Militärische Interventionen der USA in der Nahost-Region

Wien (APA) - Die Stunde der USA als Ordnungsmacht im Nahen Osten schlug mit der Suez-Krise 1956. Im Kalten Krieg wollte Washington kommunist...

Wien (APA) - Die Stunde der USA als Ordnungsmacht im Nahen Osten schlug mit der Suez-Krise 1956. Im Kalten Krieg wollte Washington kommunistische Bewegungen in der Region in Schach halten und ungehinderte Öltransporte gewährleisten. In diesem Zusammenhang kam es zur permanenten Stationierung von Truppen, und es erfolgten weitere militärische Interventionen. Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten:

Suez-Krise - Ägypten - 1956:

Präsident Gamal Abdel Nasser verstaatlichte die britisch-französische Suez-Kanal-Gesellschaft. Aufgrund der enormen Bedeutung des Kanals für die Ölversorgung wollte Großbritannien das nicht hinnehmen, gemeinsam mit Frankreich und Israel sollte Nasser durch einen Militäreinsatz gestürzt werden. Die USA schlugen sich aber nicht auf die Seite der Europäer, wie London das erwartet hatte. Präsident Dwight D. Eisenhower waren gute Beziehungen zu Dritte-Welt-Staaten zwecks Kommunismus-Containment wichtiger. Wie die Sowjetunion übten auch die Vereinigten Staaten Druck auf Briten und Franzosen aus. Sie entsandten mehrere Kriegsschiffe und Flugzeugträger ins östliche Mittelmeer und zwangen sie, ihre Militärintervention zur Besetzung des Suez-Kanals abzubrechen. Ägypten entschädigte die Gesellschafter, der Kanal wurde wieder frei für den internationalen Schiffsverkehr.

Operation Blue Bat - Libanon - Juli bis Oktober 1958:

Der Konflikt zwischen den Konfessionen und die Differenzen um die außenpolitische Ausrichtung des Landes führten in einen monatelangen Bürgerkrieg. Christen tendierten zu einer prowestlichen Politik, Muslime unterstützten den antikolonialen, panarabischen Nationalismus samt Zusammenarbeit mit der Sowjetunion, wie Ägypten und Syrien ihn betrieben. Der christliche Staatspräsident Camille Chamoun, dem die Opposition Wahlmanipulation und die Zerstörung des Proporzsystems nach religiöser Zugerhörigkeit vorwarf, wandte sich an die USA. Diese schickten unter der Doktrin von Präsident Eisenhower, weltweit Staaten vor dem Kommunismus zu schützen, rund 8.500 Soldaten. Diese sicherten strategisch wichtige Einrichtungen. Sie griffen ebenso in den Bürgerkrieg ein wie die libanesische Armee. Nach US-vermittelten Verhandlungen konnten die Gegensätze überbrückt werden. Präsident Chamoun konnte seine Amtszeit vollenden, und die Marines wurden wieder abgezogen.

Black September - Jordanien - 1970:

(Trans)Jordanien, das 1946 nach Erlöschen des britischen Mandats entstanden war, hatte das Westjordanland, das es 1951 annektierte, im Sechs-Tage-Krieg 1967 an Israel verloren. Von Jordanien aus als Basis erfolgten Angriffe palästinensischer Kämpfer auf das nunmehr besetzte Gebiet. Die PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation) unter Yasser Arafat wurde als Staat im Staat zu einem Machtfaktor, der schließlich offen zum Sturz der jordanischen Monarchie aufrief. Die Palästinenser bildeten schon damals klar die Bevölkerungsmehrheit in Jordanien. Als es zum Bürgerkrieg kam und eine syrische Invasion zugunsten der PLO begann, ersuchte König Hussein London um Hilfe. London lehnte ab und gab an Washington weiter: Die USA entsandten Flugzeugträger und Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer. Offiziell sollte der Truppenaufmarsch der Befreiung von Dutzenden Amerikanern und anderen Ausländern in den Händen der PLO dienen. Dazu, dass die USA Bodentruppen und die Luftwaffe einsetzten, wie Hussein es wollte, kam es aber nicht. Die jordanische Armee kämpfte allein. Schließlich wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Tausende waren getötet worden. Für die Palästinenser gilt dieses Ereignis als „Schwarzer September“. Die PLO in Jordanien wurde zerschlagen und fand im Libanon ihr neues Hauptquartier.

