Wirtschaftspolitik

Chinas neue Seidenstraße und die Angst vor einer Einbahn

Kanlzer Kurz traf in Peking auf den chinesischen Präsidenten Xi Jinping.
© BUNDESKANZLERAMT

Chinas Präsident Xi Jinping hat am Freitag Peking den zweiten Seidenstraßen-Gipfel eröffnet.

Von Christian Jentsch aus Peking

Peking – Vorhang auf für „Chinas Jahrhundertprojekt“: Der fast allmächtige chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping eröffnete gestern in Peking vor 38 Staats- und Regierungschefs, IWF-Chefin Christine Lagarde und Vertretern aus 100 Ländern, darunter neben Russlands Präsidenten Wladimir Putin auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), den nach 2017 zweiten Seidenstraßen-Gipfel. Das Projekt der „Neuen Seidenstraße“ – angelehnt an die antike Handelsroute von China nach Europa – gilt als Vorzeigeprojekt von Chinas starkem Mann, der dem roten Drachen Flügel verleihen will.

Das neue selbstbewusste China will seinen Aufstieg zur Weltmacht mit neuen Handelsrouten und einem Investitionsvolumen von einer Billion US-Dollar in Infrastrukturprojekte wie Häfen, Autobahnen und Eisenbahnlinien manifestieren. 440 Milliarden US-Dollar sollen bereits investiert worden sein. China sucht sich neue Handelspartner, aber auch Märkte für seine Überschüsse und vor allem: neue Verbündete im globalen Wettkampf insbesondere vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Handelsstreits mit den USA. Und Peking erntete für sein Mammutprojekt – auch „Belt and Road-Initiative“ genannt – laute Kritik, unter anderem von europäischer Seite. Die großen EU-Staaten Frankreich, Deutschland und Großbritannien waren beim Gipfel in Peking nur als Beobachter mit dabei. Mit nur schwer zurückzahlbaren Krediten schaffe sich Peking in Ländern, in denen es Projekte realisiert, Vasallen und keine Partner, beklagen etwa Kritiker.

Zudem kritisiert neben den USA auch die EU die fehlende Marktöffnung in China sowie mangelnde Transparenz und beide fordern einen fairen Handel und mehr Schutz für Investoren in China. Auch für Kurz Gründe, kein Rahmenabkommen mit China zur Seidenstraßen-Initiative zu unterzeichnen. Dem Projekt grundsätzlich die kalte Schulter zu zeigen, sei laut Kurz aber auch der falsche Weg. Gerade für das Exportland Österreich sei das Erschließen neuer Handelsrouten grundsätzlich positiv. Und China habe gerade hinsichtlich seiner wachsenden Mittelschicht für österreichische Unternehmen enormes Potenzial. Freilich müsse es eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe geben.

Präsident Xi verspricht, chinesischen Markt zu öffnen

Die Kritik an China stößt offenbar nicht auf taube Ohren: So hat Präsident Xi in seiner Eröffnungsrede gestern versprochen, den chinesischen Markt öffnen zu wollen, ausländische Unternehmen künftig fairer zu behandeln und den Schutz geistigen Eigentums zu garantieren. Mit Blick auf das Seidenstraßen-Projekt versprach Xi Offenheit, Transparenz und die Einhaltung internationaler Regeln und Standards. Gegenüber Korruption dürfe es null Toleranz geben. Chinas Finanzminister Liu Kun kündigte zudem einen Rahmenplan zur Vermeidung von Schuldenrisiken an.

Chinas Präsident als Verfechter des Multilateralismus

Xi inszenierte sich vor der Welt einmal mehr als Verfechter des Multilateralismus – in einer Zeit des „America First“ eines US-Präsidenten Donald Trump. Er sprach davon, „Brücken zwischen den Kulturen bauen zu wollen“.

Kurz sieht „positives Signal“

Für Kanzler Sebastian Kurz war die Ankündigung von Xi, Chinas Markt öffnen zu wollen, „ein positives Signal“. Entscheidend sei freilich „die Umsetzung des Versprechens“. Dass ein Investitionsschutzgesetz in Vorbereitung sei, sei ein zentraler Punkt. Kurz nimmt aber auch Europa in die Pflicht: „Wir müssen wettbewerbsfähiger werden, sonst haben wir im internationalen Wettbewerb keine Chance. Die derzeitige Weltordnung ist nicht gottgegeben.“ Es brauche mehr Innovation und mehr Tempo. Und: „Europa muss im Umgang mit China geeint auftreten und auch den Mut haben, im globalen Wettbewerb mit China und den USA seine Interessen viel stärker zu betonen und einzufordern.“

Übrigens: Österreich hat laut Kurz bei den Verhandlungen zur Abschlusserklärung des Seidenstraßen-Gipfels als erstes und einziges EU-Land ganz eng mit der EU-Kommission zusammengearbeitet und Themen wie Menschenrechte hineinreklamiert.