Stichwort: Sotschi
Wien/Sotschi (APA) - Dass das österreichisch-russische Dialogforum, das am Mittwoch offiziell gestartet wird, nach Sotschi benannt wurde, ha...
Wien/Sotschi (APA) - Dass das österreichisch-russische Dialogforum, das am Mittwoch offiziell gestartet wird, nach Sotschi benannt wurde, hat mehrere Gründe. „Wir wissen um die Bedeutung, die der Ort für Russland hat vor dem Hintergrund der Olympischen Spiele“, antwortete Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) im März dieses Jahres auf die APA-Frage nach der Namensgebung für den Sotschi-Dialog.
Sotschi habe sich „immer mehr zu einem Konferenz- und Tagungsort entwickelt“ und sich „international einen Namen gemacht, weil es Ort der Begegnung ist. Daher haben wir uns für diesen Ort entschieden“, so Kneissl.
Spekuliert wurde aber auch über einen möglichen Zusammenhang mit den Aktivitäten des deutschen Kulturmanagers Hans-Joachim Frey, der vor seiner Berufung nach Sotschi die städtische Linzer Veranstaltungsgesellschaft LIVA leitete. In Sotschi fungiert Frey nunmehr als künstlerischer Leiter des Sirius-Bildungszentrums, das sich als eine Eliteschmiede für hochbegabte Kinder versteht: Präsident Wladimir Putin ist bei diesem Prestigeprojekt Vorsitzender des Beirats. Das Beiratspräsidium wird vom Kreml-Beamten Andrej Fursenko geleitet. Fursenko ist gleichzeitig designierter Co-Vorsitzenden des Sotschi-Dialogs.
Jedenfalls verbrachte der russische Präsident in den letzten Jahren viel Zeit in seiner Residenz in Sotschi und angesichts der Tatsache, dass seine Heimatstadt als Namensgeber für den St. Petersburger Dialog zwischen Deutschland und Russland bereits vergeben ist, erscheint diese Wahl gerade auch aus der Perspektive Putins nachvollziehbar.
Der Ort selbst heißt übrigens erst seit 1896 Sotschi, abgeleitet nach dem Fluss, der durchfließt. Rund 400.000 Menschen leben in der „Perle am Schwarzen Meer“, wie die Stadt mit ihren Sandstränden, Palmen und Sicht auf das schneebedeckte Kaukasus-Gebirge auch genannt wird. Die meisten Bewohner sind Russen, aber auch einen großen Bevölkerungsanteil machen Armenier aus, die sich im 19. Jahrhundert ansiedelten.
Besiedelt wurde die Gegend bereits vor Jahrtausenden. Im 5. Jahrhundert vor Christi trieben hier Griechen Handel. Später gehörte die Siedlung zum Königreich Abchasien, das im Königreich Georgien aufging. Ab dem 15. Jahrhundert wurde die Gegend vom Osmanischen Reich beherrscht, die Islamisierung setzte ein. Nach dem Russisch-Türkischen Krieg (1828-1829) wurde das Gebiet um Sotschi vertraglich an Russland gebunden.
Die muslimischen Völker lehnten aber die russische Herrschaft ab und es kam zum Kaukasischen Krieg, der fast 50 Jahre andauerte. Mitten in diesem Krieg wurde Sotschi 1838 als Fort und Siedlung Alexandrija gegründet. Nach Kriegsende folgten Umsiedelungen und Vertreibungen, die viele Menschenleben forderten.
Zur Jahrtausendwende entwickelte sich Sotschi zu einem Kur- und Badeort, beliebt auch bei der russischen Oberschicht. Josef Stalin ließ eine seiner Datschen errichten. Botscharow Rutschei dient bis heute als eine der Residenzen des russischen Präsidenten, in der das Staatsoberhaupt auch ranghohe Gäste empfängt.
Internationale Bekanntheit erreichte Sotschi, als es 2014 die Olympischen Spiele austrug. Salzburg war 2007 mit seiner Olympiabewerbung gegen die Schwarzmeerstadt unterlegen. Als Trostpreis gab es jedoch im Zusammenhang mit der olympischen Spielen aus Sotschi zahlreiche Aufträge an österreichische Unternehmen. Das Wintersportereignis, das für Österreich mit 17 Medaillen endete, wird den Österreichern aber auch wegen des Dopingskandals rund um Langläufer Johannes Dürr in Erinnerung bleiben. Seit 2014 werden in Sotschi außerdem Formel-1-Rennen gefahren und im Vorjahr fand die Fußball-WM hier statt.
Auch der als sportbegeistert bekannte russische Präsident hält sich oft in der Stadt auf. Außerdem nutzt Putin den Ort gern als Gesprächsort. Hier empfing er u.a. die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, Irans Präsidenten Hassan Rouhani oder zuletzt US-Außenminister Mike Pompeo. Am Mittwoch wird Putin dort Bundespräsident Van der Bellen empfangen. Gemeinsam eröffnen die beiden Staatsoberhäupter den Sotschi-Dialog.