Kärntner Expertenteams reduzieren Zahl der verschriebenen Medikamente

Klagenfurt (APA) - Die gleichzeitige Einnahme von mehreren verschriebenen Medikamenten kann gerade bei älteren Patienten für Probleme sorgen...

Klagenfurt (APA) - Die gleichzeitige Einnahme von mehreren verschriebenen Medikamenten kann gerade bei älteren Patienten für Probleme sorgen. In Kärnten haben aus diesem Grund „Polypharmazie-Boards“ die Arbeit aufgenommen. Dabei handelt es sich um Expertenteams, die die Medikation von Patienten unter die Lupe nehmen und entscheiden, ob man gewissen Medikamente auch weglassen könnte.

Sieben Prozent der Menschen in Österreich nehmen mehr als fünf Medikamente gleichzeitig ein. Betrachtet man nur die Gruppe der über 60-Jährigen, so beträgt dieser Anteil bereits 25 Prozent. Das Problem dabei ist, dass es dabei zu Wechselwirkungen kommen kann, also dass die Wirkung von Medikamenten untereinander entweder verstärkt oder sogar aufgehoben werden kann, sagte die Kärntner Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) am Montag vor Journalisten.

Sowohl im Klinikum Klagenfurt als auch im Landeskrankenhaus Villach tagen deshalb in regelmäßigen Abständen Expertengruppen (etwa besetzt mit Internisten, Pharmakologen und Psychiatrieärzten), die sich die Krankenakten von Polypharmaziepatienten ansehen. „Im Jahr 2018 wurden bis Ende September in 37 Sitzungen 121 Patienten besprochen. Im Schnitt nahmen diese 15 Medikamente gleichzeitig, nach den Beratungen wurde diese Zahl von den Experten durchschnittlich auf zehn reduziert“, bilanzierte Prettner. Am häufigsten wurden Schmerzmittel, Magenschutzmedikamente und Blutgerinnungsmittel abgesetzt.

Wie Alexander Biach, der Vorstandsvorsitzende des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, sagte, sei Kärnten „absoluter Vorreiter im sorgsamen Umgang mit Medikamenten“. Er nannte auch gleich drei Beispiele für Wechselwirkungen: „Mittel gegen Sodbrennen können die Wirkung von Antibiotika verringern, Schmerzmittel die Wirkung von Mitteln zur Blutverdünnung verstärken oder Johanniskraut die Wirkung von Verhütungsmitteln verringern.“

Wie Prettner erklärte, komme es vor, dass Medikamente „ohne sichtbare Indikation“ verschrieben würden. Dass so viele Arzneimittel gleichzeitig verschrieben werden, könne damit zusammenhängen, dass es oft „Routineverschreibungen“ gäbe und dass etwa Fachärzte zusätzlich etwas zu dem verordnen, was bereits ein Allgemeinmediziner verschrieben hat: „Dann wird die Gesamtschau aus den Augen verloren, weil man etwas aus Fachsicht verschreibt.“

Dass es in Zukunft einen besseren Überblick über die verschriebenen Medikamente geben werde, sagte der Kärntner GKK-Direktor Johann Lintner mit Blick auf die in Kärnten schon ausgerollte e-Medikation, mit der Ärzte und Apotheker einsehen können, welche Arzneimittel ein Patient bereits bekommen hat: „Bisher war es so, dass beispielsweise ein Allgemeinmediziner und ein Internist etwas verschrieben haben, und beide haben voneinander nichts gewusst.“ Die Ärzte hätten sich für Informationen über die laufende Medikation auf die Angaben der Patienten verlassen müssen, was speziell bei älteren Menschen ein Problem war.

Krankenanstalten, aber auch niedergelassene Ärzte haben die Möglichkeit, Polypharmaziepatienten an die Teams in Klagenfurt und Villach zu melden. Die Kosten für diese Analysen betragen pro Jahr 100.000 Euro und werden zu 80 Prozent von der GKK und zu 20 Prozent vom Land Kärnten getragen. Jährlich bearbeiten sie die Fälle von rund 150 Patienten.