Innsbruck liest

„Ein Buch ist immer ein schönes Geschenk“

Die bereits mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin Laura Freudenthaler wurde 1984 in Salzburg geboren und lebt in Wien.

Im Rahmen von „Innsbruck liest“ wird ab morgen das Buch „Die Königin schweigt“ verschenkt. Ein Gespräch mit Autorin Laura Freudenthaler.

10.000 Exemplare Ihres Debütromans „Die Königin schweigt“ werden ab morgen im Rahmen von „Innsbruck liest“ kostenlos verteilt. Was halten Sie von dieser städtischen Leseaktion?

Laura Freudenthaler: Zunächst finde ich es natürlich großartig, dass mein Roman unter die Leute gebracht wird. Ein Buch ist immer ein schönes Geschenk. Ich finde es erfreulich, dass es eine so konzertierte und konzentrierte Bemühung gibt, Literatur näher an die Menschen zu bringen. Das generiert große Aufmerksamkeit und es ist auch eine schöne Wertschätzung für Autorinnen und Autoren. Es werden aber nicht nur einfach Bücher verteilt. Es gibt auch ein ansprechendes Vermittlungsprogramm, das an unterschiedlichen Orten stattfindet. Ich freue mich schon auf meine Lesungen, auf die Begegnungen und die Gespräche.

Das „Innsbruck liest“-Buch ist ein Geschenk, das Lust aufs Lesen machen soll. Erreicht man Ihrer Meinung nach mit einer solchen Aktion auch ein literaturfernes Publikum?

Freudenthaler: Ich kann schwer beurteilen, ob man mit dieser Aktion auch Menschen erreicht, die ansonsten wenig lesen. Trotzdem finde ich die Initiative wichtig, denn plötzlich gibt es an Orten Bücher, wo man sonst keine vermuten würde. Damit werden Menschen erreicht, für die es nicht selbstverständlich ist, in eine Bibliothek oder in eine Buchhandlung zu gehen. Ich glaube, die größte Schwierigkeit beim Lesen ist, dass man Orte der Ruhe braucht, um sich in einen Text vertiefen zu können.

Ihr Debüt erzählt von einer einfachen Frau. Glauben Sie, dass Menschen, die eher wenig lesen, sich davon mehr angesprochen fühlen?

Freudenthaler: Tatsächlich ist es mir schon öfters passiert, dass Leser zu mir gesagt haben, dass sie meinen Roman Menschen geschenkt haben, die ansonsten nicht so viel lesen.

Ihr Roman ist in der Zwischenkriegszeit angesiedelt und erzählt von einer schweigsamen Frau, die auf einem Bauernhof aufwächst. Warum wollten Sie über das Schweigen dieser Frau schreiben?

Freudenthaler: Mich hat die spezifische Form des Schweigens interessiert. Es muss nicht bedeuten, dass über bestimmte Dinge nicht geredet wird. Es wird verklausuliert über Dinge gesprochen. Diese verschiedenen Arten von Sprechen und Nicht-Sprechen habe ich selbst erlebt und deshalb wollte ich eine sprachliche Form dafür finden. „Die Königin schweigt“ hat viel mit dem Leben meiner Großmutter zu tun.

Wer hat Sie in Ihrem Leben zum Lesen ermutigt?

Freudenthaler: Ich bin in einem Haushalt mit sehr vielen Büchern aufgewachsen und mit einer Deutschlehrerin als Mutter, die immer schon eine leidenschaftliche Leserin war. Ich konnte mich schon früh für Kinderbücher begeistern. Als Kind habe ich Bücher geliebt, die viel mit Natur zu tun hatten. Und mich hat es immer schon fasziniert, dass Bücher eigene Wirklichkeiten erzeugen.

Welche Herausforderungen mussten Sie beim Schreiben Ihres ersten Romans bewältigen?

Freudenthaler: Die spezielle Herausforderung bei „Die Königin schweigt“ war, dass ich sehr lange an diesem Text geschrieben habe und nach langen Unterbrechungen immer wieder zu ihm zurückgekehrt bin. Ein Grund dafür war wohl der Umfang – es handelt sich ja um ein ganzes, langes Leben. Das zu durchdringen, eine Form zu finden, die alles erzählt, auch das Schweigen, hat Zeit gebraucht.

Welche literarischen Vorbilder waren und sind für Sie wichtig?

Freudenthaler: Für mich ist es nicht so, dass es konkrete Autoren gibt, von denen ich sagen kann, dass ich genauso schreiben möchte. Aber natürlich gab es Vorbilder, Virginia Woolf hat mich schon früh begeistert. Manchmal interessiert man sich auch für Schriftsteller deshalb besonders, weil sie ganz anders schreiben als man selbst. Heimito von Doderer etwa fasziniert mich mit seiner epischen Erzählform. Letztlich bleibt es aber ein großes Geheimnis, was gute Literatur ausmacht.

Sie werden im Rahmen von „Innsbruck liest“ auch an unterschiedlichen Orten lesen. Worauf freuen Sie sich ganz besonders?

Freudenthaler: Auf die Lesung in der Straßenbahn. Ein Ort, an dem ich noch nie gelesen habe und an dem wohl überhaupt selten Lesungen stattfinden. Solche ungewohnten Situationen finde ich immer reizvoll.

Vor Kurzem ist Ihr zweiter Roman „Geistergeschicht­e“ (Droschl) erschienen. Arbeiten Sie nun an etwas Neuem?

Freudenthaler: Derzeit lese ich viel aus meinem neuen Roman. Daher sitze ich momentan wenig am Schreibtisch, aber ich sammle ständig Notizen. So gesehen schreibe ich immer.

Das Gespräch führte Gerlinde Tamerl