Sieben Tage Außenpolitik - Die Woche 20.05. bis 26.05. AKTUALISIERT
Wien (APA) - Das Wochenende hat die außenpolitische Agenda aus innenpolitischer Sicht etwas durcheinandergewirbelt. Der Bruch der ÖVP-FPÖ-Ko...
Wien (APA) - Das Wochenende hat die außenpolitische Agenda aus innenpolitischer Sicht etwas durcheinandergewirbelt. Der Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition durch das für den bisherigen Vizekanzler Heinz-Christian Strache kompromittierende Ibiza-Skandalvideo wird wohl für weitere Reaktionen sorgen und sich wahrscheinlich auch auf den EU-Wahlkampf auswirken. Dieser legt seinen Schlussspurt hin.
Der Meinungswind hat sich erstaunlich schnell gedreht. Noch bis vor Kurzem hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Zusammenarbeit mit der FPÖ als harmonisch, streitfrei und vorbildhaft gepriesen, am Sonntag klangen die Töne aus dem konservativen Lager mit einem Schlag ganz anders. „Seit Monaten fallen die Rechtspopulisten in Österreich durch massive Verfehlungen auf. Mit solchen Gruppen lässt sich nicht seriös arbeiten“, ließ etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wissen. Nachsatz des CSU-Chefs auf seiner Facebook-Seite: „Rechtspopulisten fehlt die charakterliche Eignung.“
In der kommenden Woche absolvieren Europas Spitzenpolitiker die letzten Wahlkampfauftritte und die mit Spannung erwartete EU-Wahl findet statt. Spannend wird es, weil Meinungsforscher diesmal erstmals keine Mehrheit für die beiden größten Fraktionen - Europäische Volkspartei (EVP) und Sozialdemokraten (SPE) - vorhersagen.
Den Startschuss für die EU-Wahl geben am Donnerstag die Niederlande, wo um 7.30 Uhr die Wahllokale öffnen. Auch in Großbritannien wird traditionell am Donnerstag gewählt. Die Briten bestimmen das EU-Parlament mit, obwohl sie gemäß ursprünglichem Plan schon am 29. März die Gemeinschaft hätten verlassen müssen. Das Gezerre um den Brexit wird sich voraussichtlich auf das Ergebnis auswirken, sowohl auf gesamteuropäischer Ebene als auch im Vereinigten Königreich selbst. In Umfragen führen die EU-Skeptiker der UKIP von Nigel Farage, gefolgt von der oppositionellen Labour Party. Die konservativen Tories von Premierministerin Theresa May dürften dagegen von den Wählern regelrecht abgewatscht werden. Das sagen zumindest die Meinungsforscher voraus.
Am Freitag wählen dann die Iren und Tschechen, am Samstag Slowaken, Letten und Malteser. Am Sonntag folgen dann die restlichen EU-Staaten, unter ihnen Österreich. Hierzulande haben die meisten Wahllokale von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet. Das österreichische Ergebnis darf erst nach 23.00 Uhr bekannt gegeben werden, wenn die Wahl in Italien zu Ende gegangen sein wird. Bereits ab 17.00 Uhr soll es jedoch erste österreichische Trendprognosen geben; um 20.00 Uhr MESZ will das EU-Parlament eine gesamteuropäische Hochrechnung veröffentlichen. Zu diesem Zeitpunkt wird die EU-Wahl noch in Italien, Spanien und Portugal am Laufen sein.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) absolviert diese Woche noch zwei Wahlkampfauftritte mit dem EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber. Am Montag tritt Weber bei der ÖVP-Schlussoffensive zur EU-Wahl in Linz auf. Und Kurz reist am Freitag nach München zur Abschlusskundgebung der EVP mit CSU und CDU, bei der nicht nur der CSU-Politiker Weber, sondern auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel auftreten soll.
Mit dem Crash der türkis-blauen Regierung wird die EU-Wahl kommenden Sonntag zudem unerwartet spannend. Nach dem Rücktritt von Strache (FPÖ) und der Ausrufung der Neuwahl durch Kanzler Kurz (ÖVP) ist sie nun eine wirkliche Testwahl für die vermutlich Anfang September anstehende Nationalratswahl.
In Wien werden sich von Dienstag bis Freitag Vertreter des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) treffen. Zahlreiche hochrangige Gastredner haben sich dafür angesagt, darunter EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, der portugiesische Ministerpräsident Antonio Costa, der Präsident der US-Gewerkschaft AFL-CIO, Richard Trumka, sowie Guy Ryder, Direktor der Internationalen Arbeitsorganisation ILO.
In Wien wird in dieser Woche außerdem Panda-Diplomatie betrieben. Der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses der Volksrepublik China, Li Zhanshu, besucht Österreich. Abgesehen von zahlreichen politischen Treffen - u.a. mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, Kanzler Kurz und Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) - ist der Höhepunkt der Visite die offizielle Übergabe des Pandamännchens Yuan Yuan an den Tiergarten Schönbrunn. Das Tier, das sich eigentlich schon seit einem Monat in Wien aufhält, wird dabei erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Der am 23. August 1999 Geborene wurde als neuer Partner für die 18 Jahre alte Yang Yang gewählt, als Ersatz für den im Dezember 2016 an Krebs verstorbenen Long Hui.
Van der Bellen hätte am Dienstag in der kroatischen Küstenstadt Sibenik mit seinen Amtskollegen aus Kroatien und Slowenien, Kolinda Grabar-Kitarovic und Borut Pahor, zu ihrem traditionellen Dreier-Jahrestreffen zusammentreffen sollen. Er sagte die Teilnahme aber wegen der innenpolitischen Turbulenzen ab. Die jährlichen Treffen zur Festigung der trilateralen Zusammenarbeit zwischen Österreich, Kroatien und Slowenien wurden im Jahr 2014 in Wien vereinbart. Das letzte Treffen fand im Vorjahr in der westslowenischen Region Goriska Brda statt.
Kneissl reist am Mittwoch zur OECD-Ministerkonferenz in Paris. Auf Reisen hätte auch Verkehrsminister Norbert Hofer sein sollen. Der FPÖ-Politiker hatte an sich am Montag ein Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban auf seinem Programm. Eigentlicher Anlass wäre der Besuch der innovativen Fahrzeug-Teststrecke „Zalazone“ bei der westungarischen Stadt Zalaegerszeg gewesen. Die sich derzeit noch im Bau befindende Anlage soll ausführliche Möglichkeiten zur Testung von autonom fahrenden Fahrzeugen bieten. Der Besuch wurde aber wegen der Kalamitäten in der türkis-blauen Regierung vorläufig abgesagt.