Sri Lanka - Anschlagsgefahr in Sri Lanka noch nicht gebannt

Colombo (APA/AFP) - Vier Tage nach den blutigen Anschlägen in Sri Lanka ist die Gefahr weiterer Angriffe offenbar nicht gebannt: Im ganzen L...

Colombo (APA/AFP) - Vier Tage nach den blutigen Anschlägen in Sri Lanka ist die Gefahr weiterer Angriffe offenbar nicht gebannt: Im ganzen Land bleiben die katholischen Kirchen auf Anraten der Sicherheitsbehörden vorerst geschlossen, während die Suche nach weiteren Verdächtigen intensiviert wurde. Der höchste Beamte des Verteidigungsministeriums musste nun seinen Posten räumen.

Hemasiri Fernando habe dem Präsidenten sein Rücktrittsschreiben übergeben und sein Versagen eingestanden, sagte ein Ministeriumsvertreter. Regierung und Behörden stehen unter großem Druck, da es im Vorfeld der Selbstmordattentate konkrete Hinweise und Warnungen gegeben hatte. Auch der Polizeichef des Inselstaates war von Präsident Maithripala Sirisena angewiesen worden, seine Kündigung einzureichen.

Bei den Anschlägen auf drei Fünf-Sterne-Hotels und drei christliche Kirchen sowie bei zwei weiteren Explosionen waren am Ostersonntag nach offiziellen Angaben 359 Menschen getötet und über 500 weitere verletzt worden. Ein Anschlag auf ein viertes Hotel in der Hauptstadt Colombo schlug fehl. Die Sicherheitskräfte verfolgten den Angreifer bis zu einem Gästehaus, wo er sich in die Luft sprengte und zwei Menschen mit sich in den Tod riss.

Bei der Durchsuchung eines weiteren Gebäudes töteten zwei Selbstmordattentäter - ein Mann und eine Frau - sich selbst und drei Polizisten. Unter den Opfern sind auch dutzende ausländische Touristen sowie mindestens 45 Kinder. Später wurden weitere Bomben und Zünder gefunden.

Die Behörden in Colombo machen die einheimischen Islamistengruppe National Thowheeth Jama‘ath (NTJ) für die Anschläge verantwortlich, gehen aber davon aus, dass sie ausländische Unterstützung gehabt haben muss. Die Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) reklamierte die Tat für sich.

Vize-Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene sprach am Mittwoch von schwerwiegenden Versäumnissen der Sicherheitsbehörden, da die Informationen nicht weitergegeben worden seien. Unter anderem Präsident Sirisena versichert, nicht informiert gewesen zu sein, obwohl er auch Verteidigungsminister und Minister für Recht und Ordnung ist.

Nach Angaben eines indischen Sicherheitsvertreters warnte Indien mehrfach seinen Nachbarn vor möglichen Selbstmordanschlägen auf Kirchen und die indische Botschaft, zuletzt zwei Wochen vor Ostersonntag. Die Hinweise stützten sich demnach auf Erkenntnisse aus einer Razzia im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu, bei der sieben Verdächtige festgenommen und mehrere Dokumente beschlagnahmt wurden.

Indischen Medienberichten zufolge erging die erste Warnung bereits im vergangenen Dezember an die Behörden in Sri Lanka. Laut dem indischen Vertreter enthalten Videos „Drohungen durch einen radikalen Anführer aus Sri Lanka, die auf mögliche Selbstmordanschläge schließen ließen“.

Den Medienberichten zufolge handelte es sich bei dem Mann um den Chef der NTJ, Zahran Hashim. Hashim steht im Zentrum des IS-Bekennervideos. Unklar ist aber bisher, ob er unter den mutmaßlichen Selbstmordattentätern war oder auf der Flucht ist.

Sri Lankas Sicherheitsbehörden nahmen bisher 75 Verdächtige fest. An der Suche nach weiteren Tätern und Hintermännern beteiligten sich tausende Soldaten von Armee, Marine und Luftwaffe. Am Donnerstag wurden ihre Zahl nochmals um über 3.000 aufgestockt. Gleichzeitig wurden alle Drohnenflüge verboten und Pläne verschoben, während der Nebensaison ab Mai die Visapflicht für 39 Staaten aufzuheben.

Bestätigt ist inzwischen, dass zwei der Attentäter Söhne eines wohlhabenden Gewürzhändlers aus Colombo waren, dessen Vater inzwischen in Gewahrsam genommen wurde. Ein weiterer hielt sich zu Studien in Großbritannien und Australien auf. Auch die meisten der anderen Angreifer waren laut den sri-lankischen Behörden gut ausgebildet und kamen aus wohlhabenden Familien.

Spitzenvertreter der katholischen Kirche in Sri Lanka übten scharfe Kritik an Versäumnissen in Sicherheitsapparat und Regierung. „Das ist eine überaus schwerwiegende Sache, denn das bedeutet, dass das Massaker hätte vermieden werden können“, sagte Kardinal Albert Malcolm Ranjith der italienischen Nachrichtenagentur SIR. Wäre er vor den Terrorplänen gewarnt worden, hätte er die Osterliturgien in den Kirchen abgesagt, so der Kardinal gegenüber dem Radiosender CBC.

In Neu-Delhi demonstrierten mehr als 100 Führungspersönlichkeiten der Religionen Indiens bei einer Versammlung vor der Kathedrale Sacred Heart ihre Solidarität zu den Christen in Sri Lanka. An der Kundgebung nahmen Katholiken, Muslime, Hindus und Sikhs teil, berichtete der asiatische katholische Pressedienst „Ucanews“ am Donnerstag.

Israel rief unterdessen in einer Reisewarnung alle Bürger auf, Sri Lanka schnellstmöglich zu verlassen oder geplante Reisen dorthin nicht anzutreten. Landesweit gilt der Ausnahmezustand. Das Außenministerium in Wien rät von „nicht notwendigen Reisen“ ab.