Spanien - Patt zwischen rechtem und linken Block bei Wahlen erwartet

Madrid (APA) - Mit dem ersten von zwei TV-Duellen hat am Montagabend die entscheidende Phase im spanischen Wahlkampf begonnen. Die Fernsehde...

Madrid (APA) - Mit dem ersten von zwei TV-Duellen hat am Montagabend die entscheidende Phase im spanischen Wahlkampf begonnen. Die Fernsehdebatte im öffentlichen Staatssender TVE war von enormer Bedeutung. Immerhin wissen laut Umfragen 41,6 Prozent der Spanier noch nicht, welcher Partei sie am kommenden Sonntag ihre Stimme geben.

„Der Katalonien-Konflikt, das Aufkommen der neuen rechtspopulistischen Vox-Partei und die möglichen Koalitionsbildungen verunsichern und polarisieren die Spanier zugleich“, erklärte Wahlexperte Kiko Llaneras im APA-Gespräch den Grund für die Unentschlossenheit vieler Wähler. Zudem fiel die erste Wahlkampagnenwoche in die Osterferien und erreichte nur wenige Spanier.

So war nun das Interesse groß. 9,6 Millionen Personen verfolgten die TV-Debatte, 47 Prozent der Einschaltquote. Für die vier Spitzenkandidaten stand also viel auf dem Spiel. Vor allem, weil sämtliche Wahlumfragen praktisch ein Patt zwischen dem konservativ-rechten Lager und dem links-sozialistischen Block vorhersagen.

Die Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sanchez (PSOE) und die Linkspopulisten von Podemos-Chef Pablo Iglesias dürften voraussichtlich auf die Unterstützung von den baskischen Nationalisten oder den katalanischen Separatisten ERC hoffen, um eine Regierungsmehrheit zu bekommen. Unterdessen müssen die konservative Volkspartei (PP) von Oppositionsführer Pablo Casado und die konservativ-liberalen Ciudadanos wahrscheinlich die neue rechtspopulistische Vox-Partei an Bord holen, um eine Regierung auf die Beine zu stellen.

Für den sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez, der als Wahlfavorit mit den Angriffen der beiden konservativen Oppositionsparteien rechnen musste, stand bei der TV-Debatte vielleicht am meisten auf dem Spiel. Allerdings war seine Rolle auch die leichteste: Er musste nur Fehler vermeiden. Und das hat er getan. Der 47-Jährige verteidigte ruhig seine Linie, punktete mit der Auflistung seiner bisherigen Regierungserfolge, vor allem mit seiner sozialpolitischen Wirtschaftsmaßnahmen, stellte die jüngsten Korruptionsskandale der Konservativen erneut heraus und schürte die Angst vieler Spanier vor den polemischen Rechtspopulisten, welche die konservativen Parteien wahrscheinlich in die Regierung holen müssen, um regieren zu können.

PP und Ciudadanos gelang es zwar, die Debatte über die neue Vox-Partei größtenteils zu vermeiden, standen jedoch sichtlich vor einem Dilemma: „Wären sie zu aggressiv gegen Sanchez vorgegangen, hätten sie die linken Wähler mobilisiert. Und eine zu weiche Gangart mit den Sozialisten wären den neuen Rechtspopulisten entgegengekommen, zu denen hauptsächlich PP-Wähler in Massen abwandern“, erklärte Wahlexperte Kiko Llaneras.

So versuchten die beiden konservativen Parteiführer es mit einem Mittelweg. Doch der ging vor allem für Oppositionsführer Pablo Casado nach hinten los. Er gilt als der große Debattenverlierer. Zumal ihn sein wahrscheinlicher Koalitionspartner Albert Rivera in den Schatten stellen konnte. Rivera, eindeutiger Debatten-Gewinner, verschonte Casado zwar mit größeren Angriffen, konnte seine noch junge Ciudadanos-Partei gleichzeitig aber erfolgreich als politische Alternative zur PP am rechts-konservativen Wählerrand verkaufen.

So deutete er auch immer wieder – und zu Recht - an, die Zeit des spanischen Zweiparteien-Systems, in dem sich Sozialisten und Konservative an der Macht abwechselten und teilweise mit absoluten Mehrheiten regierten, sei endgültig vorbei. Gleichzeitig traf er Wahlfavoriten Pedro Sanchez da, wo es ihm am meisten wehtat. Immer wieder betonte Rivera, der sozialistische Ministerpräsident hätte durch die angeblichen Verhandlungen mit Kataloniens Separatisten die Einheit des Landes gefährdet. Während der TV-Debatte stellte er sogar ein gerahmtes Foto von Sanchez mit Kataloniens separatistischen Präsidenten Quim Torra auf sein Rednerpult.

Tatsächlich hat Sanchez mithilfe der katalanischen Separatisten im Sommer per Misstrauensantrag die Konservative aus der Macht vertrieben und anschließend versucht, den Konflikt politisch zu lösen. Da die Separatisten aber nach wie vor ein Referendum über die Trennung von Spanien forderten, scheiterten die Gespräche und Sanchez rief Neuwahlen aus. Doch weder Rivera noch Casado schafften es, den polemischen Katalonien-Konflikt zum Zentrum der Debatte zu machen.

Während sie jedoch versuchten, Sanchez in die Mangel zu nehmen, stach der linkspopulistische Spitzenkandidat von Unidas Podemos mit einer ruhigen, aber konsequenten Strategie in der TV-Debatte hervor. „Lassen wir die Zwischenrufe und die Beleidigungen bleiben und nutzen wir die Gelegenheit, die Spanier mit konkreten Wahlvorschlägen zu überzeugen“, überraschte Pablo Iglesias die drei anderen Kandidaten.

Iglesias, der Pedro Sanchez erneut eine Regierungskoalition anbot, argumentierte mit der spanischen Verfassung in der Hand tatsächlich mit vielen konkreten Maßnahmen und Ideen. Er gilt nach Albert Rivera ebenfalls als einer der Debattensieger. Das war auch notwendig. Denn nach parteiinternen Streitereien und zahlreichen Skandalen muss seine linkspopulistische Parteienallianz mit Izquierda Unida mit schweren Wahlverlusten am kommenden Sonntag rechnen und dürfte nur wenige Stize mehr als die neuen Rechtspopulisten bekommen, die nicht an der TV-Debatte teilnehmen durften, da sie noch nicht im Parlament vertreten sind, obwohl sie auf 12 Prozent der Stimmen hoffen dürfen. Am Dienstagabend startet die zweite und letzte TV-Debatte im Privatsender der Atresmedia-Gruppen.