Tourismus

Gletscher-Ehe soll noch vor Vollzug auf Eis gelegt werden

Auch ein 600 Meter langer Skitunnel und die Schleifung eines Berggrats am Linken Fernerkogel um 40 Höhenmeter sind vorgesehen.

Alpenverein, Naturfreunde und WWF fordern den sofortigen Stopp der Pläne für den Skigebietszusammenschluss Pitztal/Ötztal. Harsche Kritik wird an den Grünen geübt.

Von Manfred Mitterwachauer

Innsbruck – Die Stellungnahmefrist im Rahmen des laufenden Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens läuft mit 1. Juli ab. Dass das beantragte Projekt für den Zusammenschluss des Pitztaler mit dem Ötztaler Gletscherskigebiet negativ ausfallen könnte – daran glauben Alpenverein (AV), Naturfreunde und der WWF nicht wirklich. „Wir befürchten eine Genehmigung“, sagte gestern AV-Generalsekretär Robert Renzler. Wohl auch, weil mit dem erneuerten Koalitionsvertrag zwischen ÖVP und Grünen 2018 das Projekt „außer Streit“ gestellt wurde. Vielmehr soll es nach den einschlägigen rechtlichen Kriterien „abgearbeitet“ werden.

Man werde alle rechtlichen Mittel dagegen ausschöpfen, kündigten die Umweltschutzorganisationen gestern an. Begründet durch Fakten, die sie aus den Einreichunterlagen des Projektes entnehmen. Allein mit den beantragten 64 Hektar an Pistenflächen würd­e – unter dem Stichwort Zusammenschluss – ein neues Skigebiet entstehen, das „größer als ein Durschnittsskigebiet in Tirol ist“, so Leopold Füreder, Vorsitzender der Naturfreunde Tirol. Ein 104.000 Kubikmeter fassender Speicherteich würde asphaltiert, vier Seilbahnen entstehen und 74 Hektar gewachsener Gletscher „planiert, überschüttet, abgetragen“, wie es hieß. Und: Ein östlicher Grat des Linken Fernerkogls, respektive „ein Gipfel“, würde für eine Bergstation um gut 40 Höhenmeter abgetragen. Erinnerungen an den Brunnenkogel werden wach – wie berichtet, hatten die Pitztaler Gletscherbahnen dort einen Berggrat (vorerst ohne Bewilligung) abgetragen, um einen Skiweg zu verbreitern.

In Summe gefährde das Projekt die unberührte Gletscherwildnis massiv, forderten alle drei NGOs gestern Touristiker wie Landesregierung zum Umdenken im Allgemeinen und Stopp der Gletscher-Ehe im Speziellen auf. Insbesonders von den Grünen zeigt man sich enttäuscht, so Renzler: „Es gibt Momente, wo man nicht mehr mitgehen kann, weil man sonst nicht mehr glaubwürdig ist.“

Auch die Landesumweltanwaltschaft bringt eine negative Stellungnahme ein, wie LUA-Stv. Walter Tschon bestätigt. Hans Rubatscher von den Pitztaler Gletscherbahnen war für eine Stellung­nahme nicht zu erreichen.

Reaktionen

LA Mario Gerber (Wirtschaftskammer; VP): „Alpenverein, Naturfreunde und WWF können im Rahmen des Behördenverfahrens ihr­e fachlichen Argumente einbringen und sich Schlagzeilen wie ‚Gletscher­verbauung‘ noch vor Beginn des Verfahrens sparen.“

Walter Tschon (Landesumweltanwaltschaft):

„Das Vorhaben berührt das Natura-2000-Gebiet und den Naturpark Ötztaler Alpen und ist mit den gegenständlichen Schutzzielen nicht in Einklang zu bringen. Wir sprechen uns schon aufgrund des bisherigen Ermittlungsstandes sowie der vorliegenden Projektunterlagen gegen eine Realisierung aus.“

LA Gebi Mair (Grünen-Klubobmann):

„Die Betreiber sollten noch einmal evaluieren, ob die Umweltauswirkungen des vorliegenden Erschließungsprojektes wirklich tragbar sind.“

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