Kein Startplatz in Tokio? Stiggers olympischer (Alb-)Traum
Olympia 2020 ohne Österreicherin im Mountainbike-Cross-Country? Nach der Herzmuskelentzündung von Lisi Osl bangt das Team um den Startplatz. Richten soll es Laura Stigger, die am Sonntag im U23-Weltcup debütiert.
Von Roman Stelzl
Innsbruck – Für eine, die immer etwas tun muss, ist Nichtstun die Höchststrafe. Davon konnte die Haimingerin Laura Stigger zuletzt wegen einer Erkältung ein Lied singen. Und mit ihrer Tiroler Landsfrau Lisi Osl teilt auch die zweite österreichische Top-Mountainbikerin ein ähnliches Schicksal.
„Bei mir wurde eine Herzmuskelentzündung festgestellt“, erklärte die 33-jährige Ex-Gesamtweltcupsiegerin und ergänzte: „Daher werde ich vorerst mein Bike auf die Seite stellen müssen, auch wenn es mich kurzfristig ziemlich hart trifft. Und es fällt sehr schwer, sportlich nichts zu tun.“
Osl fehlt im Kampf um die Olympia-Tickets
Ein herber Rückschlag. Sport ist tabu. Wie lange das so ist, bleibt abzuwarten. „Ich hoffe nicht, dass es eine langwierige Sache ist. Aber es ist möglich, dass sie uns die ganze Saison fehlt“, sagt MTB-Sportkoordinator Christoph Pernicek. Es kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, beginnt doch am Wochenende in Albstadt (GER) der Weltcup und damit der Kampf um Startplätze für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio (JPN). Ohne Österreichs stärkste Elite-Fahrerin.
Tickets gibt es über die zweijährige Nationenwertung (Mai 2018 bis Mai 2020) für die besten 21 Teams – und auf dem vakanten 21. Platz liegt Österreich. Fehlt mit Osl nun die eifrigste Punktelieferantin, droht wie 2016 in Rio (BRA) das Worst-Case-Szenario: Österreichs Damen erhalten keinen Startplatz.
Besonders hart würde das diejenige treffen, der dieser eine Startplatz zugedacht ist: Tirols Sportlerin des Jahres Laura Stigger. Die 18-jährige Haimingerin ist der Inbegriff von Erfolg. Im Juniorenbereich gab es einen Sieg nach dem anderen, zuletzt im Jahr 2018 gleich bei zwei Weltmeisterschaften – binnen weniger Tage auf dem Straßenrad und Mountainbike. Ihr großes Ziel heißt nun Olympia 2020. Viele trauen ihr schon dort große Leistungen zu. Doch nun droht ihr dieser Traum aus den Händen zu gleiten und sich um zumindest vier Jahre zu verschieben. Auch das wäre ein herber Rückschlag.
Mountainbike - Olympia-Quali, WM und Weltcup-Auftakt
Olympia-Qualifikation für Tokio (JPN) 2020: Nationenranking (Mai 2018 bis Mai 2020): drei Startplätze: Top-2-Nationen. Zwei Startplätze: Rang drei bis sieben. Ein Startplatz: Rang acht bis 21 (insgesamt 30 Plätze).
WM 2019 in Kanada: je ein Startplatz an die besten zwei nicht qualifizierten Nationen in der Elite und der U23-Klasse (4 Plätze).
Weltcup-Auftakt in Albstadt (GER/Freitag bis Sonntag): u. a. mit Laura Stigger, Anna Spielmann, Max Foidl, Gregor Raggl, Charly Markt.
Machtlos ist Stigger aber nicht. Am Sonntag startet Österreichs Radsportlerin des Jahres in Albstadt erstmals im Cross-Country-Weltcup in der U23-Klasse. „Laura geht es wieder gut, wir müssen aber erst schauen, wie es im Rennen läuft. Wir werden jedoch nichts erzwingen. Bei Lisi Osl sieht man ja, wie schnell es gehen kann“, erklärt ihr Trainer Rupert Scheiber.
Für das Olympia-Nationenranking kann zwar auch Stigger Zähler sammeln – doch selbst ein Weltcup-Sieg, den viele erhoffen, käme punktemäßig nur Rang elf in der Elite gleich. Somit müssen andere „aushelfen“, so wie Anna Spielmann oder Lisa Pasteiner. In der Elite dürfte Stigger erst 2020 (nach einem Jahr im U23-Bereich) starten. Bleiben also nur die (Elite-)Rennen abseits des Weltcups.
Kritik an der Nationenenwertung
Daher wird sich alles auf ein einziges Rennen zuspitzen: die WM in Mont Sainte-Anne (CDN/28. August bis 1. September). Dort erhalten die zwei besten noch nicht qualifizierten Nationen in der U23-Klasse einen Extra-Startplatz. „Doch selbst der WM-Titel könnte für Stigger zu wenig sein, wenn die anderen stark fahren. Auch wenn es unwahrscheinlich ist – sie hat es nicht selbst in der Hand“, erklärt Pernicek. Und: Auslassen dürfe dort keiner.
Die Nationen-Regelung erntet viel Kritik. Auch von Charly Markt. „Für mich gehört das überarbeitet. Es sollten einfach die Stärksten starten dürfen, so wie es bei anderen der Fall ist. Bei uns müssen viele der Besten zuschauen“, meint der 39-jährige Ötztaler, der mit dem Schweizer Möbel Märki Team in den Weltcup startet.
Nach den starken Leistungen des Roppener Teamkollegen Gregor Raggl und des Kitzbühelers Max Foidl (sowie Osl bei JB Brunex Felt) winken den Herren sogar zwei Plätze bei Olympia 2020. Davon können die Damen nur träumen.