Wirtschaftspolitik

Chinas Versprechen einer schönen neuen Welt

Im China von morgen: Bundeskanzler Sebastian Kurz und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner zu Besuch bei Alibaba-Gründer Jack Ma in Hangzhou.
© BUNDESKANZLERAMT

Mit dem Seidenstraßen-Projekt zeigt China Weltmachtambitionen. Und das Unternehmen Alibaba will den Online-Handel weltweit dominieren.

Von Christian Jentsch aus China

Hangzhou –Willkommen in Chinas schöner neuer Welt. Einen Tag bevor Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) heute in Peking an der Eröffnung des zweiten Seidenstraßen-Forums teilnimmt, besuchte er gestern die Zukunft des aufstrebenden Riesenreichs, das sich anschickt, die westliche Weltordnung aus den Angeln zu heben. Kurz war zu Besuch beim chinesischen Internetkönig Jack Ma im Headquarter seines Online-Imperiums Alibaba in Hangzhou, einer Acht-Millionen-Metropole südwestlich von Schanghai.

Der einstige Englischlehrer baute einen Handelsgiganten mit eigenem Bezahlsystem auf, der mittlerweile rund 420 Milliarden US-Dollar schwer ist. Rund 700 Millionen Kunden nutzen die Dienste allein in China, rund eine Milliarde weltweit. Da musste Amazon in China die Segel streichen. Die Expansionsgelüste des Jack Ma sind aber längst nicht gestillt, er will zwei Milliarden Kunden gewinnen, vor allem in Afrika und auch in Europa sieht er Potenzial.

Mit dem Projekt einer Electronic World Trade Plattform will Alibaba große Teile der Bevölkerung in die digitale Handelsplattform miteinbinden – von den Bauern im ländlichen China, die geschult werden und ihre Produkte online anbieten können, bis hin zu jungen Unternehmern weltweit. Darüber hinaus soll ein System von Mikrokrediten für die nötige Finanzierung und Mobilisierung sorgen. Und freilich nimmt Alibaba auch die Daten seiner Kunden ins Visier. Um etwa Verkehrsströme in Städten besser leiten zu können.

Österreichische Produkte werden bisher auf Alibaba so gut wie gar nicht angeboten. Das soll sich ändern. 30 klein- und mittelständische österreichische Unternehmen sollen künftig über Alibaba den chinesischen Markt erobern können, erklärte der Kanzler nach einem Gespräch mit Jack Ma, der sich ab September aus dem Unternehmen zurückziehen wird. Für Kurz ist der Alibaba-Gründer ein „wichtiger Ideengeber“. Er habe „ein Sensorium dafür, was möglich ist“. Und Kurz warnt angesichts der rasanten Entwicklung in China vor einem Europa, das in Zukunftsfragen komplett den Anschluss verlieren könnte. In Europa sei man neuen Ideen gegenüber viel weniger aufgeschlossen, übe sich mehr im Blockieren, verliere sich in Angst und drohe damit den Anschluss zu verlieren.

Die aufstrebende Weltmacht China lockt mit riesigem Potenzial, vor allem was die wachsende Mittelschicht betrifft. China ist mittlerweile Österreichs wichtigster Wirtschaftspartner in Asien mit einem Handelsvolumen von 13,2 Mrd. Euro. Wenn Chinas allmächtiger Präsident Xi Jinping heute in Peking die zweite Seidenstraßenkonferenz – auch Belt and Road Forum Initiative (BRI) genannt – eröffnet und Staats- und Regierungschefs aus rund vierzig Ländern um sich versammelt, wird Kurz zwar dabei sein, ein Rahmenabkommen, wie es zuletzt das EU- und G7-Land Italien gemacht hat, wird er aber nicht unterzeichnen.

Kurz fordert wie viele andere europäische Länder von China eine stärkere Marktöffnung, einen fairen Freihandel und prangert auch an, dass China in der WTO immer noch als Entwicklungsland geführt wird. Die Seidenstraße dürfe keine Einbahnstraße sein.

Rund eine Billion US-Dollar will China im Rahmen des Projekts in neue Häfen, Autobahnen und Straßen für neue Handelsrouten stecken und setzt damit ein Zeichen: China wird im Machtkampf um die Etablierung einer neuen Weltordnung nicht nur zusehen. Es will die erste Geige spielen.