Operation Eagle Claw - Iran - 1980:

Nach der Revolution samt Sturz des von den USA gestützten Schah und Ausrufung der Islamischen Republik besetzten radikale Studenten die US-Botschaft in Teheran und nahmen rund 70 Geiseln. Sie fordern die Auslieferung des exilierten Schah, der sich zur medizinischen Behandlung in den USA aufhielt. Im Rahmen einer komplizierten militärischen Geheimoperation sollten die 53 Geiseln, die damals verblieben waren, befreit und heimgeholte werden. Die Operation am 24. und 25. April missglückte: Ein Hubschrauber hatte einen Motorschaden und fiel aus, andere Helikopter gerieten auf dem Weg zu einem Treffpunkt mit Trabsportmaschinen, die Bodentruppen heranschafften, in der Wüste in einen Sandsturm. Als ein weiterer Hubschrauber ausfiel, wurde alles abgebrochen. Beim Rückzug kollidierte ein Hubschrauber mit einem Flugzeug: Acht US-Soldaten kamen ums Leben. Die Amerikaner wurden erst nach 444 Tagen Geiselhaft auf Basis einer Verhandlungslösung im Jänner 1981 freigelassen. Die Geiselkrise trug dazu bei, dass Jimmy Carter die Wiederwahl als US-Präsident verpasste.

Operation Earnest Will - Iran/Irak - 1988:

Während des Ersten Golf-Kriegs zwischen dem Irak und dem Iran griffen die beiden verfeindeten Länder gegenseitig Schiffe des Gegners an. Dabei kamen auch andere Schiffe zu Schaden. So wurde eine US-Fregatte von irakischen Raketen getroffen, 37 US-Marinesoldaten kamen um. Die US-Armee schützte daraufhin kuwaitische Öltanker, die ebenfalls schon zum Kollateralschaden geworden warden, in der Straße von Hormuz vor iranischen Angriffen. Die Tanker wurden von Kriegsschiffen eskortiert. Auch Minenräumung wurde vorgenommen. Im Geheimen wurde parallel Aufklärung betrieben. Nach militärischen Scharmützeln Iran-USA fügte die US Navy der iranischen Marine in einer eintägigen Seeschlacht eine entscheidende Niederlage zu. Im Rahmen der Spannungen schoss der amerikanische Kreuzer USS Vincennes offenbar unabsichtlich ein ziviles Passagierflugzeug der Iran Air ab. Fast 300 Menschen wurden dabei getötet.

Operation Desert Storm - Kuwait/Irak - 1991:

Im Sommer 1990 hatte der Irak unter Machthaber Saddam Hussein, den der Westen im Iran-Irak-Krieg 1980-88 mit Waffenlieferungen unterstützt hatte, im Streit um die Grenzziehung und den Preis drückende Ölfördermengen das kleine Emirat Kuwait mit 100.000 Soldaten erobert und annektiert. Der UNO-Sicherheitsrat verlangte die Rückgängigmachung und verhängte Sanktionen gegen den Irak. Die USA entsandten mehr als 500.000 Soldaten nach Saudi-Arabien, um zu verhindern, dass Saddam Hussein auch dort einmarschiert.

Um die USA unter Präsident George Bush senior bildete sich eine internationale Koalition aus westlichen und arabischen Staaten. Als Saddam Hussein hart blieb, legitimierte die UNO schließlich auch ein offensives militärisches Eingreifen zur Befreiung Kuwaits. Im Jänner begann der (Zweite Golf-)Krieg mit massiven Bombardements im Irak. Große Teile der irakischen Luftwaffe wurden am Boden zerstört. Der Irak beschoss Israel und Saudi-Arabien mit Raketen. Die USA stellten dem Irak im Februar ein Ultimatum, sich aus Kuwait zurückzuziehen. Bodentruppen rückten in Kuwait ein, als die Iraker sich zurückzogen, zündeten sie Ölfelder an und ließen Erdöl in den Persischen Golf laufen. Die Koalition bombardierte die abziehenden Iraker und machten ihren Rückweg zum „Highway of Death“. Innerhalb von Tagen war Kuwait befreit. Auf US-Seite wurden rund 150 Mann im Kampf getötet, rund 140 weitere kamen bei Unfällen im Rahmen des Einsatzes um. Deutlich mehr Opfer hatte der Irak zu beklagen. Wie viele starben, darüber gehen die Schätzungen weit auseinander.

