Fahrverbote in Tirol: Riesiger Umweg wegen 4,50 Euro
Gestern war der Andrang der Stau- und Mautflüchtlinge in Tirol mäßig. Das Verbot, Landstraßen zu nutzen, sorgte dennoch für Ärger.
Von Helmut Wenzel und Michaela S. Paulmichl
Innsbruck — „Was soll denn das? Wir wollen ins Stubai, weil wir dort Urlaub machen", beharrte ein Paar aus dem Raum München. Die beiden gerieten kurz vor Mittag in eine Polizeisperre auf der Ellbögener Landesstraße L38 kurz vor Ellbögen. Man sei „nur" der Navi-Route gefolgt. „Und jetzt sollen wir umdrehen?", fragten die Urlauber gegenüber den Streifenbeamten der Polizei. Diese hatten wiederholt etwas Aufwand in der Kommunikation, um Stau- und Mautflüchtlinge zu beruhigen, darunter oft auch Motorradfahrer.
Die Maut auf der Brennerautobahn bis zur Ausfahrt Schönberg würde 4,50 Euro kosten, erklärten die Beamten. Übrigens, das Fahrverbot auf den Landstraßen und durch die Dörfer südlich von Innsbruck sei eine Maßnahme der Politik, klärte einer der Polizisten auf. Wie sich herausstellte, wollten die Urlauber die mühsame Strecke auf der L38 über Matrei am Brenner nutzen, dann retour auf der Brennerstraße B180 nach Schönberg und weiter ins Stubai. Alles mautfrei, versteht sich.
Ein größeres Polizeiaufgebot war am Kreisverkehr Innsbruck-Süd, an der Auffahrt Richtung Igls sowie Aldrans im Einsatz, um „Navi-Flüchtlinge" abzufangen. Nur die Einheimischen mit Kennzeichen „I" oder „IL" durften durch. Autofahrer aus anderen Bezirken mussten zumindest eine Erklärung für ihre Fahrt im „Sperrbezirk" haben. In Innsbruck-Süd sowie bei Ellbögen trafen mehrere Kamerateams deutscher Medien ein.
Vergleichsweise ruhig hingegen war es an der Auffahrt nach Mutters bzw. ins westliche Mittelgebirge, wo ebenfalls Polizeistreifen standen.
"Die meisten reagierten sehr verständnisvoll"
„Wir haben sehr viele Fahrzeuge angehalten, nur ein kleiner Teil musste zurückgewiesen werden", zog Günther Salzmann, stellvertretender Leiter der Tiroler Verkehrspolizei, gegen Abend Bilanz. Die Lenker gaben an, nichts von den Ausweichverboten gewusst zu haben. In einem Großteil der Fälle sei alles problemlos verlaufen, „nur der eine oder andere musste in einem Gespräch von der Notwendigkeit der Maßnahme überzeugt werden. Die meisten reagierten sehr verständnisvoll."
Anders als erwartet hielt sich der Verkehr Richtung Süden gestern in Grenzen, Staus gab es dagegen bei der Rückreise. Für den Sommerreiseverkehr während der bevorstehenden Ferien rechnet Stefan Siegele, Geschäftsführer der Asfinag, allerdings mit größeren Behinderungen: „Wir haben ohnehin ein sehr hohes Niveau mit rund einer Million Pkw pro Monat, durch die wir unsere Kapazitätsgrenzen erreichen, dazu kommen Zuwächse von etwa drei Prozent — das sind 90.000 weitere Pkw."
Durch die Baustellen sind zusätzliche Verzögerungen zu erwarten. Siegele appelliert an die Fahrer, sich über die Asfinag-App über Staus zu informieren und statt etwa um 5 Uhr in der Früh schon um 2 Uhr nachts loszufahren, „aber leider scheint sich das Fahrverhalten nicht anzupassen". Aber auch wer früher startet, findet sich — anders als vor einigen Jahren — jetzt schon um 7 Uhr morgens im Stau. Siegele: „Wir wissen, dass immer mehr auf Urlaub fahren und das öfters im Jahr als früher, all das spüren wir."
Ab Mitte Juli geht es so richtig
Dabei steht laut ÖAMTC das Schlimmste erst noch bevor: Ab Mitte Juli geht es so richtig los, mit einem Stauhöhepunkt am letzten Juli-Wochenende mit dem Ferienbeginn in Bayern. Am meisten betroffen sind in Tirol die Brenner- und Inntalautobahn, aber auch die Fernpassstrecke, die bundesweit zu den Hotspots zählt. Im österreichweiten ÖAMTC-Stauranking lag Tirol im vergangenen Jahr im Ländervergleich mit 25 Prozent an erster Stelle.
Der Leiter der Tiroler Verkehrspolizei, Oberst Markus Widmann, spricht von drei schwierigen Baustellenbereichen auf der Europabrücke, beim Wiltener Tunnel und der Westachse, die Bereiche entpuppen sich als Nadelöhr. „Das wird im Reiseverkehr sicher ein großes Problem werden. Besonders der Knoten Innsbruck ist überlastet und beschert und ausgedehnte Staus im Westen bis Zirl und im Osten bis Hall und Wattens zurück." Auf der Europabrücke stünden nur zwei schmale Fahrstreifen zur Verfügung, „die auch optisch nicht gerade einladen, nebeneinander zu fahren, sondern versetzt. Dadurch gibt es weniger Abfluss als Zufluss und in der Folge Staus."