Graz, Leipzig und das Carpenter-Berlin - Klassiknews
Wien (APA) - *...
Wien (APA) - *
Bruno Ertler - „Ewigkeiten“ und andere Lieder (Reihe „Klangdebüts“ der Kunstuni Graz): Vor zwei Jahren widmete die Steiermärkische Landesbibliothek dem Dichter Bruno Ertler (1889-1927) eine eigene Ausstellung. Nun liegt das Tondokument dazu vor. Ertlers Gedichte erfreuten sich in den 1920er- und 30er-Jahren regional hoher Popularität und wurden vielfach vertont. Die Stücke auf dieser CD sind der Beweis dafür, dass die Steiermark im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts insbesondere im Bereich Kunstlied mehr zu bieten hatte als Hugo Wolf und Joseph Marx. Von Profis und Studierenden der KUG liebevoll ausgearbeitet, erweisen sich etliche der Kompositionen als schimmernde Juwelen, die es zu entdecken lohnt.
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Bach Passion neu rekonstruiert (AliaVox): Im Gegensatz zu Johann Sebastian Bachs bekannten Passionen nach Johannes und Matthäus galt seine Markus-Passion lange als verschollen. Es gab immer wieder Versuche, das Werk, dessen Text erhalten ist, zu rekonstruieren. Nun hat Jordi Savall, Spezialist für Alte Musik, einen neuen Variante präsentiert. Diesmal wurde nur Musik von Bach verwendet, während frühere Versuche auch Kompositionen von Bachs Mitarbeiter Reinhard Keiser oder anderen enthielt. Eine „zutiefst ehrliche und wirklich authentische Annäherung an Bachs Genie“ sei laut Savall die Absicht dieses Projekts gewesen. Er wurde auf jeden Fall eine lohnende Aufnahme mit La Capella Reial de Catalunya, Le Concert de Nations, Veus-Cor Infantil Amicis de la Unio und hervorragenden Solisten. Ein ausgewogene, aber keineswegs langweilige Interpretation, die nicht nur zur Osterzeit erfreut.
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Carpenter entdeckt Rachmaninow (Sony Classical): Starorganist Cameron Carpenter präsentiert sich auf seiner neuen Aufnahme für seine Verhältnisse fast provokativ zahm in Schwarz und mit dunkler, unpunkiger Kurzhaarfrisur. Gott sei Dank ist die neue Biederkeit des Amerikaners jedoch nicht auf die Interpretationen übergesprungen. Mit seiner Digital Touring Organ, erstmals 2014 der Öffentlichkeit präsentiert, spielt er an der Seite des Konzerthausorchesters Berlin unter Christoph Eschenbach unter anderem Rachmaninows „Rhapsodie über ein Thema von Paganini“. Dass das Werk eigentlich für Klavier und Orchester geschrieben wurde, hält den 37-Jährigen nicht zurück, der die Orgelbearbeitung selbst erstellt hat, um das Virtuosenstück auf seinem Instrument spielen können. Dabei unterstreicht er die Flexibilität seiner Orgel, sich im Orchester zu verstecken, um kurz darauf wieder über die anderen Musiker gleichsam drüberzufahren. Mit der Einspielung dokumentiert Carpenter auch seine Zeit als Residenzkünstler am Berliner Konzerthaus.
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Leipziger Disputation (Carus): Die beiden Vokalensembles amarcord und Calmus aus Leipzig haben eine gemeinsame CD aufgenommen. Im Zentrum steht die klangprächtige, zwölfstimmige Messe von Antoine Brumel, die vom kleinsten Ornament bis zur Ästhetik der Gesamtanlage ein vielschichtiges Werk darstellt. Sie entstand anlässlich der Leipziger Disputation, einem dreiwöchigen Streitgespräch zwischen Martin Luther und dem papsttreuen Theologen Johannes Eck, und soll im Jahr 1519 in der Thomaskirche erklungen sein. Dieses musikalische „Rahmenprogramm“ sollt auch dazu dienen, zumindest die moralische Überlegenheit des Wittenbergers mit prächtigen Klängen zu untermauern. Stücke wie das kunstvolle Sanctus lassen erahnen, dass diese Musik niemanden unbeeindruckt gelassen hat. Ergänzt wird die Messe durch Kompositionen von Josquin des Prez, Johann Walter oder Thomas Stoltzer.