US-Plan erwägt Einsatz von 120.000 Soldaten wegen Iran - Zeitung

Riad/Washington (APA/dpa/Reuters/AFP) - Rund um die erhöhten Spannungen mit dem Iran prüfen die USA laut einem Medienbericht die Entsendung ...

Riad/Washington (APA/dpa/Reuters/AFP) - Rund um die erhöhten Spannungen mit dem Iran prüfen die USA laut einem Medienbericht die Entsendung von 120.000 Soldaten in die Nahost-Region für den Fall, dass der Iran beschleunigt an Atomwaffen arbeite oder US-Truppen angreife. Eine Invasion des Iran sehe der Plan nicht vor. Unterdessen kam es wieder zu Sabotageakten gegen die Ölinfrastruktur am Persischen Gold.

In Saudi-Arabien sind nach offiziellen Angaben zwei Ölpumpstationen von bewaffneten Drohnen angegriffen worden. Der staatliche Ölkonzern Saudi Aramco habe aus Sicherheitsgründen den Betrieb der Ost-West-Pipeline eingestellt, über die Öl aus der Ostprovinz in den Hafen Yanbu am Roten Meer transportiert wird, teilte der saudi-arabische Energieminister Khalid al-Falih am Dienstag mit. Durch den Angriff sei an einer der betroffenen Pumpstationen ein Feuer ausgebrochen und Sachschaden entstanden.

Der Vorfall ereignete sich nur wenige Tage, nachdem auch aus den benachbarten Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Sabotageakte an Öltankern gemeldet worden waren. Energieminister Falih verurteilte die Drohnenangriffe: Es sei nicht nur ein Angriff auf Saudi-Arabien, sondern auf die Sicherheit der Öltransporte in der gesamten Welt.

Verantwortlich seien möglicherweise die schiitischen Houthi-Rebellen aus dem Jemen. Sieben Drohnen hätten am Dienstag Angriffe gegen wichtige Ziele in Saudi-Arabien ausgeführt, berichtete die jemenitische Zeitung „Al-Masirah“ mit Verweis auf Militärkreise. Das Medienunternehmen steht unter Kontrolle der Houthi-Rebellen. Demnach habe es sich um Vergeltung für die kontinuierlichen Angriffe Saudi-Arabiens gegen den Jemen gehandelt.

Im Jemen kämpft eine von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition auf der Seite der international anerkannten Regierung des Landes gegen die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen. Diese hatten 2014 die Hauptstadt Sanaa und große Teile des Nordjemen eingenommen. Das mit den USA verbündete Saudi-Arabien und der Iran, der die USA als Erzfeind sind, kämpfen um die Vorherrschaft im Nahen Osten..

Wie die staatliche saudi-arabische Nachrichtenagentur SPA mit Verweis auf einen Sprecher der Sicherheitskräfte berichtete, wurden zwei Pumpstationen im Zentrum des Königreiches angegriffen. Der Angriff habe sich zwischen 6.00 und 6.30 Uhr (Ortszeit) in der Früh in den Provinzen Dawadmi und Afif ereignet.

Der US-Botschafter im Königreich sprach sich für eine deutliche, aber umsichtige Reaktion aus. John Abizaid sagte am Dienstag vor Journalisten in Riad: „Wir müssen gründlich untersuchen, was passiert ist und warum es passiert ist.“ Dann seien „vernünftige Antworten“ erforderlich, die aber keine Kriegshandlungen sein sollten. Ein Konflikt sei weder im Interesse des Iran noch im Interesse der USA und Saudi-Arabiens.

Ein US-Regierungsvertreter, der mit den heimischen Geheimdiensten vertraut ist, sagte, Hauptverdächtiger bezüglich der Sabotageakte sei der Iran. Den USA lägen aber keine eindeutigen Beweise vor. Der Iran selbst bestritt jede Verwicklung in die Sabotagefälle.

