Passionsspielhaus Erl: Mit Mut ein Wahrzeichen geschaffen
Manchmal braucht es mutige Menschen, damit etwas Besonderes entsteht – so wie das Erler Passionsspielhaus.
Erl – Die Geschichte des neuen Passionsspielhauses beginnt bereits 1933, als das damalige Theater abbrannte, 1938 wurden dann noch dazu die Spiele von den Nationalsozialisten verboten, wie im neuen Erl-Buch von Erwin Thrainer und Peter Kitzbichler nachzulesen ist. Der Verein ging in Konkurs, aber 1946, nur ein Jahr nach dem Kriegsende, griffen die Erler die Idee der Passionsspiele wieder auf. Aber es sollte noch 13 Jahre dauern, bis sich die Tore zum neuen Haus nach den Plänen des Architekten Robert Schuller erstmals öffneten.
Zuvor gab es den mutigen Beschluss des Passionsspielkomitees, dieses Haus zu bauen. Gegen den Willen des Pfarrers, der ein gewichtiges Wort mitzureden hatte und ein kleines Gebäude errichten wollte. Auf drei Millionen Schilling wurden die Kosten ursprünglich geschätzt (es kostete schließlich das Doppelte), damals ein Vermögen. Zum Vergleich: Die Gemeinde hatte nur rund 700.000 Schilling Jahresbudget.
Aber die Erler halten zusammen, wenn es um die Passionsspiele geht. Damals wie heute. Um neben den Förderungen der öffentlichen Hand Geld aufzutreiben, zeichneten sie Anteilscheine und bürgten so für eine Million Schilling. Ohne Sicherheiten. „Da war schon Gottvertrauen dabei, sich da drüber zu wagen“, meint Chronist Kitzbichler.
Dafür erhielt Erl einen gewagten und kühnen Bau. So hieß es zum Beispiel in der Tiroler Tageszeitung des Jahres 1958, die am 27. Dezember über die Firstfeier berichtete: „Erst jetzt, da sich das gewaltige Dach gleichsam wie eine verwegen aufgesetzte Mütze über Bühnen- und Zuschauerraum in ihrer gähnenden Leere geschlossen hat, wird sich der Betrachter der Monumentalität des im Juni vorigen Jahres begonnenen Baues deutlicher bewusst.“
Kitzbichler kann sich noch an diese Firstfeier für das 36 Meter hohe Haus, das von der Erler Firma Pfisterer gebaut wurde, erinnern. Eigentlich hätte es da bereits fertig sein sollen. Nur stockte der Bau zwischenzeitlich, da die Geldflüsse des Bundes zum Erliegen kamen. So kam 1959, also vor 60 Jahren, der große Tag. Unter den Kindern des Volkes der ersten Aufführung stand auch Kitzbichler – einer „Erler Krankheit“ entsprechend, bei der man bereits von klein auf vom Passionsvirus befallen ist. Das Gottvertrauen sollte sich bezahlt machen.
Zur ersten Saison kamen an die 100.000 Besucher (2013 waren es 60.000, aber bei weniger Aufführungen). Man spielte drei Jahre hintereinander (normal ist der Sechsjahreszyklus), aber 1963 war der Verein schuldenfrei. Doch es gab auch Kritik am Haus, Apostelsilo war noch eher scherzhaft, Atommeiler eher boshaft gemeint.
Immer wieder wurden Veränderungen durchgeführt, auch an der Haustechnik. Aber das Äußere begeistert heute mehr denn je, und nicht erst seit in unmittelbarer Nachbarschaft das neue Festspielhaus als Symbiose entstanden ist. (wo)