Bremen-Wahl - SPD-Politprofi gegen Quereinsteiger aus der Wirtschaft

Bremen (APA/AFP) - SPD und CDU liefern sich vor der Bremer Bürgerschaftswahl am Sonntag kommender Woche ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen, ...

Bremen (APA/AFP) - SPD und CDU liefern sich vor der Bremer Bürgerschaftswahl am Sonntag kommender Woche ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen, zuletzt lag die in der deutschen Hansestadt traditionell schwächere CDU sogar leicht vorn. Es ist auch ein Duell der beiden Spitzenkandidaten. Ein Blick auf die Kontrahenten im Kampf um das Amt des Bremer Bürgermeisters:

TSINHABER CARSTEN SIELING

Der Sozialdemokrat Sieling führt den Bremer Senat seit 2015 an der Spitze einer rot-grünen Koalition. Nach der damaligen Wahl beerbte er den früheren Bürgermeister und SPD-Landeschef Jens Böhrnsen, der die Verantwortung für ein historisch schlechtes Ergebnis seiner SPD in ihrer traditionellen Hochburg übernahm.

In der Bremer Landespolitik war Sieling damals weniger präsent. Er wirkte im Bundestag, war dort Sprecher der parlamentarischen Linken der SPD-Fraktion. Bremen aber ist sein angestammtes Feld. Sieling war lange Bürgerschaftsabgeordneter sowie Landes- und Fraktionschef der SPD.

Die Bereiche der Sozial-, Wohnungs- und Bildungspolitik erklärte der Bürgermeister mit der linken Grundausrichtung zu Beginn seiner Amtszeit zu seinen Schwerpunkten. Auch im Kampf um seine Wiederwahl spielen sie eine zentrale Rolle. Bremen stehe vor einer „Richtungswahl“, sagt der 60-Jährige.

Außerdem wird er nicht müde, auf Erfolge der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zu verweisen. Die Entwicklung der lange unter einem einschneidenden Strukturwandel leidenden früheren Werftenmetropole sei positiv. Sein Senat habe Bremen auf einen „guten Weg gebracht“.

Sieling stammt aus dem niedersächsischen Nienburg an der Weser, ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Anfangs arbeitete er als Industriekaufmann, später studierte er und machte seinen Doktor in Wirtschaftswissenschaften. Unter anderem leitete er früher die Bremer Verbraucherzentrale.

Schlechte Umfragewerte, die sogar den Machtverlust nach 73-jähriger Regierungsführung für die SPD möglich scheinen lassen, belasten Sielings Wahlkampf. Die Lage sei „schwierig“, räumt er ein. Verantwortlich dafür macht er das schlechte Bild der SPD im Bund. An dem Ziel, stärkste Kraft zu werden, hält er indes fest.

HERAUSFORDERER CARSTEN MEYER-HEDER

Erst im vergangenen Jahr fand Meyer-Heder den Weg in die aktive Politik. Der 57-Jährige machte sich einen Namen als IT-Unternehmer, bevor er gemeinsam mit der Bremer CDU-Führung die Idee ersann, bei der Bürgerschaftswahl als Spitzenkandidat ins Rennen zu gehen. Er baut auf sein Image als unkonventioneller Neuling im Politikbetrieb, der eher als Manager denn als Verwaltungschef agiert.

In Interviews lässt der hochgewachsene Computerexperte schon einmal Sympathien für den Politikstil von SPD-Altkanzler Gerhard Schröder erkennen. „In der Politik geht es ja in erheblichem Maß um Authentizität“, sagt er. „Bei aller Streitbarkeit um ihn - die hatte er.“

Beobachter bescheinigen Meyer-Heder einen erfrischenden Auftritt, mitunter aber auch fehlendes Know-how in der politischen Praxis. Ihn selbst ficht das nicht an. Er wolle „Dinge anders machen“, kündigt er an.

Offensiv thematisiert Meyer-Heder seinen nach eigenen Angaben „eher bunten“ Lebensweg - samt Studentenzeit in einer Bremer Zehner-WG und nebenberuflicher Musikertätigkeit. Zum Unternehmer wurde er erst, nachdem er mit Ende 20 eine Krebserkrankung überstanden hatte. Er gründete eine Internetagentur mit heute mehr als tausend Mitarbeitern.

Für Meyer-Heders in Bremen traditionell alles andere als erfolgsverwöhnte Partei scheint sich das Experiment mit dem Quereinsteiger bisher auszuzahlen. In aktuellen Umfragen liegt die CDU bis zu drei Prozentpunkte vor der SPD. Es gehe um „Aufbruch“, sagt der gebürtige Bremer. Vor allem die Lage im Bereich der Bildungspolitik sei dramatisch schlecht.

Für die CDU will der verheiratete Vater dreier Kinder „30 Prozent plus X“ erreichen. Aus seiner Sympathie für ein Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP macht er keinen Hehl. Aber selbst eine Juniorpartnerschaft in einer Großen Koalition mit der SPD schließt Meyer-Heder bei einem entsprechendem Ergebnis nicht aus. „Auch als Wirtschaftssenator kann man einiges voranbringen“, zeigt er sich überzeugt.