Dankeschön an Lehrer: Geld und Gutscheine immer verboten
Der Korruptions-Rechtsdschungel ist dicht. Wegen des Bargeldannahmeverbots muss die Kaffeekasse der Schwestern an einer öffentlichen Klinik leer bleiben.
Von Brigitte Warenski
Innsbruck – Eine Flasche Wein, eine Uhr als Werbegeschenk, die Einladung ins Wellnesshotel oder ein Beitrag für die Kaffeekasse. Eine Person schenkt einer anderen Geld oder Güter, um dadurch bestimmte Vorteile zu erreichen. Was erlaubt und verboten ist, um Korruption zu verhindern, ist per Gesetz geregelt.
Um sich im dichten Dschungel der Antikorruptionsbestimmungen zurechtzufinden, steht seit dieser Woche, wie berichtet, die „Beratungsstelle Compliance“ den Nationalratsabgeordneten zur Verfügung. Weil sich auch Landtagsabgeordnete als Amtsträger an das Antikorruptionsgesetz halten müssen, ist „Compliance“ (rechtskonformes Handeln) auch Thema in Tirol. „Wir schauen jetzt vorerst, wie die Beratung auf Nationalratsebene läuft“, sagt Renate Fischler von der Landtagsdirektion. Letztendlich ist für Fischler aber die Rechtskonformität „Eigenverantwortung eines jeden Politikers“. Intern festgesetzte Verhaltensgrundsätze gibt es für alle Mitarbeiter der Landesverwaltung. „Sie werden seit 1996 in Erlässen von der Landesamtsdirektion festgeschrieben. Sie sollen eine transparente und effiziente Verwaltung gewährleisten und dienen vor allem auch der Korruptionsprävention (Befangenheit, Geschenk- und Vorteilsannahme)“, sagt Bettina Sax von der Pressestelle des Landes. Die Annahme von Kleinigkeiten von geringem Wert ist erlaubt, „eine hochwertige Flasche Wein oder Schnaps aber nicht“, so Sax.
Wie gefinkelt das Gesetz ist, erklärt Andreas Scheil, Strafrechtsexperte an der Universität Innsbruck, an einem Beispiel. Erlaubt sind z. B. Geschenke für die Putzfrau, die für die Reinigung der Gänge in einer Klinik – die zu mindestens 50 % in öffentlicher Hand ist – verantwortlich ist. Nicht erlaubt ist das jedoch bei einer Reinigungskraft eines Operationssaales. „Der Unterschied besteht darin, dass es sich bei der OP-Reinigung um eine Arbeit handelt, ohne die das Unternehmen nicht funktioniert, weil ein nicht steriler OP-Saal gefährlich wäre.“ Oft diskutiert wird auch die Frage, ob man dem Lehrer eine Aufmerksamkeit zukommen lassen darf. „Landes- und ortsübliche Aufmerksamkeiten von geringem Wert (bis 100 Euro) wie einen Blumenstrauß darf man annehmen“, so Scheil. Fordert der Lehrer aber vorab ein Dankeschön für unverdient gute Noten, die für das Kind dann die Eintrittskarte ins Gymnasium sind, „dann ist Bestechlichkeit bzw. Bestechung für Nehmer wie Geber strafbar“, erklärt Scheil.
Was immer verboten ist, sind Geldgeschenke oder Gutscheine. Nimmt eine Beamtin „als Dankeschön“ den Gutschein für den Friseur an, „hat das disziplinäre Maßnahmen zur Folge, die bis zur Entlassung führen können“. Verboten sind damit auch Kaffeekassen. „Geld für die Kaffeekasse darf von einem Bundes-
Landesbeamten, Bundes-/Landesvertragsbediensteten laut Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofs nie gefordert oder angenommen werden.“
Corrumpere (lateinisch): bestechen, verderben, vernichten
Antikorruptionsgesetz: Unter Korruption wird der Machtmissbrauch zum persönlichen Nutzen oder Vorteil verstanden. Personen werden bestochen, um raschere Entscheidungen zu erreichen, um bei Entscheidungen bevorzugt zu werden oder um zu Entscheidungen zu kommen, auf die inhaltlich kein Anspruch bestehen würde. Das Antikorruptionsgesetz regelt, was erlaubt und was verboten ist. Es gilt sowohl im geschäftlichen Verkehr als auch, seit 2012, im öffentlichen Bereich für alle Amtsträger.
Amtsträger: Alle Personen wie Abgeordnete, Beamte oder Vertragsbedienstete, die Aufgaben der Gesetzgebung, Verwaltung oder Justiz für internationale Organisationen (z. B. UNO), für Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungsträger oder Kammern wahrnehmen; Personen, die hoheitlich tätig werden (z. B. der KFZ-Techniker bei der Ausstellung der §57a-KFG-Plakette); Personen, die in Unternehmen tätig sind, an denen Gebietskörperschaften unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 50 % beteiligt sind oder die in Unternehmen arbeiten, die irgendeiner Art von Rechnungshofkontrolle unterliegen (z. B. ORF).
Transparency International – Austrian Chapter: Der Verein zur Korruptionsbekämpfung (www.ti-austria.at) hat sich zum Ziel gesetzt, das Bewusstsein gegen Korruption und für Transparenz in Österreich zu sensibilisieren sowie einschlägige Maßnahmen und Reformen zu mobilisieren. Dafür werden auch Analysen über das österreichische Integritätssystem durchgeführt.