Wiener Festwochen - Solo mit Schwamm: Keyvan Sarreshteh im Hamakom
Wien (APA) - Die Wiener Festwochen bestechen in den ersten Tagen durch Gegensätze. Nachdem die Auftakt-Produktion „Diamante“ fünfeinhalb Stu...
Wien (APA) - Die Wiener Festwochen bestechen in den ersten Tagen durch Gegensätze. Nachdem die Auftakt-Produktion „Diamante“ fünfeinhalb Stunden dauerte, gab es gestern im Theater Nestroyhof Hamakom den Schlussapplaus bereits nach 40 Minuten. Nach Aufführungen voller Nacktheit und Explizität reichte Keyvan Sarreshteh ein Wasserkübel und ein Schwamm für seinen Monolog „Apart-ment“.
Es ist ein Theater der Einfachheit, das der 1987 geborene Iraner, dessen Arbeitsbiografie sich überaus interessant liest, auf die Bühne stellt. Der schlanke, hochgewachsene, kahlköpfige Brillenträger empfängt die Besucher stehend, quasi als Gastgeber. Denn auf dem wenige Quadratmeter großen grauen Bühnenboden wird er in der Folge mit seinem Schwamm die Grundrisse aller acht Wohnungen skizzieren, die er seit seiner Kindheit bisher bewohnt hat. Dafür nimmt er immer wieder mit ausgebreiteten Armen Maß, um die Lage von Dusche und Toilette, Betten und Bücherregalen, Türen und Fenster zu bestimmen.
Klingt unspektakulär? Ist unspektakulär. Das allmähliche Trocknen und Verschwinden der am Boden angebrachten feuchten Skizzen ist jedoch ein wunderbares, poetisches Bild und korrespondiert mit dem Verblassen der Erinnerungen. Alles ist ephemer. Die Momente seines Lebens, an die er sich - auf Farsi, unterstützt mit Übertiteln auf Englisch und Deutsch - während des Aufbringens der Lagepläne erinnert, fügen sich zu einer Biografie, zu einem kleinen Familienroman, in dem Politisches oder Theatrales bewusst ausgespart wird. Dafür liefern QR-Codes im Programm-Leaflet die Koordinaten der Wohnungen und verorten die Geschichten konkret.
Sechs Jahre ist seine Produktion alt. Erstmals hat Keyvan Sarreshteh Gelegenheit, eine seiner Produktionen außerhalb seines Heimatlandes zu zeigen. Ab 27. Mai präsentieren die Wiener Festwochen im Theater Nestroyhof Hamakom eine zweite Arbeit aus dem Iran: Die 1982 geborene iranische Regisseurin, Performerin und Autorin Azade Shahmiri lässt in ihrem 2017 uraufgeführten Stück „Voicelessness“ eine Schauspielerin mit den digitalen Abbildern und Stimmen anderer Menschen zusammentreffen.
(S E R V I C E - „Apart-ment“ von und mit Keyvan Sarreshteh. Wiener Festwochen im Theater Nestroyhof Hamakom, Wien 2, Nestroyplatz 1, Weitere Aufführungen: 14.-16. Mai, 20.30 Uhr. Etwaige Restkarten an der Abendkasse. Azade Shahmiri: „Voicelessness“, 27.-30. Mai, 20.30 Uhr. www.festwochen.at)
(B I L D A V I S O – Pressebilder stehen im Pressebereich von www.festwochen.at zum Download bereit.)