Kämpfe in Libyen

Bericht: Etwa 100.000 Menschen in Libyen bereit für Abfahrt nach Italien

Ein Soldat der libyschen Einheitsregierung feuert bei Gefechten im Süden von Tripolis einen Granatwerfer ab.
© AFP

Laut Geheimdienstquellen warten etwa 100.000 Personen auf die Überfahrt – und nicht 800.000, wie zuletzt vom libyschen Premier verlautbart. Bisher gebe es laut der italienischen Regierung keinen Anstieg bei den Ankünften.

Tripolis – Mehr als 100.000 Menschen in Libyen warten einem Medienbericht zufolge auf die Abfahrt nach Italien. Das meldete die italienische Tageszeitung La Stampa (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf Geheimdienstquellen. Der libysche Premier Fayez al-Serraj, dessen Regierung von den Vereinten Nationen unterstützt wird, hatte zuletzt von 800.000 möglichen Abfahrten gesprochen. Bisher gebe es laut der italienischen Regierung keinen Anstieg bei den Ankünften.

„Sollte die Offensive des libyschen Generals (Khalifa) Haftar gegen die Regierung in Tripolis zu einem offiziell von der UNO anerkannten Krieg werden, würde sich der Status der Menschen in Libyen ändern. Die italienische Regierung könnte sich nicht weigern, ihnen zu helfen“, kommentierte La Stampa. Italien könnte die Politik der geschlossenen Häfen, die der rechte italienische Innenminister Matteo Salvini vorantreibt, nicht mehr verteidigen. Unter jene Migranten, die nach Europa kommen wollten, könnten sich viele Libyer mischen, so die Zeitung.

Das Thema Libyen stand im Mittelpunkt eines Telefongesprächs zwischen US-Präsident Donald Trump und dem italienischen Premier Giuseppe Conte am Montagabend. Der italienische Regierungschef hatte sich zuletzt vor dem Parlament in Rom wegen der jüngsten Entwicklungen in Libyen besorgt gezeigt. Libyen war bisher vor allem Transitland für Migranten aus anderen afrikanischen Ländern auf dem Weg nach Europa.

Rebellen kündigen neue Offensive an

Bei den Kämpfen um die Hauptstadt Tripolis haben die Rebellen eine neue Offensive angekündigt. Die seit drei Wochen anhaltenden Angriffe sollten in den nächsten Tagen wieder verstärkt werden, sagte ein Sprecher der Libysche Nationalarmee (LNA). Dazu würden neue Reserve-Einheiten an die Front verlegt.

Der Sprecher bestritt Berichte, wonach die Rebellen sich zuletzt etwas zurückziehen mussten. Der Vormarsch habe sich lediglich verlangsamt, weil die Kämpfe nun in dicht bewohnten Stadtgebieten geführt würden.

Der im Osten des Bürgerkriegslandes herrschende General Haftar hat Anfang April eine Offensive gegen die Truppen der international anerkannten Regierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj gestartet, die in den Außenbezirken von Tripolis ins Stocken geraten ist.

Mindestens 250 Tote

Seit Beginn der Kämpfe wurden der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge mehr als 250 Menschen getötet, über 1225 Menschen wurden verletzt. Der ölreiche Wüstenstaat ist seit dem Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 in rivalisierende Lager gespalten. (TT.com, APA/Reuters)