Messerattacke in Absam: Zehn Jahre Haft für 19-Jährigen
Nach Messerattacken an einer Absamer Berufsschule sahen Geschworene Mordversuch und Körperverletzung an Mitschülern.
Von Reinhard Fellner
Innsbruck – Eine Messerattacke in einer Schule schreckt auf. So endete gestern am Landesgericht ein ungewöhnlicher Schwurgerichtsprozess. Außergewöhnlich, da weder der Täter noch seine Opfer 20 Jahre alt waren und der Anklagevorwurf dennoch auf zweifachen Mordversuch lautete. Schon der erste Prozesstag am Mittwoch skizzierte den Berufsschüler als eher furchteinflößende Persönlichkeit. Hatte er einen Tötungsvorsatz doch klar verneint, da er seinem 16-jährigen Widersacher ja „ins Auge stechen“ und damit „eine Lektion erteilen“ wollte. Schon morgens hatte der Bursche die Schule mit zwei Messern im Rucksack betreten und später in der Klasse gedroht: „Ich schlitz dir die Kehle auf und deine Mutter soll zuschauen.“ Nach der Schule hatte der 19-Jährige dem 16-Jährigen aber nicht in den Schädelbereich, sondern direkt in den Schal gestochen, der ihm so missfallen hatte.
Mit weiten Ausholbewegungen nach hinten traf er im Gerangel dann noch den zweiten Schüler mit dem Messer im Gesicht – dieser wollte nur couragiert helfen.
Für Staatsanwalt Florian Oberhofer lag da die Schuldfrage gestern klar auf der Hand. So hätte mit derartigen Stichbewegungen eindeutig Mordvorsatz vorgelegen: „Er hat ja sein Opfer sogar noch gefragt, ob es heute sterben wolle!“ Zudem sei Notwehr ebenso auszuschließen: „Der Angeklagte hat Streit gesucht und kann sich so laut Höchstgericht auf keine Notwehrsituation berufen.“ Mit den Worten „bei lebensnaher Betrachtung und Hausverstand kann man nur zum Schluss kommen, dass der Angeklagte die Absicht hatte, seine Mitschüler zu töten“, schloss Ankläger Oberhofer sein dreiviertelstündiges Plädoyer ab.
Ganz anders Verteidiger Mathias Kapferer, der vor allem auf die kombinierte Persönlichkeitsstörung des Burschen einging. So fehle dem 19-Jährigen laut Psychiaterin „jedes Sensorium für soziale Realität“. Strategien für adäquate Kommunikation und Reaktion würden laut RA Kapferer attestiert fehlen. Auch verwies der Verteidiger auf Polizisten, die nach der Tat bezweifelten, ob der 19-Jährige überhaupt verstanden hatte, was passiert war. Kapferer: „Seine größte Sorge war, dass er etwas Gras eingesteckt hatte. Das ist nicht normal!“ Laut Gutachten aber im Bereich der Zurechnungsfähigkeit.
Zum Prozessende entschuldigte sich der 19-Jährige bei seinen Mitschülern. Die Geschworenen erkannten auf Mordversuch (6:2) und schwere Körperverletzung. 10 Jahre Haft sind noch nicht rechtskräftig. 15 Jahre drohten.