Forderung nach europaweiter Obergrenze für AKW-Laufzeiten
Linz/Wien/EU-weit (APA) - Die „Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg“ fordert eine EU-weite Obergrenze für AKW-Laufzeiten...
Linz/Wien/EU-weit (APA) - Die „Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg“ fordert eine EU-weite Obergrenze für AKW-Laufzeiten. Anlass ist die „Nuclear Energy Conference“ in Linz, bei der Experten und NGOs aus ganz Europa zu Gast sind. Erste Zwischenergebnisse einer noch in Arbeit befindlichen Studie im Auftrag der Allianz belegen, dass die Zahl der Zwischenfälle mit dem Alter der Reaktoren deutlich steigt.
Die europäischen Atomkraftwerke seien im Durchschnitt bereits 34 Jahre alt, bei ihrer Inbetriebnahme sei man von einer Laufzeit von 40 Jahren ausgegangen, erklärte der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) in einer Pressekonferenz vor der Tagung. Weil neue Kraftwerke kaum mehr durchsetzbar bzw. finanzierbar seien, gehe man häufig den Weg der Laufzeitverlängerung.
Das Risiko bei alten AKW wachse aber deutlich, weil „Sicherheitsreserven aufgebraucht sind“, also etwa Teile verschleißen und das zu negativen Wechselwirkungen führe, erklärte Wolfgang Renneberg, ehemaliger Leiter der deutschen Atomaufsicht. Oder einfacher gesagt: „Das geht einem bei einem alten Auto auch so.“ Die Studie, an der er mitarbeitet, zeige klar, dass sich Zwischenfälle mit dem Alter häufen - auch die sogenannten Precursor-Ereignisse, also Vorstufen zu größeren Unfällen. Bei der Atomanlage Tihange in Belgien etwa komme es bereits jedes Jahr zu einem Precursor-Fall.
Wenn Kernkraftwerke auf 40 Jahre genehmigt seien und die Laufzeit danach verlängert werde, sei man „im Blindflug“ unterwegs, so Renneberg, man könne die Sicherheit über diesen Zeitraum hinaus einfach nicht legitimieren. Anschober verlangt daher, dass bei Verlängerungen mindestens der gleiche Standard wie bei einer Erstgenehmigung angelegt wird. „Und wir müssen über so etwas wie eine Obergrenze reden.“ Das wolle die Allianz der Regionen auch mit der neuen EU-Kommission tun. Denn derzeit werde meist versucht, die Abwrackung wegen der damit verbundenen hohen Kosten noch um einige Jahre hinauszuzögern.
„Atomkraftwerke sind nicht rentabel und waren es nie“, betonte der Schweizer Ökonom Kaspar Müller. Das ergibt sich seiner Erklärung nach u.a. daraus, dass zum Ende Abwrack-Kosten anfallen, die jene der Errichtung deutlich übersteigen und sich zudem über 200 bis 300 Jahre erstrecken. In Deutschland habe man die Aufgabe des Abbaus an den Staat übergeben, berichtete Renneberg. Die Kraftwerksbetreiber zahlen dafür 23 Mrd. Euro - „das wird nie ausreichen“, vielmehr sei mit mindestens 100 Mrd. Euro zu rechnen. „Das sind faule Kredite, die man zurückkauft, um die Kernenergie zu entlasten“, damit diese überhaupt überleben könne, so Renneberg.