Strache geht, Kurz zaudert
Wien (APA) - Der Ibiza-Skandal hat seine ersten beiden Opfer. Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zieht sich ebenso aus der Pol...
Wien (APA) - Der Ibiza-Skandal hat seine ersten beiden Opfer. Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zieht sich ebenso aus der Politik zurück wie der geschäftsführende Klubobmann Johann Gudenus. Ob die ÖVP mit dem designierten neuen Frontmann der Freiheitlichen Norbert Hofer weiter macht, darüber zerbricht sich der Kanzler seit Stunden seinen Kopf.
Zuletzt waren Gerüchte laut geworden, dass der Regierungschef durchaus erwägt, mit der FPÖ weiter zu machen. Voraussetzung dafür ist allerdings dem Vernehmen nach, dass die Freiheitlichen auch noch den sogar im Ausland umstrittenen Innenminister Herbert Kickl abziehen. Dies wurde in FPÖ-Kreisen freilich ausgeschlossen. Eine Presseerklärung Kurz‘ verschiebt sich wohl auch deshalb seit Stunden. Nun will man kurz vor 20 Uhr an die Medien treten.
Was sie hören wollen, machten mehr als tausend Demonstranten klar, die sich spontan vor dem Kanzleramt versammelt haben. Sie wollen Neuwahlen. NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger, die sich ebenfalls an den politischen Hotspot des heutigen Tages begeben hatte, sah in dem Skandal nur die „Spitze des Eisbergs“. SPÖ und JETZT forderten ein Koalitionsende.
All das hinter sich hat bereits Strache, der zu Mittag die Reißleine zog. In einer Stellungnahme, bei der er von seinen Ministerkollegen aus der FPÖ flankiert wurde, schilderte er sich als Opfer eines „gezielten politischen Attentates“, sprach von Schmutzkübeln und Silberstein-Methoden. Gleichzeitig betonte er, auch in dem Gespräch mit der vermeintlichen lettisch-russischen Milliardärin nichts ungesetzliches getan oder gesagt zu haben. In dem auf Ibiza geheim aufgenommenen Skandal-Video hatte Strache etwa Auftragsvergaben gegen russisches Geld angedeutet sowie über Methoden philosophiert, wie man Parteispenden am Rechnungshof vorbei leistet.
Immerhin gestand der scheidende FPÖ-Chef zu, dass sein Verhalten unverantwortlich gewesen sei. „Peinlich“ habe er sich verhalten, mit seinem Macho-Gehabe die attraktive Gastgeberin beeindrucken wollen, entschuldigte sich Strache nebenbei auch bei seiner Frau. Auch beim Bundeskanzler leistete er Abbitte, habe er in dem Gespräch auch schmutzige Gerüchte über Sebastian Kurz vorgebracht. Dass dem so war, ist insofern neu, als dies nicht auf den gestern von Spiegel und „SZ“ publizierten Video-Aufnahmen zu hören ist.
Mit Strache muss auch sein langjähriger Vertrauensmann Johann Gudenus weichen. Er hatte bei dem ominösen Treffen auf der Finca in Ibiza den Dolmetscher gespielt. In einer schriftlichen Stellungnahme bedauerte er, das in ihn gesetzte Vertrauen enttäuscht zu haben.
Mit den Personalopfern war es für die FPÖ getan. Wie Strache betonte, wolle man die von ihm für erfolgreich befundene Regierungszusammenarbeit fortsetzen. Seine Ämter übernehmen soll Norbert Hofer, derzeit Infrastrukturminister, Regierungskoordinator und Parteivize. Trotzig geeint reagierte man bei der steirischen FPÖ, deren Landesparteitag verhagelt wurde. Verteidigungsminister Mario Kunasek wurde mit mehr als 99 Prozent als Landesobmann bestätigt. Davor hatte er angekündigt, die blaue Arche aus stürmischen Gewässern wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen.
Auswirkungen könnte der Skandal auch auf das Burgenland haben. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), der eine rot-blaue Landesregierung anführt, schloss ein Vorziehen des für 2020 geplanten Urnengangs im Burgenland nicht aus. Die rot-blaue Zusammenarbeit sah er mehr als belastet.
Auch im schwarz-blau regierten Oberösterreich kriselt es. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) forderte die FPÖ aus, den Maler Odin Wiesinger aus dem Landeskulturbeirat abzuziehen. Unmittelbarer Anlass war ein „profil“-Interview, indem er etwa in Sachen „Auschwitz-Lüge“ meinte, darüber gebe es immer wieder neue Erkenntnisse. Wiesinger reagierte am Nachmittag selbst mit seinem Verzicht auf die Funktion.
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