16 Tote bei Sturm auf Versteck mutmaßlicher IS-Anhänger in Sri Lanka

Colombo (APA/AFP/dpa/Reuters) - Nach dem Sturm auf ein mutmaßliches Versteck von Anhängern der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) in S...

Colombo (APA/AFP/dpa/Reuters) - Nach dem Sturm auf ein mutmaßliches Versteck von Anhängern der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Sri Lanka sind dort die Leichen von 15 Menschen gefunden worden. Unter den Toten seien auch sechs Kinder, teilte die Polizei am Samstag mit. Mehrere Selbstmordattentäter hätten bei der Razzia am Freitagabend ihre Bomben gezündet. Außerdem kam ein Passant ums Leben.

Neben den drei Selbstmordattentätern starben in dem Gebäude in der Stadt Kalmunai demnach drei Frauen und sechs Kinder. „Drei weitere Männer“ seien tot außerhalb des Hauses gefunden worden, erklärte die Polizei. Bei ihnen habe es sich mutmaßlich ebenfalls um Selbstmordattentäter gehandelt. Bei der Schießerei zwischen Sicherheitskräften und den Bewohnern des Hauses, die mehr als eine Stunde lang andauerte, geriet ein Passant zwischen die Fronten und wurde erschossen.

Der Geheimdienst geht davon aus, dass es sich bei dem Haus in Kalmunai, rund 370 Kilometer östlich der Hauptstadt Colombo, um ein Versteck von IS-Unterstützern handelte. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder von verkohlten Körpern und mindestens einem bewaffneten Mann. Aufnahmen aus dem Inneren des Hauses zeigen Sprengstoff, einen Generator, eine Drohne und zahlreiche Batterien.

Polizisten oder Soldaten wurden bei der Razzia nach offiziellen Angaben nicht verwundet. Eine Frau und ein Kind mussten mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Rund 600 Menschen flohen in Panik aus einer nahegelegenen Siedlung und brachten sich in einem Schulgebäude in Sicherheit.

Der Einsatz erfolgte wenige Stunden nach einer Razzia in dem ebenfalls 370 Kilometer östlich von Colombo gelegenen Ort Sammanthurai. In einem Gebäude in dem Ort sollen radikale Islamisten vor den Anschlägen ein Video gedreht haben, in dem sie IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi die Treue schworen.

Bei der Razzia in Sammanthurai wurden demnach unter anderem 150 Stangen Dynamit und eine IS-Flagge sichergestellt. „Wir haben den Hintergrund gefunden, vor dem die Gruppe ihr Video aufgenommen hat“, hieß es in einer Erklärung der Polizei. Soldaten lieferten sich nach Armeeangaben in der Gegend außerdem einen Schusswechsel mit mehreren Extremisten.

Unter anderem wurden mehrere Sprengstoffwesten, eine Drohne und umfangreiches Material zur Herstellung von Bomben - darunter rund 100.000 Kugellager - sichergestellt, wie die Polizei mitteilte. Sieben junge Muslime wurden bei der Razzia in der Ortschaft Sammanthurai festgenommen.

In verschiedenen Teilen des Landes wurden am Samstag Verdächtige festgenommen und Gegenstände sichergestellt, darunter Sprengstoff, Zünder, Schusswaffen, Schwerter und Funkgeräte. Staatspräsident Maithripala Sirisena sagte einer Mitteilung seines Büros zufolge: „Jeder Haushalt des Landes wird durchsucht werden.“ Es würden Listen der dauerhaften Bewohner eines jeden Hauses erstellt.

Wegen der anhaltenden Terrorgefahr sagte die katholische Kirche Sri Lankas bis auf weiteres alle Sonntagsmessen ab. In vielen Moscheen des Landes fielen auch die Freitagsgebete aus. Vertreter der religiösen Minderheit hatten dazu aufgerufen, aus Solidarität mit den Christen Sri Lankas, deren Kirchen geschlossen blieben, Moscheen fernzubleiben. Es hatte laut Polizei auch Anschlagspläne gegen Gotteshäuser der als tolerant geltenden islamischen Strömung des Sufismus gegeben. Einige Muslime waren zudem besorgt über mögliche Racheakte gegen sie.

Regierung und Behörden in Sri Lanka stehen nach den Anschlägen unter großem Druck, da es im Vorfeld konkrete Hinweise gegeben hatte, denen nicht nachgegangen wurde. Nach Angaben von Präsident Sirisena wurden inzwischen 94 Verdächtige festgenommen. Sirisena sagte am Freitag, man wisse nun von etwa 140 Menschen in Sri Lanka, die Verbindungen zum IS hätten. Sie alle würden „sehr bald ausgelöscht“, fügte er hinzu.

Die USA forderten ebenso wie das Auswärtige Amt in Berlin und die Regierung in London Bürger des eigenen Landes auf, Reisen auf die Insel wohl zu überlegen. Die USA wies an, Kinder im Schulalter von US-Staatsbediensteten müssten die Insel ebenso verlassen wie alles Personal, das nicht für Notdienste gebraucht werde. Das österreichische Außenministerium rät bereits seit mehreren Tagen auf seiner Homepage von „nicht notwendigen Reisen“ ab.

Bei den Anschlägen auf mehrere Kirchen und Hotels in Sri Lanka waren am Ostersonntag nach Behördenangaben 253 Menschen getötet worden, darunter zahlreiche ausländische Urlauber. Die Regierung macht die Islamistengruppe National Thowheeth Jama‘ath (NTJ) für die Attacken verantwortlich.

Einen der Selbstmordanschläge beging demnach NTJ-Anführer Zahran Hashim. Er stammt aus der Provinz, in der Kalmunai und Sammanthurai liegen. Nach Behördenangaben werden derzeit DNA-Proben eines abgetrennten Kopfes untersucht, um sicherzustellen, dass es sich bei der am Tatort gefundenen Leiche tatsächlich um Hashim handelt.