler einmal mehr, dass er sich auch in seinem Kunstschaffen der Wohltätigkeit und der Menschlichkeit verpflichtet fühlt.