Pænda singt heute um Finalticket: Erlebt sie ihr blaues Wunder?
18 Länder wetteifern heute Abend beim 2. Halbfinale des Eurovision Song Contest um die letzten zehn Finaltickets — darunter auch Österreich. Die Wettbüros haben dabei den Daumen für die blauhaarige Sängerin Pænda gesenkt. Die Konkurrenz ist stark, der Song vielen zu schwach. Das muss aber nichts heißen. Ein Semifinale zwischen Druck und Daumen drücken.
Von Tamara Stocker
Innsbruck, Tel Aviv — Limits. Grenzen. So heißt das Lied, mit dem die bis vor drei Monaten der breiten Masse noch völlig unbekannte Pænda (31) ihr Glück beim Eurovision Song Contest (ESC) in Israel versuchen will. Und geht es nach Buchmachern, werden der untypischen Elektropopballade bereits im heutigen zweiten Halbfinale die Grenzen aufgezeigt. Das 18-köpfige Starterfeld ist mit Favoriten gespickt.
„Wie Sex ohne Orgasmus"
Für Pænda heißt es also: Grenzen sprengen. Nörgler verstummen lassen. Nach den guten Ergebnissen Österreichs in den vergangenen Jahren sind die Erwartungen nämlich nicht gerade kleingehalten. Doch seitdem bekannt ist, mit welchem Lied wir nach Tel Aviv reisen, hagelte es weitgehend vernichtende Urteile — und das nicht nur in den Kommentarspalten der sozialen Netzwerke. „Das ist wie Sex ohne Orgasmus — weit und breit kein Höhepunkt", befand etwa der Tiroler Journalist und Song-Contest-Kenner Ralf Strobl, der 2011 Teil des ESC-Teams von Nadine Beiler war.
Rund um den ESC
- BLOG: Wer mit wem, wann und wo über alle Hintergründe zum Song Contest berichten wir die ganze Woche lang in unserem News-Blog: go.tt.com/esc2019-blog
- LIVE-TICKER: Das 2. Halbfinale kommentiert TT.comgegen 21 Uhr live!
Und sogar ESC-Scout Eberhard Forcher, der Pænda selbst aussuchte, ist sich „dem Risiko bewusst", wie er der TT im Interview schilderte. „Sie wird es schwer haben. Der Song überfordert. Trotzdem ist es für uns ein Statement, eines, das wir uns nach den erfolgreichen letzten Jahren auch erlauben dürfen."
Der Tiroler Moderator Andi Knoll, der den Song Contest heuer zum 20. Mal für den ORF kommentiert, gab sich im Vorfeld etwas diplomatischer: „Es wurde eh schon ausführlich besprochen, dass das Lied sehr ruhig ist, vielleicht zu wenig Mitsingsmöglichkeit hat. Ich könnte mir aber vorstellen, dass ein kleiner, schlichter Song neben all diesen durchproduzierten mit Effekten überladenen Nummern auffallen und weiterkommen kann."
Bangen um das Finalticket
Im Vergleich zum schwachen ersten Semifinale ist die Konkurrenz am Donnerstag groß. Pænda wird das Feld passgenau in der Mitte mit Startnummer neun bespielen — und damit direkt nach Titelanwärter John Lundvik, der für Schweden mit seelenlosem Retortenpop zum Mikro greift. Fix mit einem Finalticket rechnen kann auch der Niederländer Duncan Laurence, der in den Wettquoten mit seinem melancholischem Liebespoem „Arcade" schon seit Wochen die Nase vorne hat.
Auch für Russland, Aserbaidschan, Malta und die Schweiz — die sich heuer übrigens von „DSDS"-Gewinner Luca Hänni vertreten lässt — haben die Zocker einen finalen Platz in der Top Ten reserviert. Im 2. Semifinale wird Österreich derzeit auf Platz 14 von 18 gereiht — damit wäre einer der zehn letzten Finalplätze außer Reichweite. Es ist also mehr ein Glücks-, als ein Freilos, auf das „Blaukäppchen" Pænda hoffen muss.
Hier gibt's alle Beiträge des 2. Halbfinales im Schnelldurchlauf zum Anhören:
Andi Knoll glaubt an Überraschung
Aber wie die Vergangenheit beweist, liegen die Tippspieler freilich nicht immer richtig; das weiß auch Andi Knoll nur zu gut: „Ich glaube heuer an einen Überraschungssieger. Man sollte die Wettquote von Pænda deshalb nicht überbewerten." Sein Nachsatz: „Ich persönlich hätte es am Schluss mehr wummen lassen, dem Song am Ende mehr Druck gegeben."
Druck. Genau darüber singt Paenda auch. In „Limits" stellt sie gesellschaftliche Zwänge an den Pranger. Sie kritisiert den Druck, den jeder in der Gesellschaft verspürt. „Man muss immer stark, immer gut gelaunt, immer perfekt sein", sagt die Wahl-Wienerin über ihren selbstgeschriebenen Song, der bewusst reduziert gehalten ist. Auch in der Inszenierung. Er komme jedenfalls von Herzen, erzählt sie.
Aber Druck macht sich die 31-Jährige nicht. Sie wolle nicht über ihr Abschneiden in Tel Aviv nachdenken. Am wichtigsten sei es, den Moment zu genießen und die Bühne mit einem super Gefühl zu verlassen, erklärt die Steirerin zur Erwartungshaltung ihrer Landsleute. Aber kritische Stimmen im Vorfeld gehören zum Song Contest wie das Amen im Gebet — davon kann wohl vor allem Conchita Wurst ein Lied singen.