Spanien-Wahl - Kataloniens Separatisten als Zünglein an der Waage?

Madrid/Barcelona (APA) - Kataloniens Separatisten könnten nach den spanischen Parlamentswahlen am Sonntag erneut entscheidend für die Regier...

Madrid/Barcelona (APA) - Kataloniens Separatisten könnten nach den spanischen Parlamentswahlen am Sonntag erneut entscheidend für die Regierungsstabilität werden. Darf man jüngsten Umfragen glauben, kommt es am Sonntag zu einem Patt zwischen dem rechten und dem linken Lager und die Separatisten könnten zum Zünglein an der Waage werden.

Die Konservative Volkspartei (PP), die rechts-liberalen Ciudadanos und die neue rechtspopulistische Vox-Parteien kommen laut Umfragen fast auf die selbe Zahl von Parlamentssitzen wie eine mögliche Links-Koalition aus Sozialisten (PSOE) und der linkspopulistischen Unidas Podemos. Da letztere Formation jedoch mit enormen Wahlverlusten rechnen muss, könnten die beiden katalanischen Separatisten ERC und JxCAT erneut für eine linke Regierungsmehrheit notwendig werden.

Ein Horrorszenario für Spaniens sozialistischen Ministerpräsidenten und Wahlfavoriten Pedro Sánchez (PSOE). Immerhin waren Kataloniens Separatisten der Grund für die Neuwahlen. Sie entzogen Sánchez Minderheitsregierung im Februar wegen der stockenden Gespräche über die Unabhängigkeit die parlamentarische Unterstützung für die Verabschiedung des Haushalts.

Sánchez sprach sich bei der Übernahme der Regierung vergangenen Sommer nach einem Misstrauensvotum gegen seinen konservativen Amtsvorgänger Mariano Rajoy zwar für den Dialog mit der separatistischen Regionalregierung von Quim Torra in Barcelona aus. Stellte aber gleichzeitig klar, dass die Unabhängigkeit und ein Referendum über die Loslösung der Region von Spanien auch für ihn eine rote Linien seien.

Jetzt schauen die Sozialisten nicht nur gespannt auf die eigenen Stimmen und die für Unidas Podemos, sondern auch nach Barcelona. „Dabei wird nicht nur vieles davon abhängen, wie stark die beiden separatistischen Regionalparteien in Katalonien werden, sondern auch welche der beiden Parteien Oberwasser hat“, erklärt der katalanische Politikexperte Oriol Bartomeus im APA-Gespräch. Gespräche mit Puigdemonts separatistischer Parteienallianz JxCAT würden mit Sicherheit komplizierter werden als mit den separatistischen Linksrepublikaner, welche einen konfliktärmeren Gang bei den Gesprächen mit Madrid einschlagen wollen, so Bartomeus.

Darf man jüngsten Umfragen glauben, werden die Linksrepublikaner die separatistische Parteien-Allianz des ehemaligen katalanischen Regierungschef Carles Pugidemont und dessen Nachfolger Quim Torra in der Wählergunst wohl überholen. ERC wird sich laut Umfragen von 9 auf 13 Mandate verbessern, während JxCat von 8 auf 5 Mandate absacken dürfte. Das spanische Wahlsystem gibt den separatistischen Regionalparteien aus Katalonien überproportional viele Stimmen im spanischen Nationalparlament. Generell bevorzugt es alle Regionalparteien, die traditionell besonders stark in den ländlichen Gebieten sind.

Die Stimmen der Landbevölkerung werden in Spanien bei den Urnengängen nämlich überproportional gewichtet. In den rund 7.400 Dörfern leben zwar nur 9,5 Millionen Menschen und stellen nur 20 Prozent der Bevölkerung dar. Dennoch entscheiden sie mit ihren Stimmen über rund 100 der 350 Mandate im spanischen Parlament.

ERC-Chef Oriol Junqueras hat während einer Pressekonferenz aus der Haftanstalt Soto del Rey bereits angekündigt, sich durchaus vorstellen zu können, erneut Sánchez zu einer Regierungsmehrheit zu verhelfen, wenn dieser zurück an den Verhandlungstisch käme. Junqueras, Spitzenkandidat der Linksrepublikaner, sitzt zusammen mit anderen Mitgliedern von Puigdemonts ehemaliger Regionalregierung wegen der Durchführung des illegalen Unabhängigkeitsreferendums seit eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft. Derzeit stehen die Angeklagten in Madrid vor Gericht, während Pugidemont vor der spanischen Justiz ins belgische „Exil“ geflohen ist.

Da sich Sánchez aber auch von den Linksrepublikanern keine Regierungsstabilität verspricht und Unidas Podemos einzubrechen droht, scheint sich der Sozialist schon mal nach Alternativen umzuschauen. Am Donnerstag erklärte er im spanischen Staatsfernsehen TVE, es sei seine Aufgabe „mit allen politischen Parteien zu sprechen“. Damit gibt Sánchez nur drei Tage vor den Parlamentswahlen erstmals einen Hinweis auf ein mögliches Bündnis mit den rechtsliberalen Ciudadanos.

Cudadanos-Chef Albert Rivera lehnte im Laufe des Wahlkampfes aber immer wieder eine Koalition mit den Sozialisten ab, da diese mit den katalanischen Separatisten verhandelt hätten. Doch in der Vergangenheit zeigte sich Rivera immer wieder wankelmütig und ging in verschiedenen Regionen sowohl mit Sozialisten als auch mit Konservativen und Linkspopulisten Koalition ein, um an die Macht zu kommen.