Nach dem Krieg errichteten die USA eine Flugverbotszone für irakische Flugzeuge im eigenen, irakischen Luftraum zum Schutz der Kurden im Norden des Landes und der Schiiten im Süden. 1993 feuerten US-Kriegsschiffe mit Marschflugkörpern auf Bagdad. Bushs Nachfolger Bill Clinton hatte das angeordnet, nachdem irakische Agenten offenbar versucht hatten, Bush bei einem Besuch in Kuwait zu ermorden.

Operation Iraqi Freedom - Irak - 2003:

Während die USA 1991 nur geringfügig auf irakisches Gebiet vordrangen, nahm die „Koalition der Willigen“, die US-Präsident George W. Bush geschmiedet hatte, Bagdad ein und stürzte Saddam Hussein. Argumentiert wurde der „Präventivkrieg“ mit angeblichen Massenvernichtungswaffen des Irak, die es freilich nicht gab. Eine Legitimation durch die UNO lag diesmal nicht vor. Die USA gingen gegen den auf der „Achse des Bösen“ (Bush junior, Anm.) gelegenen „Schurkenstaat“ Irak im Rahmen ihres Kriegs gegen den Terror nach den Al-Kaida-Anschlägen vom 11. September 2001 vor. Der Sturz Saddam Husseins sollte Demokratie in den Irak bringen und offenbar zu einer für die USA günstigen Neuordnung der Region beitragen.

Die Invasion begann in der Nacht vom 19. auf dem 20. März von Kuwait und Jordanien aus. Am 5. April war die Hauptstadt Bagdad erreicht. Weniger als einen Monat später endeten die größeren Kampfhandlungen des Irak-Kriegs. Bis dahin wurden rund 140 US-Soldaten und mindestens 2.300 irakische Soldaten sowie Zehntausende Zivilisten getötet. Der untergetauchte Saddam Hussein wurde Ende 2003 gefasst, wegen Kriegsverbrechen verurteilt und 2006 gehängt. Die USA hielten den Irak parallel zur Schaffung neuer Institutionen und Bildung einer Regierung mit beschränkter Souveränität nach Wahlen 2005 bis 2011 mit bis zu etwa 170.000 Mann besetzt. Zugleich wütete ein Bürgerkrieg im Land. Heute sind noch etwa 5.000 US-Soldaten im Irak stationiert.

Operation Inherent Resolve - Syrien/Irak - ab 2014:

Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) - auch Daesh, früher ISIS („Islamischer Staat im Irak und der Levante/Großsyrien“) - hatte die Kontrolle über mehrere Städte wie Falluja, Ramadi und Mosul im Irak sowie etwa Raqqa in Syrien erlangt. Sie errichtete eine Schreckensherrschaft mit öffentlichen Hinrichtungen, Enthauptungen, Steinigungen und Vergewaltigungen. Über Propagandavideos wurden Gräueltaten weltweit verbreitet und Sympathisanten angeworben. IS-Oberhaupt Abu Bakr al-Baghdadi rief ein „Kalifat“ in dem zusammenhängenden Territorium aus.

Die USA schmiedeten eine internationale Koalition, um dem IS zu bekämpfen. Mehrere Zehntausend Luftangriffe auf die Jihadisten wurden durchgeführt. Am Boden eroberten verschiedene Kräfte, im Irak Regierungstruppen und schiitische Milizen, in Syrien die oppositionellen Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) mit ihrem Rückgrat, den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), und Regimetruppen mehr und mehr vom weitreichenden IS-Territorium zurück. Heuer im März fiel mit dem Dorf Baghouz die letzte IS-Bastion. Die USA hatten auch Soldaten nach Syrien geschickt. Im Dezember kündigte Präsident Donald Trump umstrittenerweise an, alle 2.000 abziehen zu wollen. Dies ist bisher nicht erfolgt. Es soll offenbar eine gewisse Anzahl GIs längerfristig bleiben, wie viele ist unklar.

( 0647-19, Format 88 x 130 mm)