Den militärischen Plan der USA zur Entsendung von 120.000 Soldaten habe der amtierende Verteidigungsminister Patrick Shanahan vorigen Donnerstag den Sicherheitsberatern von Präsident Donald Trump vorgelegt, schrieb die „New York Times“ am Montagabend (Ortszeit). Beim Einmarsch in den Irak 2003 hätten die USA Truppen einer ähnlichen Größenordnung eingesetzt. Für einen Einmarsch in den Iran wären erheblich mehr Truppen nötig, hieß es. Unklar sei, ob Trump der Entsendung einer solch großen Anzahl Soldaten in die Region zustimmen würde.

Die Überarbeitung der Militärpläne sei von Trumps Sicherheitsberater John Bolton angeordnet worden, heißt es in dem Bericht weiter. Der Plan spiegle den Einfluss Boltons wider, der schon unter Präsident George W. Bush auf eine Konfrontation mit dem Iran gedrängt habe.

Der Konflikt der USA mit dem Iran hat sich nach dem einseitigen Ausstieg Washingtons aus dem Wiener Atomdeal von 2015 mit der Verhängung neuer US-Sanktionen gegen die Islamische Republik jüngst verschärft. Zuletzt warnte die Regierung in Washington vor Anschlägen auf die Ölversorgung. Präsident Trump ließ US-Kriegsschiffe und Bomber in die Golfregion verlegen. US-Außenminister Mike Pompeo sucht derzeit international Unterstützung für die Haltung der USA. Am Montag kam er ohne Einladung zum EU-Außenministertreffen; am heutigen Dienstag trifft er in Sotschi seinen russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Die EU äußerte sich besorgt über die Gefahr einer militärischen Eskalation. Russland gehört neben China, Frankreich, Deutschland und Großbritannien zu den verbliebenen Vertragspartnern des Atomdeals, der verhindern soll, dass der Iran Nuklearwaffen baut.

Teheran hatte vergangene Woche angekündigt, bestimmte Auflagen aus der Vereinbarung nicht mehr einzuhalten und binnen 60 Tagen mit weiteren Schritten gedroht, weil die verbliebenen Vertragspartner hätten nicht wie zugesichert dafür gesorgt, dass die iranische Öl- und Finanzindustrie vor den Folgen von US-Sanktionen geschützt werde. Andernfalls werde die Anreicherung von Uran wieder aufgenommen. Der radioaktive Stoff kann je nach Anreicherungsgrad für den Betrieb von Atomkraftwerken oder aber hochangereichert für den Bau von Nuklearwaffen genutzt werden.

Spanien zieht sich unterdessen vorübergehend aus dem US-geführten Flottenverband vor dem Iran zurück. Die Fregatte „Mendez Nunez“ sei aus der Gruppe unter Führung des US-Flugzeugträgers „USS Abraham Lincoln“ herausgelöst worden, teilte das Verteidigungsministerium am Dienstag in Madrid mit. Diese Entwicklung könnte auf die Differenzen zwischen Europa und den USA über die Iran-Politik hindeuten, denn die Europäische Union hält weiterhin am Atomabkommen mit dem Iran fest - Washington ist voriges Jahr einseitig ausgestiegen.

Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) bei der EU-Wahl, Manfred Weber, sprach sich für eine Vermittlerrolle der EU im Iran-Konflikt aus, „damit der Konflikt nicht noch weiter eskaliert“, sagte der CSU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine militärischen Konfrontation müsse „unter allen Umständen verhindert werden“. Aber auch Weber verteidigte das Atomabkommen mit dem Iran und kritisierte in diesem Zusammenhang die Strategie Washingtons: „Ich halte es für falsch und hoch problematisch, dass die USA das Atomabkommen gekündigt haben.“

Der frühere deutsche Botschafter in Washington, Jürgen Chrobog, warf den USA wegen der Verlegung von US-Kriegsschiffen und -Langstreckenbombern in die Nahost-Region Kriegstreiberei vor. „Die totale Aufrüstung in der Golf-Region ist hochgefährlich“, sagte Chrobog am Dienstag dem deutschen Sender SWR. Schon ein kleiner Zwischenfall könne zur Eskalation führen: „Die Kriegsgefahr ist groß.“