E-Control: Strom/Gas-Wechselzahlen hoch, Markt funktioniert
Wien (APA) - Trotz der jüngst angekündigten Strom- und Gaspreiserhöhungen in Ostösterreich ab Juni funktioniert aus Sicht der Energieregulat...
Wien (APA) - Trotz der jüngst angekündigten Strom- und Gaspreiserhöhungen in Ostösterreich ab Juni funktioniert aus Sicht der Energieregulators der Wettbewerb im Endkundenmarkt. Das zeige nicht zuletzt die hohe Zahl von Anbieterwechseln, die im ersten Quartal ein neues Allzeithoch erreicht haben, meinte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch am Dienstag.
Im ersten Quartal wechselten 128.147 Strom- und Gaskunden (Haushalte und Firmen) ihren Energielieferanten - davon 99.142 den Stromanbieter (darunter 70.101 Haushalte) und 29.005 den Gaslieferanten (davon 26.526 Haushalte). Die Wechselrate betrug bei Strom 1,6 Prozent und bei Gas 2,2 Prozent.
Grund für eine Branchenuntersuchung wegen der angekündigten Strom- und Gasverteuerungen bei der EnergieAllianz, wie dies die Arbeiterkammer (AK) gefordert hat, sieht der E-Control-Vorstandsdirektor derzeit nicht, wie er am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten sagte. Seine Behörde beobachte den Markt, dieser müsse sich aber bei Strom - nach der Trennung der früher gemeinsamen Handelszone Österreich-Deutschland per Oktober 2018 - erst neu einpendeln.
Offensichtlich verfolgen die Energieversorger eine unterschiedliche Politik, meint Urbantschitsch - denn auch jene Versorger, die relativ viele Wegwechsler zu verzeichnen haben, würden bei ihren Strategien vergleichsweise hoher Preise bleiben, etwa die Energie AG Oberösterreich oder die Linz AG. Bis März haben nach E-Control-Daten 2,2 Prozent der Oberösterreicher einen neuen Strom- und 3,2 Prozent einen neuen Gaslieferanten gefunden, gefolgt ex-aequo von den Steirern und Wienern mit je 1,8 Prozent. Bei der jüngsten VKI-Energiekosten-Stop-Aktion stammte ein Viertel der Teilnehmer aus NÖ (27,8 Prozent), ein Fünftel aus OÖ (21,5 Prozent) sowie Wien (19,5 Prozent). Derartige Aktionen begrüßte Urbantschitsch, weil sie grundsätzlich den Wettbewerb fördern würden.
Hauptsächlich beeinflusst werden die Stromkosten durch die Preise von Gas, Kohle und CO2, so Urbantschitsch. Der Einfluss der Trennung der gemeinsamen Stromzone mit Deutschland habe dagegen in den vergangenen Monaten abgenommen. Seit 1. Oktober 2018 habe der Spread, also der Aufschlag am österreichischen Markt gegenüber unserm Nachbarland, im Schnitt 4,8 Euro je Megawattstunde (MWh) betragen - zuletzt aber mit abnehmender Tendenz. Im Februar habe die tatsächliche Differenz noch 3,2 Euro/MWh ausgemacht, im März 2,5 Euro, im April 0,8 Euro und in der ersten Mai-Hälfte lediglich 0,3 Euro/MWh. Dabei habe es im April und Mai über viele Stunden hinweg eine Preisgleichheit in den zwei Märkten gegeben. Das heiße aber nicht unbedingt, dass Händler auch zu solchen Preisen einkaufen könnten, das hänge von der jeweiligen Beschaffungsstrategie ab.
