Kardinal unter Strom: Deutliches politisches Zeichen aus dem Vatikan
Rom (APA/dpa) - Der polnische Kardinal Konrad Krajewski hat mit einer Initiative zugunsten der Einwohner eines besetzten Gebäudes in Rom für...
Rom (APA/dpa) - Der polnische Kardinal Konrad Krajewski hat mit einer Initiative zugunsten der Einwohner eines besetzten Gebäudes in Rom für Aufsehen gesorgt. Er reaktivierte die wegen ungezahlter Rechnungen abgedrehte Stromversorgung im Haus. Es mag keine große Nachricht sein, wenn der oberste Armutsbeauftragte des Vatikans Bedürftigen hilft. Doch der Kardinal hat ein deutliches politisches Zeichen gesetzt.
Der Geistliche hat mit seinem Vorgehen das Gesetz gebrochen. Er ist mit seiner Tat zum Symbol für Solidarität und Menschlichkeit in einem Land aufgestiegen, in dem vor allem der rechte Innenminister Matteo Salvini mit Hetze gegen Migranten den Ton angibt.
In dem Haus „Spin Time“ wohnen mehr als 400 Menschen, viele Familien, viele Ausländer, darunter rund 100 Kinder. Überall in Rom - ja in ganz Italien - gibt es diese Häuser, sie heißen auch „centri sociali“ und sind so etwas wie soziale Treffpunkte. Oft sind sie organisiert von linken Aktivisten. Manchmal schlimm heruntergekommen, manchmal aber auch fast wohnlich. Vor allem den Rechtspopulisten in der Regierung sind sie ein Dorn im Auge.
Für viele ist die Geste des Vatikans nun eindeutig ein Zeichen, dass sich der Chef des Hauses - nämlich Papst Franziskus - endgültig aktiv in die Politik einmischt. Die römische Zeitung „Il Messaggero“ sieht in der Strom-Aktion gar einen „Spiegel eines ganzen Pontifikats“. Franziskus predigt seit seinem Amtsantritt eine Kirche für die Armen. Nahe am Menschen. Geld, Machtgier und Protz auch in der Kirche verpönt er. Und vor allem setzt er sich ein ums andere Mal für Migranten und gegen Nationalismus und Rassismus ein. Die Kirche müsse dem „populistischen Narrativ von Hass und Furcht“ eine positive Botschaft entgegensetzen, lautet das Motto des Argentiniers.
Um diese Botschaft zu untermauern, traf er vorige Woche auch Sinti und Roma im Vatikan. Die waren zuletzt in der römischen Peripherie mit Hitlergruß und mit heftigen Protesten vertrieben worden. Salvini will sie „mit dem Bagger“ am liebsten gleich ganz wegschaufeln und nennt sie auch schon mal „Würmer“. In Italien ist die Wortwahl nicht mal mehr ein Skandal.
„Die wahren Bürger zweiter Klasse sind diejenigen, die Menschen beiseiteschieben: Das sind Bürger zweiter Klasse, weil sie nicht zu umarmen wissen“, sagte der Papst bei dem Roma-Treffen. Später protestierten Anhänger der neofaschistischen Partei Forza Nuova in der Nähe des Petersplatzes gegen Franziskus.
Auch hinter dem Elektriker-Einsatz des Kardinals stecke Franziskus, um eine Botschaft in die Welt zu senden, sagte der Kirchenhistoriker Francesco Margiotta Broglio dem „Messaggero“. Und der zweite Mann im Vatikan, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, erklärte, mit der Aktion solle „die Aufmerksamkeit auf ein reales Problem gelenkt werden, das Menschen, Kinder, Alte betrifft“.
Salvini - der sich gern als gläubiger Katholik mit Rosenkranz zeigt - beeindruckte das Signal von oben wenig. „Wenn sie im Vatikan die Rechnungen für alle Italiener in Schwierigkeiten zahlen wollen, sollen sie uns die Kontonummer geben“, sagte er. „Illegalität zu unterstützen ist nie eine gute Botschaft.“
Was dem Almosenmeister nun für Konsequenzen drohen, steht noch nicht fest. Krajewski betonte jedenfalls, dass er jede Strafe zahlen werde.