Praevenire - Wissen entscheidet über Gesundheit und Krankenbehandlung
Seitenstetten (APA) - Das Wissen und das Verstehen von wichtigen Informationen entscheidet in vielen Fällen über Gesundheit und das Erreiche...
Seitenstetten (APA) - Das Wissen und das Verstehen von wichtigen Informationen entscheidet in vielen Fällen über Gesundheit und das Erreichen einer optimalen Krankenbehandlung. Österreich schneidet bei dieser Gesundheitskompetenz im Vergleich mit weiteren sieben EU-Ländern schlecht ab, erklärte am Mittwoch der Wiener Medizinsoziologe Jürgen Pelikan bei den Praevenire Gesundheitstagen in Seitenstetten.
„Die Gesundheitskompetenz hat eine beachtliche Auswirkung“, sagte Pelikan. Das Wissen, die Motivation und die Fähigkeit des Einzelnen, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, stelle einen ganz zentralen Parameter für das Wohlergehen der Menschen dar.
Pelikan und ein europäisches Expertenteam haben zwischen 2009 und 2012 zum Ausmaß der Gesundheitskompetenz in Österreich, den Niederlanden, Irland, Polen, Griechenland, Deutschland, Spanien und Bulgarien Daten von jeweils mehr als 1.000 Probanden gesammelt. Die Österreicher schnitten dabei schlecht ab.
So ergab sich bei 18,2 Prozent der Österreicher ein Hinweis auf völlig inadäquate Gesundheitskompetenz. In den Niederlanden lag dieser Anteil nur bei 1,8 Prozent, in Irland bei 10,3 Prozent. In Polen zeigten 10,2 Prozent der Menschen über 15 Jahren einen solchen Wert, in Griechenland 13,9 Prozent, in Deutschland elf Prozent, in Spanien 7,5 Prozent und in Bulgarien gar 26,9 Prozent. Mit zunehmendem Alter wird die Bedeutung des Wissens und des Verständnisses für Gesundheitsfragen immer wichtiger. Beurteilen nur zehn Prozent der betagten Menschen mit der höchsten Kompetenz ihren Gesundheitszustand als schlecht ein, sind es bei den Personen mit dem geringsten Wissensstand rund 90 Prozent.
Die Abhängigkeit von der sozialen Situation ist enorm. „Der größte Vorhersagefaktor für eine inadäquate Gesundheitskompetenz ist finanzielle Deprivation“, sagte Pelikan. Wer arm ist, hat viel öfter ein Wissensdefizit. Dann erst kommen in Österreich Alter und Geschlecht, an vierter Stelle die Bildung als Einflussfaktoren.
Menschen mit hohem Wissen und Verständnis für die relevanten Sachverhalte - auch mit Detailwissen über Struktur und Funktionieren des Gesundheitswesens - betreiben mehr Sport und gehen öfter zu Vorsorgeuntersuchungen. Sie nehmen regelmäßiger verschriebene Arzneimittel ein und beteiligen sich aktiver an Therapien. Sie werden auch weniger häufig in Spitalsbehandlung aufgenommen, was wiederum für das System einen Spareffekt bedeutet.
Die Frage ist allerdings, wie man in Österreich die Situation verbessern könnte. „Ich bin ein bisschen skeptisch, was den Anspruch betrifft, alle acht Millionen Österreicher sollen mehr Gesundheitskompetenz lernen“, sagte Pelikan. Für einen schnellen Effekt sollte man besser die rund 200.000 Angehörigen der Gesundheitsberufe besser trainieren, dass sie ihre Informationen verständlich an die von ihnen Betreuten weitergeben und deren Verständnis auch nachfragen.
„Wir sollten auch unsere Systeme insgesamt einfacher und weniger komplex machen“, sagte der Medizinsoziologe. Ist medizinische Versorgung in der niedergelassenen Praxis und/oder den Krankenhäusern für die Patienten unübersichtlich organisiert, lässt das mehr Menschen beim Erreichen einer optimalen Betreuung scheitern. Das verursacht auch Therapiefehlschläge, Komplikationen und vermehrte Kosten.