1942 - 2019

Schauspielerin Hannelore Elsner im Alter von 76 Jahren gestorben

Schauspielerin Hannelore Elsner.
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Sie begann als Starlet an der Seite von Freddy Quinn, war lange Jahre TV-Kommissarin und glänzte in preisgekrönten Dramen. Hannelore Elsner stand fast sechs Jahrzehnte vor der Kamera - bis zuletzt. Jetzt ist die Schauspiel-Legende im Alter von 76 Jahren gestorben.

Von Ira Schaible, dpa

Frankfurt am Main — Egal ob Komödie, Charakterrolle oder die als Fernsehkommissarin: Hannelore Elsner gehörte viele Jahrzehnte zu den bekanntesten und beliebtesten Schauspielerinnen in Deutschland. Im Alter von 76 Jahren ist die temperamentvolle Theater-, TV-, und Filmschauspielerin am Ostersonntag nach kurzer, schwerer Krankheit in München gestorben. Sie galt als eine der großen Diven des deutschen Nachkriegsfilms.

Schon als Jugendliche stand die 1,60 Meter große Elsner vor der Kamera. Mehr als 200 Fernseh- und Kino-Rollen nahm die ausdrucksstarke Schauspielerin mit dem strahlenden Lachen und der markanten Stimme seither an.

Elsner im Jahr 1970.
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Einer ihrer letzten öffentlichen Auftritte war Ende Februar in München bei der Premiere des zweiten „Kirschblüten"-Films von Doris Dörrie. Mitte März begann Elsner in München und Umgebung mit den Dreharbeiten zu einem Märchenfilm. ~ Oft als kapriziöse Diva beschrieben, war Elsners Geburtsdatum lange nicht klar: An ihrem 52. Geburtstag wurde sie „öffentlich als Fünfzigjährige gefeiert, mit großem Tamtam und Interviews", schreibt sie in ihrer Autobiografie „Im Überschwang". Darin beschwert sie sich auch: „Ich muss über mein Alter reden, seit ich 25 bin." Und: „Mir gefällt die buddhistische Idee, die sagt, bis 60 ist man jung, ab 60 wird man älter."

Bewegte Kindheit, bei Spaziergang entdeckt

Das Leben der gebürtigen Bayerin ist bewegt: Schon als kleines Mädchen muss sie den Tod ihres geliebten älteren Bruders verkraften. Bald darauf stirbt der Vater. Sie wechselt häufig die Schule und übernimmt als 14-Jährige in München kleinere Jobs, weil das Geld knapp ist. „Ich war nirgendwo richtig daheim", schreibt sie über ihre Jugend, schildert aber auch ihre unbändige Lebenslust.

Mit 16 Jahren sei sie in München bei einem Spaziergang mit ihrer Mutter entdeckt worden - von dem türkischen Regisseur Halit Refig. Nach Proben in Istanbul durfte sie auf die Schauspielschule und übernahm bald kleinere Rollen in Filmen mit Stars wie Hans-Joachim Kulenkampff und Freddy Quinn. Sie schwärmte jedoch für den französischen Film.

ORF ändert sein Programm

Der ORF ändert in memoriam Hannelore Elsner sein Programm:

Gezeigt wird am Mittwoch, dem 24. April 2019, um 20.15 Uhr auf ORF 2 das Dakapo der ORF/BR-Komödie "Die Diva, Thailand und wir!". Die mehrfach preisgekrönte Schauspielerin gibt darin eine ehemalige Operndiva, die ihre Familie in den Wahnsinn treibt und sich so schließlich in einem Luxus-Altersheim im fernen Thailand wiederfindet.

Am Sonntag, dem 28. April, um 14.35 Uhr erwartet das Publikum von ORF 2 außerdem ein Wiedersehen mit der ORF/ZDF-Romanze "Ein Sommer im Burgenland".

"Das Ableben von Hannelore Elsner macht tief betroffen. Nicht nur, weil ihr nuanciertes, facettenreiches und immer wieder anderes Spiel viele Publikumsgenerationen berührt und bezaubert hat, sondern weil mit ihr eine große Könnerin auf der Bühne und im Film von uns geht, die durch und durch Dame und Vollblut-Schauspielerin war. Danke für ungezählte Stunden der feinen Unterhaltung - wir werden sie vermissen", sagte ORF-Programmdirektorin Kathrin Zechner in einer Aussendung am Dienstag.

Ihre Agentin habe ihr damals geraten, die Nase schmaler machen und die Zähne begradigen zu lassen, sowie sich einen Künstlernamen zuzulegen, erinnert sich Elsner. Sie hörte nicht darauf, strich nur das „t" aus ihrem Geburtsnamen Elstner. Mit etwa 19 Jahren stand sie zum ersten Mal auf einer Theater-Bühne. Ihre erste von zahlreichen Auszeichnungen bekam Elsner mit 29 Jahren: die Goldene Kamera für die Rolle der Sasha in Tschechows Stück „Iwanow". Ihren Ruhm als preisgekrönte Charakterdarstellerin begründete sie erst um die Jahrtausendwende.

