Extremismus

Mails von Christchurch-Attentäter gelöscht: Wurde Sellner gewarnt?

Martin Sellner, Sprecher der rechtsextremen "Identitären Bewegung Österreich" (IBÖ).
© APA

Der Attentäter von Christchurch und der Chef der rechtsextremen Identitären, Martin Sellner, haben laut Berichten mehr als nur ein Email ausgetauscht. Sellner hat dem Mann, der später in zwei Moscheen 50 Menschen getötet hatte, angeboten, sich auf einen Kaffee oder ein Bier zu treffen, wenn er mal in Wien sei. Innenminister Kickl (FPÖ) sieht in den Mails nichts Neues.

Wien – Der rechtsextreme Attentäter von Christchurch und Identitären-Chef Martin Sellner könnten mehr Kontakt gehabt haben als bisher angenommen. Wie die „ZiB 2“ am Dienstag berichtete, haben sie mehr als nur ein Email ausgetauscht und Sellner hat dem Mann, der später in zwei Moscheen 50 Menschen getötet hatte, angeboten, sich auf einen Kaffee oder ein Bier zu treffen, wenn er mal in Wien sei.

Der Australier hatte Sellner im Jahr 2018 über 1500 Euro gespendet. Nach dem Anschlag im März 2019 führte das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) eine Hausdurchsuchung bei Sellner durch und leitete ein Verfahren wegen des Verdachts der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ein.

Sellner bestritt Kontakt zu Attentäter

Sellner räumte ein, vom Attentäter eine Spende erhalten zu haben und sich per E-Mail dafür bedankt zu haben. Er habe aber keinen Kontakt zu dem 28-jährigen Attentäter gehabt und ihn auch nie getroffen. Er hätte sich aber mit dem Mann auf einen Kaffee getroffen, wenn dieser ihn angeschrieben hätte, als er in Österreich war, sagte Sellner nach Bekanntwerden der Spende.

Das wird in den nun publik gewordenen Email bestätigt. Darin schreibt Sellner laut „ZiB“ dem Australier: „Wir sollten auf einen Kaffee oder Bier gehen, wenn du in Wien bist.“

Kickl sieht in Sellner-Mails nichts Neues

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hat am Mittwoch in der Causa auf die laufenden Ermittlungen verwiesen. Die Vermutung, dass Sellner Teil eines rechtsextremen Netzwerks sein könnte, sei nichts Neues, darauf fußten die Ermittlungen schließlich.

„Die Ermittlungen sind jetzt am Laufen, dann wird es zu einer abschließenden Beurteilung kommen“, sagte Kickl vor dem Ministerrat. Da sich die Reiseaktivitäten des späteren Attentäters nicht auf Österreich beschränkt haben, brauche es eine Kooperation mit den neuseeländischen Behörden. Ein entsprechender Informationsaustausch sei seines Wissens geplant.

In Bezug auf mögliche Auflösungen von Vereinen der Identitären verwies er auf die Landespolizeidirektionen Oberösterreich und Steiermark, die dafür zuständig seien. Eine „persönliche Einschätzung“ wollte er nicht abgeben. Diese sei nicht relevant. Der Innenminister versicherte jedenfalls, dass in der Causa „gründlich ermittelt wird.

SPÖ und JETZT vermuten Warnungen an Sellner

Die SPÖ und die Liste JETZT verlangen Aufklärung durch das Innenministerium. Vor allem Berichte, wonach Sellner die Mails wenige Stunden vor der Hausdurchsuchung bei ihm gelöscht habe, seien „höchst aufklärungswürdig“, meinte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda.

„Es fällt mir angesichts der engen Verbindungen zwischen der FPÖ und den Identitären schwer, hier an einen Zufall zu glauben“, sagte Drozda in einer Aussendung am Mittwoch. „Ich fordere FPÖ-Innenminister Kickl auf, dringend aufzuklären, ob Sellner möglicherweise vor der Hausdurchsuchung gewarnt wurde“, so Drozda. Auch JETZT-Mandatar Peter Pilz sieht den „Verdacht“ erhärtet, „dass die Hausdurchsuchung bei Sellner im März 2019 verraten worden sein dürfte“. Dies würden „Akten, Zeugenaussagen und eigene Recherchen von Peter Pilz im Innenministerium“ bestätigen, erklärte der Abgeordnete in einer Aussendung und kündigte eine parlamentarische Anfrage an Kickl an. (APA, TT.com)