Audis S-Palette: S wie Selbstzünder
Mut made in Ingolstadt: Audi stellt seine S-Palette auf Diesel um. Die bullenstarken neuen S6, S7 und SQ5 machen den Anfang.
Von Stefan Pabeschitz
Frankfurt –Seit Audis Aufstieg von der Hutfahrer- zur Premiummarke ist die Performance-Klasse das mit leistungsstarken Benzinern bestückte Aushängeschild der Ingolstädter. Um sie jetzt, dreieinhalb Jahre nach dem Platzen des hausgemachten Diesel-Skandals, auf die allseits verrufenen Selbstzünder umzustellen? Zumindest herstellerseitig gibt es für diesen Schwenk näher betrachtet gute Gründe: Zunächst hatten die V6-Diesel der neuesten Generation mit 48-Volt-Mild-Hybrid-System mit ihren bisher maximal 286 PS noch Potenzial. Dank des Drehmoments eines Selbstzünders lassen sich die sportlichen Leistungsdaten leichter und mit weniger PS erreichen – mit weniger Verbrauch und Emissionen fallen für den Kunden auch eine geringere Steuerbelastung und somit niedrigere Gesamt-Betriebskosten an. Der Zwang zur Senkung der Flottenverbräuche der Hersteller – die ohne moderne Diesel tatsächlich nicht erreichbar ist – vervollständigt die Argumentationskette.
Für die Aufrüstung des 3-Liter-V6 hat Audi den Abgasturbolader mit einem elektrischen Vorverdichter kombiniert. Mit maximal 70.000 Umdrehungen pro Minute lassen sich so bis zu 2,4 Bar Druck aufbauen, bevor der vom 48-Volt-Parallel-Bordnetz betriebene E-Kompressor abschaltet und der Turbo alleine weiterarbeitet. Der wurde noch weiter strömungsoptimiert und arbeitet nun flüssigkeitsgekühlt. Innerhalb von 1,3 Sekunden liegen mit dieser Lader-Kombination bereits 620 der maximal 700 Newtonmeter, knapp 90 Prozent des Drehmoments, an.
Was Audi schon seit dem Urquattro der frühen Achtzigerjahre beherrscht, haben die Ingolstädter auch beim neuen S6, S7 und SQ5 nicht verlernt: ein Auto wie aus einem Guss zu bauen, mit unbestechlicher Traktion, präzisem Handling und solidem Gesamtcharakter. Die Lenkung hätte bei allen drei Modellen etwas weniger steril und mit mehr Feedback ausfallen dürfen, sie macht das aber mit der Progressiv-Abstimmung, also intensiverem Einlenken bei schnelleren Volant-Kommandos, wieder wett. Gemeinsam haben die neuen S-Audis, dass man sich auf ihre Dynamik bedenkenlos einlassen kann und sie einen angenehmen Rhythmus auf hohem Niveau erfahrbar machen. Sie ecken nicht, bocken nicht, verlangen keine hektischen Manöver. Erst einmal in Bewegung gebracht, sind alle drei feine Geräte für wirklich souveränes Fahren. Warum diese Einschränkung? Vom Stand weg kränkeln auch die Top-Diesel an der derzeitigen Schwäche aller Selbstzünder im Volkswagen-Konzern: Antrittsschwäche, oft verzögerte Reaktion und gefühlt nicht die Leistung, die auf dem Papier präsentiert wird. Da dieses Manko vom Basis-1,6-TDI bis zu den nunmehrigen Flaggschiffen sowie bei allen Getriebevarianten vorhanden, jedoch erst seit der Umstellung auf die Emissionsklasse Euro 6d-Temp merkbar ist, lässt sich die Verantwortung auf eine wohl allen anderen Systemen übergeordnete Abgasreinigung eingrenzen, die sowohl über dem Motormanagement als auch, bei den Automatik-Varianten, der Schalt-Software steht. Ein Teil des allen drei neuen S-Modellen mit ihren knapp 350 PS innewohnenden Potenzials wird damit leider vasektomiert. Erwischt man die Emissionskontrolle in voller Betriebsbereitschaft – was am ehesten beim Beschleunigen bei halber Last gelingt –, spielt der bullige V6 seine Stärken voll und ungedrosselt aus. Ein weiterer Wermutstropfen: Die traditionelle Vierrohr-Auspuffanlage besteht bei allen S-Versionen nun nur noch aus Zierblenden an der Stoßstange, der Sound kommt aus den Lautsprechern – gleich zwei absolute Tabubrüche im Sportsegment.
Wer damit leben kann, muss auf den Marktstart von S6 sowie S7 Sportback nur bis Ende Mai warten und kommt mit Tarifen ab 85.000 und 95.800 Euro weg. Der ab 79.830 Euro eingepreiste SQ5 wird einen Monat später nachgereicht.