Früher habe es - inklusive Neukundenrabatte - gereicht, seinen Energielieferanten erst nach drei Jahren zu wechseln, verwies Urbantschitsch auf eine Untersuchung. Diese Zeitspanne habe sich mittlerweile verringert. Derzeit fahre man gerade nach zwei Jahren noch ein Stück besser, dann sollte man vielleicht doch eher weiterwechseln, um nicht auf lange Sicht schlechter zu „fahren“. Die Wechselmüdigkeit der heimischen Konsumenten führt der Experte auf „eine gewisse Trägheit“ zurück. Auch seien die Strom- und Gaspreise eigentlich nicht zu hoch, gemessen an den gesamten Haushaltskosten, und würden daher nicht so stark wahrgenommen.
Zu den die Stromrechnungen teilt der Experte die Sicht des E-Wirtschafts-Branchenverbandes Oesterreichs Energie, nämlich dass es reichen sollte, wenn Stromrechnungen elektronisch gelegt werden und auf Kundenwunsch auch auf Papier, aber ohne Zusatzkosten. Die neuen Smart-Meter-Zähler würden auch monatliche Rechnungen ermöglichen, was den Kunden für die Kontrolle mehr zeitliche Nähe zum Verbrauch ermögliche - mit monatlichen Papieren sollte aber niemand zwangsbeglückt werden.
Eine Wettbewerbsbelebung erwartet sich der E-Control-Vorstand durch die künftige Möglichkeit von lokalen „Energy Communities“, die Kunden als Prosumer eine stärkere Teilnahme am Markt ermöglichen werden, etwa für Hauseigentümer mit PV-Anlagen am Dach. Neue Dienstleistungen, die in dem Zusammenhang angeboten werden, könnten schon eine Bedrohung für die angestammten Energieversorger darstellen, meinte Urbantschitsch. Denn mit ein bisschen technischem Know-how könnten IT-Unternehmen hier schon als Anbieter auftreten und „das klassische Geschäftsmodell in Gefahr bringen“. Die Netze für die Energy Communities sollten die Netzbetreiber machen, das mache Sinn - der Aufbau einer parallelen Netzstruktur dagegen nicht. Speicher-Lösungen könnten von den EVU oder von andern Anbietern kommen, Netzbetreiber sollten sich aber hier „erst an allerletzter Stelle“ engagieren, denn aus ihrer Monopolsituation heraus könnten sie zu Verzerrungen auf den Netz- und Speichermärkten beitragen: „Erst wenn der Markt die Speicherdienstleistungen nicht bereitstellt, sollten das Netzbetreiber tun können.“
Für das umfassende Photovoltaik-Dächerprogramm im Zuge der #mission2030 (100 Prozent erneuerbarer Strom bilanziell über ein Jahr ab 2030) müsse aber erst rechtlich der Weg freigemacht werden, erinnerte Urbantschitsch - nämlich durch geplante Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EAG). Es müsse erstens der Rahmen für die wohl mehr als 100.000 PV-Anlagen auf Dächern geschaffen und zweitens der Stromaustausch zwischen verschiedenen Gebäuden ermöglicht werden. Probleme für den PV-Ausbau gebe es aber auch noch im Wohnungseigentumsrecht. Bei den Bauträgern sei es aber mittlerweile Standard, dass in neuen Anlagen Photovoltaik genutzt werde.
Dem Wärmemarkt, für den die Energieregulierungsbehörde nicht zuständig ist, würde mehr Transparenz gut tun, betonte Urbantschitsch mit Verweis auf die dort bestehenden „enormen Preisdifferenzen“, wie sie neben sehr undurchsichtigen Bedingungen, im Auftrag der AK erstellte Studien ergeben haben. Immer wieder würden sich diesbezüglich Kunden an die E-Control wenden. Sollte man eine gesetzliche Vorgabe erhalten, sich der Anliegen von Fernwärmekunden schlichtungsmäßig anzunehmen, „würden wir das tun“. Derzeit müsse man Kunden an die allgemeine Verbraucherschutzstelle verweisen, die ähnlich wie die Agentur für Fahrgastrechte agiere.
~ WEB http://www.e-control.at ~ APA280 2019-05-14/13:30