Bezirk Reutte

Ein neuer Stall für die Bullen: ,,Energy Station“ in Tirol produziert

Zwischen Lack, Plastik und Glas sticht die neue „Energy Station“ von Red Bull mit dem Baustoff Holz heraus.
© Aufschnaiter/Red Bull

Holzbau Saurer entwickelte für Red Bull eine mobile „Rückzugszone“ für seine zwei Teams in der Formel 1. Das Haus ist nicht nur technisch ausgeklügelt, Auf- und Abbau samt Transport sind eine logistische Meisterleistung.

Von Helmut Mittermayr

Höfen, Salzburg –In den letzten Tagen machte eine Neuerung abseits des Renngeschehens im Formel-1-Geschäft Furore. Red Bull hat in Barcelona sein neues Motorhome im Fahrerlager erstmals zum Einsatz gebracht. „Energy Station“ genannt, soll doch dort das ganze Team vom Mechaniker bis Fahrer seine Batterien aufladen – und zudem fein speisen können. Allein auf der Red-Bull-Homepage wurde das Aufstellen des Holzhauses, das nun zu jedem Rennen in Europa gebracht wird und das kleinere Vorgängermodell ablöst, 1,7 Millionen Mal angeklickt. Produziert wurde das Holzhaus in Tirol. Holzbau Saurer in Höfen hat wieder einmal ein Leuchtturmprojekt umgesetzt, nachdem das Unternehmen vor Jahren schon bei Aston Martin in England eine viel beachtete Halle auf die grüne Wiese setzte. Die besondere Herausforderung lag diesmal nicht unbedingt im Holzbau selbst, vielmehr in Haltbarkeit und Logistik. Ein Gebäude zu schaffen, das den dauernden schnellen Auf- und Abbau sowie Transport von Rennstrecke zu Rennstrecke in Europa aushalten muss. Denn zumindest 100 Metamorphosen zwischen Ladegut und Vorzeige-Motorhome sind der Mindestanspruch. Also zehn Jahre mal zehn Rennen am europäischen Kontinent muss das Konstrukt klaglos überstehen. Die Außerferner Holzbauer haben sich hier bereits erste Sporen in der Motorradszene verdient, wo seit 2017 ein Red-Bull-Motorhome als Rückzugszone bei Zweirad-WM-Läufen dient.

Geschäftsführer Manfred Saurer sieht die besondere Ingenieurleistung im „Stecksystem“ des Gebäudes: „Das ist wie Lego. Natürlich kommen am Ende auch noch ein paar Schrauben zum Einsatz. Aber prinzipiell ist alles ein Baukastensystem.“ Für genau diesen Baukasten zeichnete Projektleiter Daniel Elmer verantwortlich. Der studierte Holzbauer tüftelte mit seiner Schweizer Gründlichkeit an der Logistik, wie das zweistöckige Holzhaus in Windeseile hochgezogen und wieder zerlegt werden kann. Ein eigenes 25-köpfiges Red-Bull-Team schafft die Montage nun in 32 Stunden, der Rückbau benötigt zwei Tage. Womit eine weitere Herausforderung ins Spiel kommt. „Der Abbau ist sicherlich weit anspruchsvoller“, erklärt Elmer. Jedes Detail müsse stimmen, vor allem bei der Beladung der 32 Lkw, die das Motorhome zum nächsten Autodrom bringen. Jedes noch so kleine Hölzchen habe seinen genau definierten Platz. Als der Reuttener die fertige Lkw-Bepackungsliste an Red Bull übermittelte, gab es dort anfangs blasse Gesichter. Die Pläne sind derart detailliert ausgearbeitet, dass Balken bei der Beladung nicht einmal gedreht werden dürfen – wie bei Ikea, nur in groß. Gewonnene Millimeter durch Mini-Ausfräsungen werden sogar genutzt. Auch das Achsgewicht der Lkw ist durch die exakt vorgegebene Beladung schon bestimmt. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Im Paddock, dem Fahrerlager, ist ebenso genau vorgegeben, wo jeweils zwei Kräne zu stehen haben und in welcher Reihenfolge die Lkw zufahren müssen.

Trotz des nun vorliegenden Wissens räumt Manfred Saurer ein, dass das Projekt eine Herausforderung dargestellt habe, die großes Vertrauen in die Außerferner Holzbauer von Seiten des Auftraggebers voraussetzte. „Wir haben das Gebäude praktisch während des laufenden Baus weiterentwickelt.“ „Work in progress“ sozusagen. Zu Beginn des Auftrages im Herbst 2018 seien noch viele Fragen offen gewesen. Nun sind sie beantwortet, schmunzelt er. Etwa, ob Holz überhaupt der richtige Baustoff sei, wenn zum Beispiel bei Regen abgebaut und das Material anschließend bei großer Hitze in einer Art Mikroklima im Lkw transportiert werden müsse. Diese Problematik habe man etwa gemeinsam mit Adler Lacke in den Griff bekommen.

Zum ersten Einsatz kam die neue "Energy Station" im F1-Fahrerlager in Barcelona (Bild), derzeit wird sie in Monaco wieder aufgebaut.
© Aufschnaiter/Red Bull

Nach dem vergangenen Rennwochenende in Barcelona bringt die Lkw-Armada das Holzhaus heute zum Hafen von Imperia in Italien. Dort läuft die Rekonstruktion auf einem riesigen Floß. Anschließend wird die Energy Station von Schleppschiffen über das Meer nach Monaco zum nächsten Grand Prix (22.–26.5.) gezogen, wo für diese Arbeiten zu wenig Platz zur Verfügung gestanden hätte. Danach setzt sich der Tross nach Le Castellet in Marsch.

Der mobile Rückzugsort wird gleich von zwei Teams (Aston Martin Red Bull Racing und Scuderia Toro Rosso) genutzt und hat die ansehnlichen Ausmaße von 1221 m². Die Abmessungen sind 32 mal 14 mal elf Meter. Zur Einrichtung, die Verstappen und Co. zur Verfügung steht, gehören neben einer kompletten Küche und Bar auch 26 Red-Bull-Kühlschränke oder 59 TV-Schirme. 32 Kilometer Kabel wurden im Bau verlegt.

Christian Saurer betont die gute Zusammenarbeit mit heimischen Firmen in Höfen. „Quasi über die Straße haben uns Metallbauer wie Leuprecht oder Pedarnig super zugearbeitet.“ Als Architekt habe Claudio Hatz fungiert, Kurt Pock zeichnete für die Statik verantwortlich und die Projektsteuerung lag in den Händen von Red Bull.

Blick in eine Ladefläche: Die Befüllung der 32 Lkw, auf denen das Motorhome zu Rennstrecken transportiert wird, ist exakt festgelegt. Sogar Ausfräsungen im Millimeterbereich werden genutzt.
© Aufschnaiter/Red Bull

Für Sie im Bezirk Reutte unterwegs:

Helmut Mittermayr

Helmut Mittermayr

+4350403 3043

Simone Tschol

Simone Tschol

+4350403 3042