Boris Johnson will May an Spitze der Konservativen ablösen
Die wegen der chaotischen Brexit-Politik von allen Seiten attackierte May hat ihren Rückzug für den Fall in Aussicht gestellt, dass das Parlament ihr Austrittsabkommen mit der EU verabschiedet.
London – Der Brexit-Befürworter und frühere britische Außenminister Boris Johnson will einem Medienbericht zufolge als Kandidat für die Nachfolge von Premierministerin Theresa May an der Spitze der Konservativen Partei antreten. „Natürlich mache ich das“, sagte Johnson einem BBC-Bericht zufolge. May konnte indes eine parteiinterne Revolte zu ihrem Sturz abwenden.
Johnson war im Juli aus Protest gegen Mays Vorgehen in den Brexit-Verhandlungen als Außenminister zurückgetreten. May selbst hat erklärt, sie wolle ihr Amt nach Annahme ihres Brexit-Vertrags durch das britische Parlament aufgeben. Doch mit diesem Vorhaben droht ihr auch im vierten Anlauf eine Niederlage. Ein einflussreiches Parteimitglied sagte am Donnerstag, May werde Anfang Juni einen Zeitplan für ihren Rückzug vorlegen.
Johnson war schon im Vorfeld des Brexit-Referendums im Juni 2016 einer der härtesten Verfechter des Austritts aus der Europäischen Union. Bei den Konservativen steht er im Zentrum der EU-skeptischen European Research Group. Ein Großteil der Mitglieder dieser Gruppe will Mays Abkommen erneut die Unterstützung verweigern.
Johnson machte am Donnerstag am Rande einer Rede in Manchester nach wochenlanger Zurückhaltung klar, dass er nach dem Rückzug Mays den Hut in den Ring werfen werde. „Das dürfte kein Geheimnis sein“, sagte er. Die Regierung sei in den Brexit-Verhandlungen mit Brüssel nicht sehr dynamisch gewesen. Er habe endlosen Appetit, „dem Land auf den richtigen Weg zu helfen“.
Druck auf May wächst, weiteres Misstrauensvotum droht
Wegen des Widerstands in den eigenen Reihen und der Aussicht auf eine neue Schlappe im Unterhaus wächst der Druck auf May, sich konkret zu ihren Rücktrittsplänen zu äußern. Sie selbst hat dafür noch kein Datum genannt. Im Dezember hatte May ein Misstrauensvotum überstanden. Ein weitere solche Abstimmung ist nach den Regeln der Partei erst nach einem Jahr wieder möglich.
Doch der dafür zuständige Ausschussvorsitzende Graham Brady sagte am Donnerstag nach einem Gespräch mit May, sie würden sich nach der zweiten Lesung des Brexit-Gesetzes zusammensetzen und sich auf einen Zeitplan für ihren Rückzugs einigen. Ab dem 3. Juni sollen die Abgeordneten über Mays Brexit-Gesetz debattieren.
Mitglieder des einflussreichen 1922-Komitees hatten angesichts des schlechten Ansehens Mays in der eigenen Partei und alarmierender Umfragewerte mit einem neuen parteiinternen Misstrauensvotum gedroht. Dafür müssten die Parteiregeln geändert werden, was in der Befugnis des Gremiums liegt. Sie erlauben bisher pro Jahr nur ein Misstrauensvotum. Da May eine Abstimmung am 12. Dezember 2018 gewonnen hatte, ist sie eigentlich bis Dezember 2019 unantastbar.
Mays Konservative haben den Unmut der Briten über das Chaos rund um den EU-Ausstieg bei den Kommunalwahlen zu spüren bekommen. Vor der Europawahl, an der Großbritannien nach der Verschiebung des ursprünglich für den 29. März geplanten Brexit teilnimmt, liegen die Tories in den Umfragen hinter der neuen Brexit Party des EU-Gegners Nigel Farage und der oppositionellen Labour Party abgeschlagen nur an dritter Stelle und könnten sogar von den pro-europäischen Liberaldemokraten überholt werden. (APA/Reuters/dpa/AFP)