TT-Interview

Chirurg und Kabarettist Omar Sarsam: „Blödelei ist mir heilig“

Omar Sarsam im Comedy-Einsatz. Auch als Sänger hat er von sich hören gemacht.
© Hans Eder

Omar Sarsam ist das Licht starker Scheinwerfer gewöhnt. Als Chirurg operiert er Kinder, als Kabarettist massiert er Lachmuskeln.

Herr Sarsam, Sie haben zwei Berufe: Kinderchirurg und Kabarettist. Womit verdienen Sie Ihre Brötchen in der Hauptsache?

Omar Sarsam: Über mein Einkommen als Arzt darf ich nicht sprechen, sonst bekomme ich nie einen Kassenvertrag. Aber den Stundensatz eines Mediziners sollte man sich nicht zu hoch vorstellen. Wenn man wirklich viel verdienen will, muss man Anwalt werden. Also: Ich bin zu 100 Prozent Arzt und zu 100 Prozent Kabarettist.

200 Prozent werden schwer zu schaffen sein.

Sarsam: Als ich noch in der Klinik arbeitete, waren 70 Arbeitsstunden in der Woche die Regel. Auf mehr als 70 Stunden komme ich jetzt mit eigener Praxis und dem Kabarett auch nicht.

Ärzten wird ein eigener, sehr trockener Humor nachgesagt. Lässt es sich so erklären, dass Sie neben der heiklen Arbeit im OP auch auf Bühnen stehen, um ein Publikum zu unterhalten?

Sarsam: Jeder Chirurg glaubt, er sei der beste der Welt – und in meinem Fall stimmt es auch. Aber Scherz beiseite: Man muss als Chirurg davon überzeugt sein, dass es richtig ist, was man tut. Sonst würde man sich nie getrauen, in einen Menschen hineinzuschneiden. Und in meinem Fach ist Humor ganz besonders wichtig, denn meine Patienten sind Kinder. Da hilft Lachen sehr. Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit: Fehler passieren in der Medizin genauso wie auf der Bühne.

Am Thema Arzt kommen Sie in Ihrem Programm logischerweise nicht vorbei.

Sarsam: Mein Programm ist vom Arztberuf inspiriert, doch es ist kein Ärzte-Kabarett. Es gibt bei mir auch klassische Stand-up Comedy und Musik mit Gitarre, Klavier und Loop Station. Und natürlich spielt auch meine Herkunft mit herein.

Die ist ziemlich bunt.

Sarsam: Meine Großmutter stammt aus Zagreb, sie ist in Baden bei Wien aufgewachsen. Ihren Mann, einen Iraker, hat sie in Wien kennen gelernt. 1946 sind meine Großeltern in den Irak ausgewandert, das war damals ein ruhiges Land. Mein Vater, halb Iraker, halb Österreicher, hat eine Irakerin geheiratet. In den 70er-Jahren sind meine Eltern nach Wien zurückgekehrt. 1980 kam dann ich auf die Welt und blieb ein Einzelkind.

Im Irak spricht man Arabisch, im Iran Persisch, diesen Umstand verarbeiten Sie in Sketches.

Sarsam: Ich selbst spreche nur gebrochen Arabisch. Diese Sprache klingt irgendwie härter, Persisch dagegen weicher, das kennt man ja von Michael Niavarani, der iranische Wurzeln hat. Sprachen mögen unterschiedlich sein, aber abseits davon haben wir Menschen, egal welcher Herkunft, doch auch viel gemeinsam.

Woran denken Sie da?

Sarsam: An Verstopfung zum Beispiel. Das ist ein weltweites Phänomen, das verbindet auch irgendwie.

Kabarettisten hilft es, wenn sie außer einem losen Mundwerk weitere Talente mitbringen. Bei Ihnen ist es Musikalität.

Sarsam: Ich spiele Klavier und Gitarre schlecht, aber mit Liebe. Ich kann keine Noten lesen und habe mich da auch in meiner Musical-Ausbildung durchgeschummelt. Ich weiß zwar, wo das C ist, doch der Umweg über Noten würde mich nur ablenken. Ich komme mit drei Akkorden auf zwei Instrumenten gut aus. Kennen Sie den? Ein Rockmusiker spielt drei Akkorde für 3000 Leute, ein Jazzgitarrist 3000 Akkorde für drei Leute.

Mit den „Discoparty Bro­thers“ haben Sie auf Youtube einen Single-Hit gelandet. „Disco, Disco, Party, Party“ heißt der Song, dessen Intention es wohl einfach ist, Spaß zu machen.

Sarsam: Blödelei ist mir heilig. Ich möchte Menschen dazu bringen, kindlich zu lachen, ohne Hintergedanken, ohne Angst, etwas misszuverstehen. Ich bin nicht der Lehrer des Publikums, es muss nicht klüger werden.

17,6 Millionen Mal wurde Ihr Song auf Youtube schon gehört. Das muss doch die Kassa klingeln lassen?

Sarsam: Und wie! Vor Kurzem erhielt ich die AKM-Abrechnung, also die Tantiemen, für den Monat Jänner. Acht Cent habe ich erhalten, ja, richtig gehört: acht Cent. Youtube bringt nicht wirklich viel. Als Youtuber könnte ich meine Familie nicht ernähren.

Ein ernstes Thema zum Schluss: Erlebten Sie als „Österreicher mit Migrationshintergrund“ jemals Ausländerfeindlichkeit?

Sarsam: Nein, Ausländerfeindlichkeit habe ich nicht erlebt. Aber mein Doktortitel kommt mich manchmal teuer zu stehen. Immer wenn bei einem Angebot „Preis auf Anfrage“ steht, sollte man bei dieser Anfrage dann den Doktortitel weglassen. Sonst fällt die Rechnung gerne höher aus. Ein kleiner Tipp von mir zum Schluss.

Das Gespräch führte Markus Schramek

Zur Person

Omar Sarsam, 39 , ist Kinderchirurg mit eigener Praxis in Wien. Mit seiner Frau hat der Herr Doktor auch selbst zwei Kinder im Alter von acht und drei Jahren.

Seit 2016 tritt Sarsam mit eigenen Kabarettprogrammen auf. Darüber hinaus ist der Wiener mit irakischen Wurzeln auch Mitglied des Rateteams in der ORF-Show „Was gibt es Neues?".

Tirol-Termin. Am 27. April tritt Sarsam mit dem Programm „Diagnose: Arzt" in der

Kulturfabrik Kufstein auf (20 Uhr, nur noch Restkarten).