EU-Wahl

Tiroler ÖVP-Spitzenkandidatin Thaler: „Mir missfallen Extreme“

Barbara Thaler.
© Thomas Boehm / TT

Barbara Thaler, für die Tiroler VP auf Platz 8 der Bundesliste in der EU-Wahl, über die Vorliebe Formel 1, wieso sie keine Koalition mit den Rechten will und ihren guten Draht zu den Bauern.

Folgt man Ihnen auf Twitter, hat man den Eindruck, die Formel 1 interessiert Sie mehr als die EU?

Barbara Thaler: Ich habe viele verschiedene Social-Media-Kanäle. Twitter nutze ich vorrangig für mein Hobby, eben die Formel 1. Wir haben in Österreich eine kleine, aber feine Formel-1-Twitter-Community.

Haben die Formel 1 und die Politik mehr gemeinsam, als dass sich so manches Thema oft nur noch im Kreis dreht – Stichwort Brexit?

Thaler: (lacht) Für beide Welten braucht es Leidenschaft. Diese bringe ich für die Politik mit.

Sie wurden in der jüngeren Vergangenheit bereits für einige Positionen gehandelt, u. a. als Wirtschaftslandesrätin oder Wirtschaftskammerpräsidentin. Letztlich kamen Sie nie zum Zug.

Thaler: Von über der Hälfte der Positionen, für die ich genannt wurde, habe ich selbst nichts gewusst. Ich bin seit vier Jahren Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer. Das ist eine sehr schöne Aufgabe. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass mich Landeshauptmann Günther Platter gefragt hat, ob ich zur Europawahl antreten will. Das ,Namedropping‘ gehört zur Politik dazu. Letztendlich muss man aber immer selbst entscheiden, ob man etwas machen will oder nicht.

Ihnen werden die größten Chancen aller Tiroler Kandidaten für einen Einzug ins EU-Parlament zugeschrieben. Hierfür müsste aber auch zuerst das VP-Spitzenkandidatenduo Othmar Karas und Karoline Edtstadler Posten übernehmen bzw. das Mandat nicht annehmen und Sie darüber hinaus ein exzellentes Vorzugsstimmenergebnis einfahren...

Thaler: Die Chance liegt im Vorzugsstimmenmodell. Die Listenplatzierung ist eigentlich relativ egal. Ausschlaggebend sind die absoluten Vorzugsstimmen. Da hat jeder die gleiche Chance in der ÖVP. Ob jemand dann auf ein Mandat verzichtet oder eine Funktion annimmt – das sind Spekulationen. Das mag ich nicht. Ich halte mich an die Fakten.

Die Innsbrucker ÖVP hat mit diesem Modell nicht die besten Erfahrungen gemacht. Wie sicher sind Sie, dass es nach dem 26. Mai nicht ebenso ein Gerangel um Mandate geben wird?

Thaler: Wir haben das im Kreise der Kandidaten vereinbart. Ich werde mich daran halten und gehe davon aus, dass das auch die anderen tun werden.

Für ein gutes Vorzugsstimmenergebnis wird die Tiroler VP alles aufbieten müssen. Der Parteivorstand hat den Beschluss gefasst, dass alle Bünde Sie zu unterstützen haben. Im Tirol-Teil der Bauernzeitung wird aber offensiv für deren Kandidatin, die Steirerin Simone Schmiedtbauer, die Wahltrommel gerührt. Fühlen Sie sich von den Bauern verraten?

Thaler: Das wird heißer diskutiert, als es ist. Ich habe bei all meinen Terminen von allen Bünden tolle Unterstützung erfahren – auch vom Bauernbund. Der Draht in die Brixner Straße [Anm.: Sitz des Bauernbundes in Innsbruck] ist gut.

AK-Präsident Erwin Zangerl ist einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker von Türkis-Blau. Er will Sie trotzdem wählen. Wollen Sie seine Stimme überhaupt?

Thaler: Ich freue mich über jede Stimme und auch sehr, dass Zangerl mich unterstützt. Unsere VP-Familie war immer schon breit aufgestellt, da gibt es immer Diskussionen. Das macht auch unsere Stärke aus.

Sind Sie jetzt eigentlich eine Türkise oder Schwarze?

Thaler: Die Frage der Farbe stellt sich für mich nicht.

Sollte die Europäische Volkspartei doch eine Zusammenarbeit mit dem rechten Block überlegen – würden Sie dagegen Ihre Stimme erheben?

Thaler: Man soll dem Wahlergebnis nicht vorgreifen. Eine Koalition mit den Rechten würde ich von meiner Warte aus aber ausschließen.

Wie stehen Sie zu den „Einzelfällen“ in der FPÖ?

Thaler: Wir müssen eine klare Linie ziehen – auch zu den Identitären, davon muss man sich abgrenzen. Mir missfallen jegliche Extreme – egal, ob politisch oder religiös.

Was wäre Ihr erstes Anliegen im EU-Parlament?

Thaler: Wir brauchen neue Allianzen für die Digitalsteuer. Und ich will in den Verkehrsausschuss kommen, um dort beim Transit eine starke Stimme für Tirol zu sein.

Die Reduzierung des Transitverkehrs eint die Tiroler Politik – die Wirtschaftskammer beharrt aber auf Ausnahmen für hiesige Betriebe. Sie sind Vizepräsidentin: Klingt nach einem großen Spagat für Sie?

Thaler: Dieses komplexe Thema ist gesamtgesellschaftlich zu sehen. Würden bessere Angebote auf der Schiene existieren, würde auch mehr mit der Bahn transportiert. Mir geht es vor allem darum, den internationalen Transit auf die Schiene zu bringen. Klar ist aber auch, dass wir in den Regionen und Tälern Warenlieferungen brauchen, um zu leben.

Bräuchte es nicht schnellstmöglich eine EU-weite und scharfe CO2-Steuer?

Thaler: Das Thema CO2 muss in unser Steuersystem Eingang finden. Im Hinblick auf die Klimaziele 2050 müssen wir definitiv handeln.

Kanzler Kurz fordert automatische Sanktionen für Staaten, die sich nicht an EU-Regeln halten. Wie beim Budget oder bei der Migration. Wieso nicht auch bei den Klimaschutzzielen?

Thaler: Das ist zu diskutieren. Jetzt geht es aber darum, alles zu tun, um die Vorgaben für 2030 und 2050 zu erreichen.

2014 gab es bei der EU-Wahl für die Tiroler VP ein Minus von über vier Prozent, dennoch mit 32,4 Prozent klar Platz eins. Was soll’s heuer werden?

Thaler: Ziel ist, ganz starke Nummer eins zu werden.

Sollte Ihr Einzug ins EU-Parlament nicht klappen: Gibt’s einen Plan B?

Thaler: Ich habe eine tolle Firma und Aufgaben in der Wirtschaftskammer. Langweilig wird mir nicht. Ich brauche keinen Plan B.

Das Interview führte Manfred Mitterwachauer