Forscher verpassen Bakterien künstliches Genom mit vereinfachtem Code
Wien/Cambridge (APA) - Die Natur verwendet auf dem Erbgut teils verschiedene Codes für gleiche Eiweißstoffe. Ein Forscherteam mit österreich...
Wien/Cambridge (APA) - Die Natur verwendet auf dem Erbgut teils verschiedene Codes für gleiche Eiweißstoffe. Ein Forscherteam mit österreichischer Beteiligung stellte Bakterien (Escherichia coli) mit künstlichem Erbgut her und veränderte dabei den Code so, dass drei solcher Synonyme wegfallen. Diese wären nun frei, um die Mikroben beliebige Stoffe produzieren zu lassen, berichteten die Forscher im Fachblatt „Nature“.
Das Erbgut (Genom) jeglicher Lebewesen ist aus vier Buchstaben (A,C,G,T) verfasst. Jeweils drei bilden ein „Wort“ (Codon), das beim Übersetzen in Eiweißstoffe bestimmt, welcher Teil (Aminosäure) als nächstes kommt. Bei 18 von 20 Aminosäuren gibt es mehrere gleichbedeutende Codons. Außerdem existieren drei unterschiedliche Schlusszeichen.
Die Forscher um Jason Chin vom Medical Research Council (MRC) Laboratory of Molecular Biology in Cambridge (Großbritannien) produzierten ein künstliches Escherichia coli-Erbgut, wo zwei Synonyme für die Aminosäure „Serin“ konsequent durch zwei andere Synonyme ersetzt wurden. Außerdem ersetzten sie eines der drei Stopp-Zeichen durch ein anderes. Dadurch verloren insgesamt drei Codons (zwei Worte und ein Schlusszeichen) ihre Bedeutung. Man könnte ihnen nun eine neue Bedeutung verpassen und so die Bakterien dazu bringen, verschiedenartige Substanzen mit artifiziellen Aminosäuren herzustellen.
Das vereinfachte Erbgut wurde von Grund auf neu und künstlich hergestellt, erklärte der österreichische Biologe Wolfgang Schmied, der ebenfalls am MRC in Cambridge forscht, der APA: „Dafür waren 18.000 Veränderungen im Genom notwendig - und wir mussten das größte bisher produzierte synthetische Genom Stück für Stück zusammensetzen“. Es ist vier Millionen Buchstaben (4 Megabasen; MB) lang. Der bisherige Rekord lag bei gut einem Viertel für ein künstliches Genom des Bakteriums Mycoplasma mycoides (1,08 MB) und einzelne Chromosomen der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae (0,99 MB).
(S E R V I C E - Fachartikel: http://dx.doi.org/10.1038/s41586-019-1192-5)