Antisemitismus

USA: Anschlag auf Synagoge, eine Tote und mehrere Verletzte

In dieser Synagoge in der Stadt Poway nördlich von San Diego schoss der Attentäter mit einem Sturmgewehr auf die Menschen, die das Pessachfest feierten.
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Die Polizei nahm einen 19-jährigen Verdächtigen fest. Laut dem Bürgermeister von Poway handelte der Angreifer aus Judenhass.

Los Angeles — Bei einem Angriff auf eine Synagoge im US-Staat Kalifornien ist am letzten Tag des jüdischen Pessachfestes mindestens ein Mensch getötet worden. Der Sheriff im San Diego County, Bill Gore, sagte, der mit einem Gewehr bewaffnete Angreifer sei am Samstagvormittag in die Synagoge der orthodoxen Chabad-Bewegung in Poway nördlich der Stadt San Diego eingedrungen und habe das Feuer eröffnet. Eine Frau sei an ihren Verletzungen gestorben. Es gebe drei weitere Verletzte, diese schwebten aber nicht in Lebensgefahr. Der Bürgermeister von Poway, Steve Vaus, sprach von einem „Hassverbrechen".

Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen weißen 19-Jährigen aus San Diego, der sich widerstandslos festnehmen ließ. Vaus sagte dem Sender CNN, er gehe davon aus, dass der Angreifer gezielt eine Synagoge ins Visier genommen habe. Die Ermittler gingen derzeit dessen Einträge in Onlinenetzwerken durch und versuchten einen im Internet veröffentlichten Offenen Brief zu verifizieren.

Beamter außer Dienst stellte sich Angreifer entgegen

In der Synagoge wurde während des Angriffs das jüdische Pessachfest begangen, das an den Auszug der Israeliten aus Ägypten und die Befreiung aus der Sklaverei erinnert. Die einwöchigen Feierlichkeiten hätten am Samstagabend mit einem Essen beendet werden sollen. Die Polizei wurde dem Sheriff zufolge am Vormittag (Ortszeit) alarmiert, nachdem der Mann die Synagoge betreten und das Feuer mit einem Sturmgewehr vom Typ AR-15 eröffnet hatte. Derartige Waffen wurden wiederholt bei Amokläufen in den USA verwendet. Ein außer Dienst befindlicher Beamter, der sich am Tatort befand, habe auf den Angreifer geschossen, als dieser die Flucht ergriff, sagte Gore. Der Beamte habe das Auto des mutmaßlichen Täters getroffen. Der 19-Jährige wurde schließlich von einem per Funk informierten Beamten festgenommen, wie der Polizeichef von San Diego, David Nisleit, bestätigte.

Internationale Anteilnahme

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich am Sonntag „schockiert" über den tödlichen Angriff auf eine Synagoge im US-Staat Kalifornien gezeigt und den Betroffenen sein Mitgefühl ausgesprochen. „Wir müssen den Kampf gegen Antisemitismus fortsetzen und das Recht aller, in Sicherheit zu beten, schützen", betonte Kurz auf Twitter.

Hunderte zeigten sich mit den Opfern solidarisch.
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Die Tat habe „das Herz des jüdischen Volkes getroffen", sagte der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu nach Angaben seines Büros am Sonntag. „Die internationale Gemeinschaft muss den Kampf gegen den Antisemitismus verstärken", forderte Netanyahu. Angesichts eines Anstiegs antisemitischer Angriffe auf der ganzen Welt wolle der Ministerpräsident in dieser Woche eine Sonderberatung abhalten, hieß es in der Mitteilung.

Kritik an Internet-Konzeren

Auch der israelische Staatspräsident Reuven Rivlin äußerte sich „schockiert und traurig" über den Anschlag. Er sei „eine weitere schmerzhafte Erinnerung daran, dass Antisemitismus und Judenhass immer noch da sind, überall", sagte Rivlin.

Der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, kritisierte die Internetkonzerne. Sie sollten dafür verantwortlich gemacht werden, eine Plattform für Rassismus, Antisemitismus und Hass zu bieten. „Die 5700 Mitarbeiter von Facebook, die das Hassmaterial ihrer zwei Milliarden Nutzer überwachen, sind ein trauriger Witz", erklärte er.

Hassverbrechen nehmen zu

Auf den Tag genau sechs Monate vor dem Angriff in Poway hatte ein Rechtsradikaler in der „Tree of Life"-Synagoge in Pittsburgh elf Menschen erschossen. Es handelte sich um das folgenschwerste antisemitische Verbrechen in der Geschichte der USA. Dem Täter wird derzeit der Prozess gemacht. Ihm droht nach Angaben des Justizministeriums die Todesstrafe.

Nach jüngsten Statistiken der Bundespolizei FBI haben Hassverbrechen in den USA 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent zugenommen. 2017 registrierten die Behörden 7175 solche Verbrechen. 1679 davon wurden als religiös motiviert eingestuft. Von diesen Taten richteten sich wiederum 58,1 Prozent gegen Juden, 18,7 Prozent gegen Muslime.

Nach dem Angriff verurteilte US-Präsident Trump jeglichen Antisemitismus auf das Schärfste. „Unsere gesamte Nation trauert um den Verlust von Leben, betet für die Verletzten und ist solidarisch mit der jüdischen Gemeinschaft", sagte er bei einem Wahlkampfauftritt. „Mit Nachdruck verurteilen wir das Übel des Antisemitismus und des Hasses, das besiegt werden muss", so Trump

Doch Kritiker werfen Trump vor, nicht energisch genug gegen Rechtsradikale Position zu beziehen oder sie mit seiner hitzigen Rhetorik sogar zu ermutigen. (APA, dpa, AFP)

Trauergottesdienst in einer Presbyterianischen Kirche.
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