Ihre erste größere Kinorolle hatte sie 1961 in dem Film „Das Mädchen mit den schmalen Hüften". Starregisseur Jürgen Roland vertraute ihr ein Jahr später in der Krimiserie „Stahlnetz" ihre erste Hauptrolle an. Als Durchbruch zu internationaler Anerkennung gilt ihre Hauptrolle in Alf Brustellins Film „Berlinger" (1975). Drei Jahre später drehte sie mit ihm „Der Sturz" nach einem Roman von Martin Walser.

Zwei Ehen, ein Sohn

Brustellin war seit 1973 ihr Partner. Von ihrem ersten Ehemann, dem 18 Jahre älteren Schauspieler Gerd Vespermann, war sie längst geschieden. Sie lernte Brustellin bei den Dreharbeiten für den Kinofilm mit Elke Sommer und Mario Adorf „Die Reise nach Wien" (Regie: Edgar Reitz) kennen. Die Dreharbeiten helfen ihr über den plötzlichen Tod der Mutter hinweg, das Verhältnis schilderte sie als schwierig.

Der Filmemacher starb 1981 bei einem Verkehrsunfall. Da war Elsners einziges Kind, ihr Sohn Dominik, gerade ein halbes Jahr alt. Sie hatte Monate mit dem Neugeborenen im Krankenhaus verbracht, weil es zu früh auf die Welt gekommen war. Vater ist der Regisseur Dieter Wedel.

Hannelore Elsner mit Ehemann Uwe Carstensen im Jahr 1999. Ein Jahr später ging die Ehe auseinander.
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Später war Elsner „drei wunderschöne Jahre" mit dem Filmproduzenten Bernd Eichinger zusammen. 1993 heiratete sie den Theaterdramaturgen und Verlagsleiter Uwe Carstensen und zog mit ihm von München nach Frankfurt am Main, die Ehe ging 2000 auseinander.

Mit einem Blumenstrauß in der Hand genießt Hannelore Elsner 2008 im Renaissance-Theater in Berlin den Schlussapplaus des Publikums.
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Im Fernsehen war Elsner in der ARD-Serie „Die Kommissarin" (1994-2006) besonders erfolgreich. Als Lea Sommer war sie eine der bekanntesten deutschen TV-Ermittlerinen. In Pumps, Kostüm und schwarzer Lederjacke ermittelte sie in fast 70 Folgen. Til Schweiger war anfangs ihr Assistent.

Auf die Bühne kehrte sie 1996 mit dem Solostück „Eine tot-normale Frau" zurück. Ohne dieses sei sie nicht bereit gewesen für „Die Unberührbare" (2000), berichtete sie. Ihre Darstellung einer vom Leben gekennzeichneten Schriftstellerin brachte ihr den Deutschen Filmpreis ein. Gleich noch einmal bekam sie ihn für ihren Leinwandmonolog einer Schauspielerin in „Mein letzter Film" (2002) nach einem Drehbuch von Bodo Kirchhoff.

Trauer um eine von Deutschland große Filmdiven

Freunde und Kollegen drückten am Dienstag ihre Trauer aus. „Du weißt ja, ich fand dich großartig und ich habe mich jedesmal ein Stückchen mehr in dich verliebt. Du wirst sehr fehlen", schrieb Schauspieler Matthias Schweighöfer bei Instagram. „Ich bin unfassbar traurig", schrieb Veronica Ferres ebendort. Til Schweiger formulierte auf Englisch, er könne es kaum glauben und es sei ein viel zu früher Tod: „Hannelore, i dont't wanna believe you passed away! Way too early!"

Im 3sat-Magazin „Kulturzeit" sagte Iris Berben am Abend: „Sie ist ein großartiger Mensch gewesen, ein wunderbarer Freund. Laut, laut, verrückt, spontan, und sehr, sehr mutig."

„Hannelore Elsner hat die deutsche Kino- und Fernsehwelt geprägt wie keine andere", erklärte Martin Moszkowicz, Vorstandsvorsitzender der Filmgesellschaft Constantin in München. Die Münchner Regisseurin Doris Dörrie würdigte Elsner „als eine große Abenteuerin, die sich mit Neugier, Hingabe und Tapferkeit in jede Rolle und in ihr Leben gestürzt hat". Dörrie hatte zuletzt „Kirschblüten & Dämonen" mit Elsner gedreht. Der Film war erst im März in die Kinos gekommen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach dem Sohn der Schauspielerin sein Beileid aus. „Mit Hannelore Elsner verlieren wir eine wundervolle Schauspielerin und einen großartigen Menschen. In vielen Rollen im Fernsehen, im Kino und auf der Bühne hat sie uns Schwächen und Stärken der Menschen vor Augen geführt." Die Deutsche Filmakademie würdigte Hannelore Elsner als herausragende Charakterschauspielerin. „Ihre Intensität, ihr Humor und ihre sinnliche Intelligenz werden uns sehr fehlen", teilte der Schauspieler und Akademiepräsident Ulrich Matthes mit.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) würdigte Elsner als Schauspielerin mit Leib und Seele. „Sie formte ihre Rollen mit Leidenschaft und echter Hingabe und zog so ein großes Publikum über Jahrzehnte hinweg in Theater, Film und Fernsehen in ihren Bann." Außenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete Elsner als „Ikone des deutschen Films".